Unterbrechungsfrei durch die Krise
Das Elektrounternehmen Gustav Klein im oberbayerischen Schongau trotzt der Krise. Während 2009 der Weltmarkt für unterbrechungsfreie Stromversorgungen um 20 % schrumpfte, erlitt das Unternehmen mit diesen Produkten keine Einbußen. VDI nachrichten, Schongau, 26. 3. 10, rus
Langjähriges Berücksichtigen von Kundenwünschen, hohe Entwicklungs- und Fertigungstiefe sowie Teilnahme an Pilotprojekten zahlen sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aus. Das mittelständische Unternehmen Gustav Klein kommt mit dieser Grundhaltung gut durch die Wirtschaftskrise.
„2009 war das beste Jahr in der Firmengeschichte“, kommentiert Bernhard Rill die wirtschaftliche Situation des Unternehmens. Rill leitet Vertrieb und Marketing bei Gustav Klein, einem 1949 gegründeten Unternehmen mit heute 140 Beschäftigten im oberbayerischen Schongau und weiteren 50 im rund 100 km entfernten Inzing in Tirol.
Insgesamt rund 30 Auszubildende lernen an beiden Standorten. Mit unterbrechungsfreien Stromversorgungen und mit energiesparenden, rückspeisefähigen Speziallösungen für die Industrie setzt das Metall- und Elektrounternehmen rund 23 Mio. € im Jahr um.
Das Unternehmen befindet sich auf der positiven Seite der regionalen Wirtschaftsstatistik des bayerischen Oberlandes.
Ludwig Baur, Geschäftsführer des Verbands der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie: „33 % der Betriebe im Oberland haben 2009 Verluste geschrieben, weitere fast 17 % kommen über eine schwarze Null nicht hinaus. Das heißt, die Hälfte der Firmen ist stark unter Druck. Im Schnitt erzielte die Gesamtbranche 2009 eine Nettoumsatzrendite von Null – unter dem Strich wird also kein Geld verdient. Das hat es in der Nachkriegsgeschichte noch nie gegeben.“
„Der Markt für unterbrechungsfreie Stromversorgungen ist im letzten Jahr weltweit um 20 % geschrumpft. Wir hatten keinen Einbruch“, analysiert Bernhard Rill, „im Gegenteil, wir haben Überstunden gefahren.“
In rund 80 % der elektrischen Stellwerke der österreichischen und deutschen Bahnen sind – nach eigenen Angaben – Stromversorgungen des bayerischen Unternehmens Gustav Klein enthalten. An diese Bahnen liefert das Schongauer Unternehmen seit 40 Jahren.
Den Konstrukteuren gelang es, weitgehend auf Ventilatoren in den Schaltschränken zu verzichten. Staub und leitfähige Teilchen dringen deshalb nur in äußerst geringem Maße in die Anlage ein, Filtermatten werden deshalb meist nicht benötigt. Das Fehlen von Verschleißteilen spart Wartungskosten und erhöht die Verfügbarkeit.
Entwicklungsleiter Jörg Umbreit: „Einschalten und vergessen ist unsere Qualitätsdevise.“ Kunden nehmen das wörtlich. Die meisten schließen – wegen der guten Erfahrung – mit dem Lieferanten für seine Produkte keine Wartungsverträge ab.
In Schongau steht Marketingchef Rill vor der Aufgabe, den Vertrieb zu erweitern. Denn nicht nur seine Großkunden, an die er zum Teil als Zulieferer von Konzernen herankommt, sparen, sondern die Globalisierung und der industrielle Strukturwandel schlagen bis in die Schongauer Region durch.
Bernhard Rill: „Unterbrechungsfreie Stromversorgungen kommen als Standardware heute weitgehend aus Asien. Wir bauen Einzelanfertigungen für Energieversorgungsunternehmen, Krankenhäuser oder die Stellwerke der Bahnen, aber auch für die Gas-, Öl- und Elektroindustrie. Wir sind für unterbrechungsfreie Stromversorgungen bekannt. Aber nicht für Serienware. Unser Geld verdienen wir mit Einzel- und kundenspezifischen Sonderanfertigungen.“
„Doch Absatzmärkte für Investitionsgüter lassen sich nicht von heute auf morgen erweitern. Die Produkte sind erklärungsbedürftig. Und deswegen“, so Dipl.-Ing. Rill, „haben wir im Vertrieb nur Techniker beschäftigt. Im Industriegeschäft braucht der Vertrieb Geduld und gute, oft persönliche Kontakte.“ Messekontakte gehören dazu. Gustav Klein ist das mittelständische Unternehmen, das am längsten, seit 1949, auf der Hannover Messe vertreten ist.
Da die Anlagen so störungsfrei funktionieren, bietet sich der Export in ferne Länder an. In Russland, Abu Dhabi und Brasilien habe man schon gute Vertriebskontakte, bestätigt Rill.
Kontakte für zukünftige Entwicklungen werden zum Beispiel zum Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) gepflegt. Oder zu Visionären in der Automobilbranche.
Vor zehn Jahren waren die Schongauer dabei, als der erste Smart mit Elektroantrieb geplant wurde. Aus diesem Elektromobil wurde nichts, aber die Bayern steigerten ihr Know-how. Heute liefern sie für die in der Entwicklung geplanten Elektrofahrzeuge Batterietestgeräte und Simulatoren für Fahrzyklen.
„Unser exklusiver Partner für Aktivitäten im Bereich der Elektrofahrzeuge ist AVL“, erklärt Rill. Der 1948 gegründete Engineering-Konzern AVL beschäftigt etwa 2000 Mitarbeiter in Graz, 2500 weltweit.
Wenn es um Tests von elektrischen Speichern oder Simulationen von elektrischen Betriebs- und Ladezuständen geht, wollen die Schongauer im Wettbewerb und in neuen Märkten ganz vorn mitspielen. Im Bereich der Stromnetzstabilisierung mit neuen Energiespeichern sieht man ein großes Potenzial. Ein Konzept, das Wirtschaftskrisen überlebt. RUDOLF SCHULZE
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