Teilstück der Stromautobahn ins Ruhrgebiet soll unter die Erde
Künftig soll norddeutscher Windstrom bis ins Rheinland fließen. Die neue, 165 km lange Stromautobahn aus dem Emsland bis ins niederrheinische Wesel geht dabei neue Wege: Rund zwölf Kilometer werden unterirdisch verlegt, um Praxiserfahrungen mit Hochspannungsleitungen in der Erde sammeln zu können.
Zwischen dem Örtchen Dörpen im Emsland und dem niederrheinischen Wesel werden in den nächsten Jahren gewaltige Masten errichtet. Sie tragen sechs dicke Seile aus Aluminium und Stahl, durch die so viel norddeutscher Windstrom fließt, wie zwei große Kernkraftwerke produzieren können.
Die übertragene Leistung liegt bei 2600 Megawatt. An acht Teilabschnitten, die insgesamt rund zwölf Kilometer lang sind, wird es allerdings keine Hochspannungsmasten geben. Die Netzbetreiber Amprion und Tennet, die die 380.000-Volt-Höchstspannungsleitung bauen, lassen sie dort im Erdboden verschwinden.
Weltweit nur 100 km Leitungen mit 380.000 Volt im Boden
Während Kabel mit bis zu 110.000 Volt schon routinemäßig unterirdisch verlegt werden, ist das bei 380.000 Volt noch ein Wagnis. Weltweit gibt es kaum 100 Kilometer dieser Erdkabel, darunter eine relativ junge Verbindung mit einer Länge von 1000 Metern unter dem Frankfurter Flughafen und 11,5 Kilometer im Untergrund von Berlin.
Die vier Teilstücke der neuen Nord-Süd-Verbindung sehen die Betreiber als Großtest im Praxiseinsatz. Ziel ist es, die gleiche Verfügbarkeit zu erreichen, die Freileitungen bieten. Diese liegt bei deutlich mehr als 99 Prozent. Die Berliner Kabel, die in Kanälen verlegt wurden, kommen dagegen auf nur 90 Prozent. Eine der vielen Reparaturen dauerte rund zehn Monate.
Die Höchstspannungsleitung zwischen Dörpen und Wesel überträgt Drehstrom. Durch die drei vor allem in Bayern umstrittenen Stromautobahnen von Nord nach Süd fließt dagegen Gleichstrom mit einer noch viel höheren Spannung. 800.000 Volt sind durchaus machbar.
Erdkabel zwischen vier- und 16-mal teurer
In Deutschland gibt es eine Reihe von Initiativen, die darauf drängen, Hochspannungskabel unter die Erde zu legen. Viele fürchten sich vor dem elektromagnetischen Feld unterhalb der Freileitungen. Erdkabel, so meinen sie, seien harmlos. Falsch, sagt Frank Gollnick vom Forschungszentrum für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen dem Onlineportal green.wiwo.de: „Unmittelbar über einem Erdkabel ist das magnetische Feld stärker als unter einer Freileitung. Allerdings nimmt es schneller nach den Seiten hin ab.“
Außerdem erwärmt sich der Bereich oberhalb der Kabel in einer Breite von 25 Meter. Auf dieser Fläche dürfen keine Bäume wachsen, da die Wurzeln die Kabel verletzen könnten. Bei Freileitungen ist dieser Korridor mit 75 Metern allerdings deutlich breiter.
Völlig unsichtbar ist das Erdkabel nicht. In Abständen von etwa 1000 Metern – längere Kabelstücke lassen sich derzeit nicht herstellen – sind Bauwerke nötig, in denen die Kabelabschnitte mit Muffen verbunden werden. Und es ist teuer. Während ein Kilometer Freileitung eine Million Euro kostet, sind es bei Erdkabeln vier bis 16 Millionen.
In Deutschland gibt es mit der Kölner NKT Cables Group, der Mannheimer Südkabel und Siemens gleich drei Unternehmen, die derartige Kabel herstellen können.
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