Testverfahren für Solarmodule auf Prüfstand
Heute werden Solarmodule unter Standardbedingungen getestet, weshalb die vergebenen Zertifikate nur bedingt etwas über die Haltbarkeit der Module unter extremen Klimabedingungen aussagen. Differenzierte Lösungen durch Forscher und Normierungsgremien sind in Arbeit.
Die Präsentation von Stephan Padlewski, Marketingmanager der Photovoltaiksparte bei DuPont, anlässlich einer Konferenz des europaweiten Solar-Forschungsverbundes Sophia im Juli hatte es in sich. „Wir haben zahlreiche Solaranlagen gefunden, bei denen viele Module trotz Gütesiegel schon nach weniger als fünf Jahren erhebliche Schäden aufwiesen“, sagte er und belegte seine Aussagen durch Fotografien.
Vielfältige Moduldefekte
DuPont, selbst Hersteller von Solarmaterialien, untersucht seit 2012 mehr als 100 zum Teil sehr große Photovoltaikanlagen in den USA, Italien, Deutschland, Belgien, Spanien und Japan auf Moduldefekte. Ziel ist, die Natur der Defekte mit der geografischen Lage und den dort herrschenden klimatischen Bedingungen zu korrelieren. Bisher wurden die Daten hauptsächlich für interne Zwecke verwendet oder an die Betreiber weitergegeben.
Die Schäden, die DuPont beobachten konnte, waren vielfältig. Dies beginnt bei den Vergilbungen an der EVA-Folie – einer Folie aus Ethylenvinylacetat, in die die Solarzellen eingebettet sind – und aller Schichten der Rückseite.
Hinzu kommen, so die Erfahrungen von DuPont, Schneckenspuren, Mikro- und tiefe Risse der Rückseitenlaminierung durch deren gesamte Tiefe, Hotspots und verbrannte Stellen auf der Rückseite, erodierte Kabelisolierungen und Delaminierungen auf der Frontseite. Leistungseinbußen waren, außer beim Vorhandensein von Hot Spots, meist noch nicht zu beobachten, standen aber ob der Natur der Schäden zu befürchten.
Kumulierte Belastungen in extremen Umgebungen
Den Grund für die unterschrittenen Haltbarkeitsprognosen sieht Padlewski in undifferenzierten Testbedingungen. „Die bisherigen Testmethoden entsprechend IEC 61215 für Module aus kristallinem Silizium reflektieren nicht die Belastungen, die beim Einsatz im Feld tatsächlich auftauchen“, erklärte Padlewski.
Gerade in extremen Umgebungen – so auf Inseln, in der Wüste oder in äquatornahen Regionen – könnten kumulierte Belastungen auftreten, die durch die derzeitigen Tests nicht erfasst werden. Dazu kommt, dass die meist durchgeführten beschleunigten Tests in der Klimakammer Langfristbelastungen im Freiland nicht genau genug abbilden.
Mit der Einsicht, dass Standardtestverfahren nicht unbedingt realitätsgerecht sind, steht DuPont nicht allein. „Wir propagieren die klimabezogene Qualifizierung von Modulen schon lange aus zwei Gründen: erstens, damit Module nicht aufwendiger gebaut werden, als das für die Region nötig ist, weil das Ressourcen verschwendet. Zweitens, damit Module auch in Kraftwerken in extremen Klimata lange halten“, sagt Michael Köhl, Team- und Projektleiter für Gebrauchsdauerprüfungen am Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE).
Europaweites Projekt zu Gebrauchsdauertests
Köhls Gruppe arbeitet seit Jahren am deutschen Projekt Photovoltaik-Zuverlässigkeit (PVZ ) und an einem europaweiten Projekt zu Gebrauchsdauertests mit. PVZ läuft 2013 aus, das europäische Projekt dauert bis Anfang 2015. Das ISE unterhält selbst Freiland-Testanlagen für Langzeitprüfungen in mehreren klimatisch unterschiedlichen Regionen, um relevante Daten zu gewinnen.
Ein typisches Beispiel für derzeitige Testmängel betrifft etwa die Rückseitenfolien. Sie lassen meist winzige Wassermengen durch. Je nach Außentemperatur und Qualität der Folie diffundiert das Wasser aber tagsüber wieder aus, was dann darüber entscheidet, wie viel Wasser dauerhaft ins Modul gerät. Dieser Vorgang ist bisher in den Typzulassungstests nur ungenügend abgebildet.
Die Arbeitsgruppe Photovoltaik-Qualitätssicherung der IEC (International Electrotechnical Commission) hat inzwischen einen ersten Normierungsvorschlag für ein neues Testverfahren vorgelegt. Die neuen Tests sollen die Tauglichkeit von Modulen für bestimmte Klimata zertifizieren.
ISE kategorisiert nach einem Sterne-Schema
Beim Fraunhofer ISE kategorisiert derzeit eine Doktorandin für denselben Zweck die Regionen der Welt entsprechend ihrem Klima nach einem Sterne-Schema. Eine UV-reiche, feuchte, aber kühle Region könnte also drei UV-Sterne, drei Sterne beim Kriterium Feuchte und einen Temperatur-Stern erhalten. Module könnten, sobald das neue System in die Praxis umgesetzt ist, entsprechend ihren Qualifikationen für die entsprechende Region ausgewählt werden.
Zufrieden ist ISE-Projektleiter Köhl mit der vorgeschlagenen Lösung noch nicht. Statt mehrere Modultypen zu vergleichen, wie das die IEC-Richtlinie vorschlägt, müsste man seiner Meinung nach mehrere Exemplare des gleichen Modultyps unter jeweils verschiedenen Bedingungen mit überhöhten Beanspruchungen zur Zeitraffung testen.
Dabei sollte am besten immer nur ein Faktor auf einmal modifiziert werden, um zu statistisch relevanten Ergebnissen zu kommen, die zudem eine genaue Berechnung der Beschleunigungsfaktoren erlauben. Alles andere wäre zu langwierig. Der Fraunhofer-Wissenschaftler würde gern weiterforschen, Ideen für eine Fortführung des PVZ-Projekts gäbe es genug. Aber es fehlt bislang an Geld.
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