Reaktorkatastrophe 27.04.2012, 11:57 Uhr

Tschernobyl bekommt neue Schutzhülle

Es ist buchstäblich ein Jahrhundertprojekt, was diese Woche 26 Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl in der Ukraine begonnen hat. Ein riesiges Stahlgewölbe soll auf Schienen über den zerborstenen Reaktor geschoben werden. Es soll den Reaktor samt seiner marode gewordenen alten Schutzhülle – dem „Sarkophag“ – für mindestens 100 Jahre sicher einhüllen. Der Bau der weltweit größten beweglichen Struktur wird mit internationaler Hilfe gebaut und finanziert.

Die Reaktorruine von Tschernobyl erhält 26 Jahre nach der Atomkatastrophe eine neue Schutzhülle. Wegen der Gefährdung durch Radioaktivität wird die neue Schutzhülle in einiger Entfernung von dem havarierten Reaktor errichtet und soll nach ihrer Fertigstellung auf Schienen über den zerstörten Reaktorblock 4 geschoben werden.

Die Konstruktion hat imposante Ausmaße: Das 257 m breite Stahlgewölbe ist 162 m lang, misst bis zum Scheitelpunkt 109 m und wiegt rund 30 000 t – dreimal so viel wie der Eiffelturm. Die an einen Flugzeug-
hangar erinnernde Gewölbefachwerkkonstruktion ist damit die weltweit größte, bewegliche Struktur.

Konsortium Novarka baut neue Schutzhülle für Tschernobyl

Für die Entwicklung und Errichtung zeichnet das Konsortium Novarka, ein Zusammenschluss aus den französischen Firmen Vinci Construction Grands Projets und
Bouygues Travaux Publics verantwortlich. Am Bau beteiligt sind zudem ukrainische Unternehmen.

Nicht mit dabei sind der Essener Baukonzern Hochtief und die ehemalige RWE-Tochter Nukem. Beide Unternehmen wollten sich ursprünglich an dem Konsortium beteiligen, schieden jedoch aus jeweils unterschiedlichen Gründen aus.

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Mit dem Bau des gewölbten Rahmens werde in diesem Monat begonnen, zitiert der Spezialinformationsdienst Nucnet Victor Baloga den ukrainischen Minister für Notfallsituationen. Die Kosten für das Sicherungskonzept in Höhe von 1,6 Mrd. € trägt eine internationale Gebergruppe aus 30 Staaten unter Führung der Europäischen Wiederaufbaubank EBRD (European Bank for Reconstruction and Development). Deutschland steuert insgesamt 98 Mio. € bei.

95 % des Kernbrennstoffs sind in Block 4 von Tschernobyl

Wie Messungen und Bohrungen zeigen, befinden sich noch 95 % des ursprünglichen Kernbrennstoffes in den Trümmern des Reaktorblocks 4. Das sind rund 180 t Uran 235 und eine knappe halbe Tonne Plutonium, das durch Kernumwandlungen beim Betrieb entstanden ist.

„Der größte Teil des Kernbrennstoffs ist durch die große Hitze infolge des unfallbedingten kurzfristigen Anstiegs der Reaktorleistung und der Nachzerfallswärme geschmolzen“, erläutert Tschernobyl-Kenner Lutz Küchler aus dem Berliner Büro der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) und ergänzt: „Ein Teil ist durch Öffnungen im Reaktorschacht in tiefer gelegene Räume geflossen. Dort hat er sich mit anderen Materialien vermischt und teilweise eine lavaartige Masse gebildet.“

Brisant ist nicht allein die ionisierende Strahlung, die beim Zerfall
von radioaktiven Stoffen freigesetzt wird. Der unmittelbar nach dem Unglück 1986 in aller Eile errichtete „Sarkophag“, ein Bauwerk aus 300 000 t Beton und 7000 t Stahl, ist löchrig geworden. GRS-Experte Küchler: „Durch die Wirkung der Strahlung, durch Zerfallswärme und eindringende Feuchtigkeit ist die Lava porös geworden und zerfällt teilweise zu radioaktivem Staub. Es besteht derzeit die Gefahr, dass es durch einen Einsturz der Dachkonstruktion zu einer massiven Freisetzung von radioaktivem Staub kommt.“ Genau dies soll die neue Schutzhülle verhindern.

Das von der internationalen Staatengemeinschaft „New Safe Confinement“ (neuer sicherer Einschluss) getaufte Bauwerk soll den maroden Sarkophag stabilisieren. Mindestens 100 Jahre soll die neue Schutzkonstruktion halten.

Tschernobyl-Schutzhülle wird aus zwei Stahlhäuten mit Zwischenraum bestehen

„Die Ummantelung wird aus zwei Stahlhäuten bestehen, die einen 12 m Meter breiten, zum Teil mit Isoliermaterial gedämmten Zwischenraum umschließen. Belüftungssysteme und eine Druckstaffelung garantieren, dass keine strahlenden Staubteilchen in die Außenwelt gelangen können“, erklärt Küchler.

Küchler konnte sich vor Kurzem vom Stand der Bauarbeiten in Tschernobyl selbst überzeugen. Die Fundamente für das neue Gebäude seien größtenteils fertig, die Schienen für den Transport verlegt und die Errichtungsplattform, einige 100 m vor dem Reaktorblock 4, betoniert und das Erdreich von strahlenden Bestandteilen gereinigt, berichtet er.

Auf der Errichtungsplattform sei bereits mit dem Aufbau von vier riesigen Kränen begonnen worden, so der GRS-Experte. Mit ihrer Hilfe wird das mächtige Stahlgewölbe Zug um Zug aus angelieferten, vorgefertigten Bauteilen errichtet. Jedes Segment ist 25 m hoch und wiegt durchschnittlich 300 t. Bis zu 1000 Arbeiter werden mit dem Zusammenbau der Konstruktion beschäftigt sein.

Aus Gründen des Strahlenschutzes wird die neue Hülle erst nach ihrer Vollendung auf Schienen in ihre endgültige Position über den Sarkophag mit dem Reaktorblock 4 geschoben. Anvisiert ist dafür das Jahr 2015. Auf einen definitiven Zeitpunkt für die Fertigstellung will sich jedoch niemand mehr festlegen, zu oft wurde der Termin schon verschoben.

Zwei ferngesteuerte Krananlagen werden unter dem Dach verankert

Unter dem Dach werden zwei ferngesteuerte Krananlagen verankert, jede davon kann ein Gewicht von 50 t heben. Ausgerüstet mit robotischen Manipulatoren, Bohrern und Vakuumsaugern, sollen sie zunächst Teile des alten Sarkophags nach und nach zerlegen und später die strahlenden Überreste bergen.

Was mit den radioaktiven Abfällen geschehen soll, ist noch offen. „Derzeit verfügt die Ukraine noch über kein Endlager für hochaktive Abfälle“, sagt Küchler. Wohl auch deshalb habe man eine Lebensdauer von 100 Jahren für die neue Schutzhülle einkalkuliert.

Auch für die strahlenden Brennelemente aus den abgeschalteten, noch verbliebenen drei Reaktorblöcken muss eine Lösung gefunden werden. Bis dahin kommen sie in ein Zwischenlager, das von dem US-Unternehmen Holtec errichtet wird. Auch dafür haben die USA und die EU feste Finanzierungszusagen gegeben.

Ein Beitrag von:

  • Silvia von der Weiden

    Silvia von der Weiden hat Astronomie, Physik und Molekularbiologie studiert und danach eine Ausbildung zur Wissenschaftsjournalistin absolviert. Für die VDI-Nachrichten schreibt sie seit vielen Jahren regelmäßig über aktuelle Themen aus Forschung und Technik.

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