Stromspeicher sind der Schlüssel zur Energiewende
Die 7. International Renewable Energy Storage Conference (Ires) markiert den Beginn einer neuen Phase im Zeitalter der erneuerbaren Energien: Mit der Einsicht, dass die Energiewende ohne den großtechnischen Einsatz von Speichern nicht machbar ist.
So prominent und wegweisend ist die dreitägige Fachkonferenz in Berlin mit 550 Teilnehmern geworden, dass auch Bundesumweltminister Peter Altmaier ihr im November seine Aufwartung machte. „Die Energiewende ist unwiderruflich“, versicherte er seinen erwartungsvoll skeptischen Zuhörern auf der Ires 2012. „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bleibt.“ Und damit der Stellenwert der Photovoltaik. Doch nicht ohne gründliche Revisionen, in der nächsten Legislaturperiode zu erwarten. „Neben dem Volumen muss auch die Systemintegration forciert werden“, sagte Altmaier.
„Systemintegration“ der Photovoltaik heißt – neben dem Stromnetzausbau– jetzt vor allem Stromspeicherung. Da soll ab Januar 2013 ein, wenn auch bescheidenes Anreizprogramm für privat betriebene Kleinspeicher als Ergänzung der Aufdach-Photovoltaik mehr Eigenverbrauch schmackhaft machen. An die 50 Mio. € will Altmaier dazu über die KfW in Form zinsgünstiger Kredite und Investitionszuschüsse anbieten. Von einer langfristig garantierten Rendite wie bei der EEG-geförderten Einspeisung ist das natürlich weit entfernt.
Das Stromspeicher-Problem mit vorhandenen Technologien lösbar
Aber aller Anfang ist schwer. Dieses Dilemma gilt auch für die Speicher. „Mit den heute vorhandenen Technologien wäre das Problem prinzipiell lösbar“, sagt Dirk Uwe Sauer, Professor an der RWTH Aachen und wissenschaftlicher Chair der Ires 2012. „Die Frage ist, wie man die Märkte aufstellt, um das zu realisieren und die Kosten zu reduzieren.“
Derzeit führt das etwa zu dem exergetischen Paradox, dass es wirtschaftlich erscheint, aus dem Überschuss an Strom Wärme zu erzeugen. Oder den wenig effizienten Umweg über die Methanisierung („Power to Gas“) zu nehmen, wie Michael Sterner, Professor an der Hochschule Regensburg, hervorhebt: „Das so erzeugte Gas ist aktuell zwanzigmal so teuer wie das aus Russland.“ Doch im Gasnetz steht eine etablierte Verteiler-Infrastruktur bereit. Nach dem eigentlich richtigen Motto: erst vernetzen, dann nutzen.
Natürlich ist das ein Übergangsszenario: „Die Batteriepreise von heute sind die Roadmaps für morgen“, sagt Sauer. Ihre Kostendegression stehe erst am Anfang. Das gelte auch für Großspeicher. „Spätestens in zehn Jahren, wenn die ersten Photovoltaikanlagen aus der EEG-Förderung herausfallen, werden die Preise so attraktiv sein, dass die Speicher geradezu zwangsläufig die Photovoltaikanlagen ergänzen.“
An neuen, technischen Lösungen für Stromspeicher wird intensiv geforscht
An den technischen Lösungen, das zeigte die Ires 2012, wird breitbandig geforscht. „Wir sehen auf der R&D-Seite eine erhebliche Dynamik“, sagt Sauer. „Anders als in früheren Jahren gibt es wesentlich seriösere, konzentrierte Aktivitäten.“ 2013 stehen Feldergebnisse von mehreren Pilotanlagen an, auch in der Software für Bedarfsanalysen.
Auch wenn die Einzelfortschritte, etwa bei Blei- und Lithium-Ionen-Batterien, nicht so spektakulär sind wie vielerorts erwartet, die Technik ist einsatzreif. Es wäre besser, betont Sauer, sie zu nutzen und auf Skaleneffekte im Markt zu setzen. Wo es bei den Speichern derzeit hake, sei die monetäre Verwertung ihrer systemischen Vorteile, etwa durch die vermiedenen Kosten des Netzausbaus und effizienteren Betrieb von Kraftwerken.
Doch an entsprechenden Modellen zum wirtschaftlichen Nutzen der erneuerbaren Energien und ihrer Speicherung wird intensiv gearbeitet. Beispiel: die von Hans-Martin Henning vom Fraunhofer-Institut ISE vorgestellten ganzheitlichen Energiemodelle für Deutschland in Bezug auf Strom und Wärme für ein volkswirtschaftliches Optimum.
Stromspeicher werden die Zukunft der Energiewende bestimmen
Fazit der Ires 2012: Energiespeicherung ist die Zukunft. Sie ist technologisch machbar. Aber noch nicht optimal ausgelegt für die herrschende Marktdynamik. Als Erstes, prognostiziert Sauer, würden die dezentralen Kurzzeitspeicher für Photovoltaikanlagen auftauchen. Der Bedarf für Langzeitspeicher werde entstehen, wenn der Anteil der Erneuerbaren am Strommix die Marke von 40 % deutlich überschreitet. Also müsse heute geforscht, entwickelt und im Feld erprobt werden.
Keine Frage, die Märkte sind und bleiben komplex. Derzeit ist mit Pumpspeichern, obwohl volkswirtschaftlich sinnvoll, kaum Geld zu verdienen. Denn die massive Solarstromeinspeisung verringert die Differenz zwischen Hoch- und Niedrigpreisen (mittags und nachts) an der Strombörse. Mit zunehmendem Anteil der Erneuerbaren kann sich das wieder ändern.
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