Tepco holt für AKW-Abriss Hilfe aus Großbritannien
Um die Atomruine in Fukushima abzubauen, holt sich Betreiber Tepco Hilfe aus Großbritannien. Neuer Partner ist die Sellafield Ltd., die als weltgrößter Rückbau-Spezialist für Kernanlagen gilt. Gegenwärtig zerlegt das Unternehmen sechs britische Kernkraftanlagen und verfügt über einen Auftragsbestand von rund 84 Milliarden Euro.
Der Vorstandsvorsitzende der Sellafield Ltd., Tony Price, betonte bei der Vertragsunterzeichnung in Großbritannien, dass Tepco in der ersten Phase in erheblichem Maße von der britischen Hilfe profitieren werde. Längerfristig ist das Abkommen so ausgelegt, dass Sellafield die Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Abbau der japanischen Anlagen unbegrenzt selbst nutzen kann. Price verspricht sich davon eine beträchtliche Stärkung der eigenen Marktstellung.
In einem ersten Schritt tauschen Tepco und Sellafield nun Experten aus, um Klarheit über die Situation zu bekommen. Noch offen ist, wie die Atomruine überhaupt dekontaminiert und abgerissen werden kann. Wie aufwendig schon der Abriss eines nicht havarierten Atomkraftwerkes ist, zeigt die Kernkraftanlage Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern. Der Abriss gilt als weltweit größtes Stilllegungsprojekt. Nach der Abschaltung 1990 dauerte der Abbruch der Atomanlage 22 Jahre lang und beschäftigte 10.000 Arbeiter.
Die Kosten für den Abriss der 17 Kernkraftwerke in Deutschland werden inklusive Nachbetrieb, in dem die Brennelemente fünf Jahre lang abklingen, auf rund 18 Milliarden Euro geschätzt. Angaben zu den Kosten des Abrisses der vier Reaktorblöcke in Fukushima gibt es dagegen nicht. Auch im Rahmen der Unterzeichnung zwischen Tepco und Sellafield wurden keinerlei Zahlen genannt.
Sellafield kümmerte sich um Aufarbeitung abgebrannter Brennstäbe aus Japan
In Sellafield, an der britischen Ostküste zur Irischen See gelegen, wurden die ersten britischen Kernkraftwerke nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut – Windscale und Calder Hall. Bei Windscale ging es allerdings weniger um die Produktion elektrischer Energie, als um die Erzeugung von waffenfähigem Kernmaterial – im wesentlichen Plutonium. Derzeit werden beide Kraftwerke von Sellafield rückgebaut.
Japan kaufte ursprünglich die ersten Kernkraftwerke eines modifizierten Calder-Hall-Typs in Großbritannien, ehe es seine eigenen Entwicklungen serienreif machte. Die Verbindung zu Sellafield blieb aber weiter bestehen, da die Briten über Jahrzehnte hinweg abgebrannte Brennstäbe aus Japan aufarbeiteten.
Für den Rücktransport des radioaktiven Mülls von Sellafield nach Japan gibt es sogar ein eigenes Schiff, das erst vor wenigen Wochen mit einer weiteren Müllladung nach Japan auslief, wo es eine Endlagerungsmöglichkeit gibt.
Sellafield blickt auf eine lange Geschichte zurück
Im Zweiten Weltkrieg wurden in Sellafield und in der Nachbarschaft zwei Fabriken für die Herstellung von TNT-Sprengstoff gebaut. Nach der Kapitulation Japans im August 1945 wurden beide Werke stillgelegt. Die Fabrik in Sellafield wurde dann an einen Textilkonzern verkauft. Schon kurze Zeit später kaufte der britische Staat das Werk zurück und begann 1947 mit dem Bau der Anlage zur Plutonium-Erzeugung.
1950 wurde das Kernkraftwerk Windscale in Betrieb genommen. 1954 kam es dann zur Gründung der staatlichen Kernenergie-Behörde United Kingdom Energy Authority (UKAEA). Anfang der Siebziger Jahre wurde die UKAEA in einen Forschungsteil und in einen Kernbrennstoffteil, die British Nuclear Fuels Ltd., aufgespalten. Die Sellafield Ltd. ist Teil des letzteren Unternehmens.
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