Trend Onshore: Windkraftanlagen auch mitten im Wald
1200 Aussteller aus 30 Ländern stellen noch bis zum Freitag auf der Messe WindEnergy ihre Produkte und Dienste rund um die Windenergie vor. Erstmals in Hamburg.
Weil der Ausbau der Windenergie auf hoher See stockt, setzt die Branche wieder verstärkt auf „Onshore“. Neue Anlagen, die derzeit auf der Leitmesse vorgestellt werden, sollen die Erzeugung auch in Regionen mit schwachem Wind wirtschaftlich machen.
Schwachwindgebiete. Das ist ein Wort, das auf der „WindEnergy“ in Hamburg sehr häufig fällt. Die Branche rechnet damit, dass mindestens 90 Prozent der zusätzlichen Windparkanlagen in den nächsten Jahren an Land gebaut werden. Der Ausbau auf hoher See scheitert häufig an technischen und rechtlichen Hürden, und so konzentrieren sich Anlagenhersteller und Windparkbetreiber wieder stärker auf das Festland. Aber wohin mit den Windrädern, gegen die sich häufig Anwohner und Bürgerinitiativen wehren, weil sie eine „Verspargelung“ der freien Landschaft fürchten? Im Zweifel direkt in den Wald. Mitten hinein.
Hersteller werben auf der internationalen Leitmesse, die erstmals in den Hamburger Messehallen stattfindet, für neue Entwicklungen, die das Potenzial an Land ausreizen sollen. Enercon beispielsweise bietet jetzt eine Anlage mit einem geteilten Rotorblatt an. Sie könne ohne großen Rodungsbedarf auch an Standorte mit wenig Platz transportiert werden, verspricht der deutsche Marktführer. Windräder mitten im Wald werden so möglich, auch weil die Türme teils bis zu 150 Meter hoch sind – die Räder drehen sich über den Wipfeln.
Rotorflächen werden immer größer
Um die unstetige Energiequelle auch an solchen Orten optimal ausnutzen zu können, entwickeln die Hersteller ihre Anlagen stetig weiter. Nordex beispielsweise präsentiert auf der Messe die N131/3000, die gezielt auf niedrige Windgeschwindigkeiten ausgelegt ist. Der Rotordurchmesser ist mit 131 Metern um 14 Meter gegenüber dem Vorgänger erweitert. Das bedeute eine um 25,8 Prozent gesteigerte „überstrichene Rotorfläche“ und soll eine entsprechend höhere Nennleistung von drei Megawatt bringen. Die höhere Stromausbeute wird auch durch neue Baumaterialien erreicht. Kohlefaser-Verbundstoffe etwa ermöglichen hohe Steifigkeit der Rotoren bei geringem Gewicht.
Anlagen für jedes Klima
Ältere Onshore-Anlagen haben meist nur eine Leistung von zwei Megawatt. Das gilt zwar auch für das neue Windrad, das Produzent AMSC in Hamburg präsentiert. Aber es ist speziell für Schwachwindregionen ausgelegt. Weiterer Vorteil laut Hersteller: Es ist „für alle Klimabedingungen verfügbar“. Auch dies ist ein wichtiger Trend in der Branche. Bei Eiseskälte wie bei starker Hitze sollen die Anlagen einwandfrei funktionieren.
Für den Einsatz bei bis zu 40 Grad Celsius präsentiert zum Beispiel der Hersteller Senvion in Hamburg Anlagen mit zusätzlichen Belüftungsaggregaten. In der Kaltklima-Version bis minus 30 Grad halten Heizelemente die aerodynamisch wichtigsten Flächen der Rotorblätter frei von Eis. An Möglichkeiten, Leistungsverlust durch Eisbildung unter anderem an Windkraftanlagen zu verhindern, wird jetzt übrigens auch im neuen Vereisungs-Windkanal in Bremen geforscht.
Ohne staatliche Hilfe wirtschaftlich
Bei der Eröffnung der Messe sprach der ehemalige Umwelt- und heutige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel von einer „fulminanten Entwicklung“, die die Windenergie in den vergangenen Jahren vor allem in Deutschland genommen habe. Nach einigen schwächeren Jahren hat die Windkraft in Deutschland 2013 wieder einen Boom erlebt. Aus energiepolitischer Sicht ist wohl vor allem die Entwicklung fulminant, die Roland Schanze vom Projektentwickler WKN zu Beginn der Messe beschrieb: „Verbesserungen an der Windturbinen-Technologie und geringer werdende Aufwendungen für Betrieb und Wartung haben zu einer Kostenreduktion geführt, die Windstrom auf einigen Märkten – selbst ohne gesetzgeberische Vergütungssysteme – bereits konkurrenzfähig macht.“ Windkraft also, die ohne garantierte Preise wirtschaftlich ist, die sich selbst trägt. Sogar über Baumwipfeln.
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