Überraschung bei Umfrage: Klimawandel ist wichtiger als die Energiekrise
Wie ist es um die Stimmung in Deutschland bestellt? Das zeigt eine Umfrage, die im Rahmen des Projekts Ariadne durchgeführt worden ist. Keineswegs stellen die Menschen alle Themen hinten an, weil die aktuelle Energiekrise sie überschattet. Die Diskussionen um die Energiewende scheinen im Gegenteil zu mehr Akzeptanz für unbequeme Maßnahmen geführt zu haben.
Die Nachrichten in Deutschland werden derzeit von zwei Themen beherrscht: dem Krieg in der Ukraine und der Energiekrise. Beides ist natürlich eng miteinander verknüpft, da auf Gas aus Russland niemand mehr angewiesen sein möchte. Der Klimawandel ist so gesehen ins Hintertreffen geraten – es scheint dringlichere Probleme zu geben. Doch die Hoffnung vieler Klimaforscherinnen und -forscher geht offensichtlich auf: Der Wunsch nach einem Umstieg auf erneuerbare Energien steigt, da der Anstieg der Gaspreise nahezu jeden direkt oder indirekt betrifft. Es kann plötzlich nicht schnell genug gehen mit einem Transformationsprozess, der lange Zeit auf Ablehnung gestoßen ist – das wirkt sich auch auf andere Bereiche aus. Das sind die Ergebnisse des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers 2022.
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Klimawandel und Energiekrise als Kernthemen des Meinungsbarometers
Das Soziale Nachhaltigkeitsbarometer wird jedes Jahr im Rahmen des Projektes Ariadne abgefragt. Mehr als 25 wissenschaftliche Partner haben sich darin zusammengeschlossen, um politischen Entscheidungsträgern wichtige Informationen bereitzustellen. Ariadne ist eines der sogenannten Kopernikus-Projekte. Das Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hat diese Initiative angestoßen, um verschiedene Themenbereiche rund um die Energiewende näher zu erforschen. Ziel ist ein klimaneutrales Deutschland.
Für das Soziale Nachhaltigkeitsbarometer sind über 6.500 repräsentativ ausgewählte Erwachsene befragt worden. Ein Team des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) hat die Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut forsa durchgeführt. Die Energiekrise im Kontext des Klimawandels war dabei ein wichtiges Thema. Fest steht: Trotz der größeren finanziellen Belastungen – oder vielleicht sogar deswegen – wünschen sich die Deutschen ein höheres Tempo für die Energiewende. Das heißt auch: Verlängerte Laufzeiten von Kohlekraftwerken stoßen beispielsweise auf wenig Akzeptanz.
Erneuerbare Energien sollen schneller ausgebaut werden
Einige Ergebnisse im Detail: 70% der Befragten sind der Meinung, dass erneuerbare Energien ausgebaut werden müssten, beschleunigt durch einfachere Verfahren. Sie sollten zu einer sicheren Energieversorgung in Deutschland beitragen. „Grundsätzlich wünschen sich zwei Drittel der befragten Menschen mehr und gezieltere Maßnahmen für den Klimaschutz“, sagt Ingo Wolf vom IASS. „Gleichzeitig kommen immer mehr Menschen aufgrund der steigenden Energiepreise an ihre finanziellen Grenzen. Die Ergebnisse des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers zeigen auf, welchen Herausforderungen die Menschen in Deutschland vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise gegenüberstehen und welche konkreten Maßnahmen sie von der Politik erwarten.“
Heizlüfter als Alternative zur Gasheizung: Ist das sinnvoll?
Konkret heißt das unter anderem: Im vergangenen Jahr empfanden 28% der Menschen ihre Heizkosten als Belastung. Jetzt sind es 43%. 35% hoffen darauf, dass die Kosten sinken könnten, wenn mehr erneuerbare Energiequellen genutzt würden. Dabei ist vielen Menschen sehr wohl klar, dass die Lasten unterschiedlich verteilt sind und gerade einkommensschwache Haushalte bald vor großen Problemen stehen könnten. Deswegen kommt bei der Hälfte der Befragten die Idee gut an, bei steigenden CO₂-Preisen Personen mit niedrigem Einkommen einen Teil der Kosten zu erstatten. Deutlich weniger Menschen (ein Drittel) würde für eine pauschale Rückerstattung stimmen. Gleichzeitig sind 62% der Meinung, dass das Geld so oder so nie bei den Bürgerinnen und Bürgern ankäme.
Gut als Maßnahme gegen den Klimawandel: Menschen wollen die Verkehrswende
Es muss sich etwas ändern, und zwar schnell. So lässt sich auch die Stimmung beim Thema Verkehrswende zusammenfassen. Das Interesse an der Verkehrswende ist nur leicht gewachsen, aber ausgehend von einem hohen Niveau: Es ist von 73% auf 79% gestiegen. Zudem sind mehr als 60% der Teilnehmenden unzufrieden mit den Fortschritten – 40% halten die Maßnahmen für nicht zielführend. Im vergangenen Jahr war diese Meinung nur bei 23% der Menschen vorherrschend gewesen.
„Die Ergebnisse des Barometers stimmen mich hoffnungsvoller als manch ein Eindruck, den man teilweise in sonstigen Berichterstattungen gewinnt. Für den Erfolg von Energie- und Verkehrswende sind dringend weitere Maßnahmen notwendig und die Bürgerinnen und Bürger sind bereit für diese, solange deren Kosten und Nutzen in der Gesellschaft gerecht verteilt werden – verständlicherweise“, sagt Jean-Henri Huttarsch vom IASS.
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