Vestas setzt beim Wetter auf Big Data
Vestas, die Nummer eins der Windturbinenbauer, kämpft mit der derzeitigen wirtschaftlichen Flaute. Doch einen großen Vorteil hat Vestas noch
Mit 50 GW installierter Windenergieleistung markierte die dänische Vestas Wind Systems A/S Anfang 2012 einen neuen Rekord in ihrer mehr als 30-jährigen Geschichte. Das entspricht, mit 46 000 ausgelieferten Anlagen, einem Weltmarktanteil von 20 %. Trotzdem kämpft die Nummer eins der Windturbinenbauer, wie die meisten Wettbewerber, mit einer unschönen Flaute am Windkraftmarkt: Preiseinbrüche und Überkapazitäten bei nachlassender Förderung des Ökostroms. Bei Vestas führte das 2011, mit knapp 7 Mrd. € Umsatz, zu einem Verlust von 166 Mio. €. Entlassungen und Umstrukturierungen sind angesagt, und schon spekulieren manche Medien über den Einstieg chinesischer Investoren.
Umso entschiedener setzt Vestas auf seinen Wettbewerbsvorteil: Big Data. In diesem Fall sein seit sieben Jahren entwickeltes Mesoskalenmodell des globalen Wettergeschehens. Es wird jede Stunde mit jeweils 160 Parametern aktualisiert: der lokal vorherrschenden Windstärke und -richtung, Temperatur, Luftdruck, Sonneneinstrahlung, Regen und Schneefall, Wolkenbildung und vielen anderen Messgrößen mehr. Sie stammen von 33 000 Wetterstationen auf allen Kontinenten, außerdem von Schiffen, Flugzeugen und Satelliten.
Big Data nutzen: Vestas erstellt laufende Chronik des globalen Wettergeschehens
Daraus erstellt Vestas eine laufende Chronik des globalen Wettergeschehens, aufgeteilt in einzelne Abschnitte von 27 km Kantenlänge. Mit aufwendiger rechnerischer Interpolation lässt sich das bis auf Planquadrate mit 3 km Kantenlänge weiter verfeinern.
Dieser breite und dichte Datenstrom, der aus den öffentlich zugänglichen Messdaten der nationalen und internationalen meteorologischen Büros heruntergeladen wird, läuft bei Vestas kontinuierlich in eine riesige SQL-Datenbank mit 17 000 Blade-Servern von IBM. Insgesamt sind das 2000 Festplattenspeicher mit 2,8 PByte Kapazität.
Vestas speist Big Data in globales Wind- und Wetter-Modell ein
Die analytische Konstruktion des globalen Wind-und-Wetter-Modells übernimmt ein ebenfalls von IBM installiertes Big-Data-System vom Typ „Big Insight“. Es setzt, mit proprietären Strukturen für Datenmanagement und -kompression, auf dem gängigen Open-
Source-Modell „Hadoop“ mit massiv paralleler Verarbeitung auf.
„Zeig mir, wo die Märkte sind“, so umschreibt Lars Christian Christensen, Vestas Vice President für Plant Siting und Forecasting, den Anstoß seines Bosses zum Aufbau des globalen Wettermodells. Mit der Vestas-eigenen „Wind Library“ kann Christensen nun an jedem in Aussicht genommenen Standort – durch Verknüpfung mit relevanten geo-lokalen Faktoren wie Geländehöhe und Bodenbeschaffenheit, Siedlungsnähe, Naturschutzauflagen, Zugang zu Hochspannungsverteilernetzen – die aktuellen Bedingungen für eine Windturbine oder einen Windpark quantitativ absichern und visualisieren.
„Mit unserem Modell erkennen wir, wo die nächste Gelegenheit zur Windstromerzeugung liegt“, sagt Christensen. „Wir entwickeln eine Karte zur optimalen Platzierung der Turbinen – bis auf 10 m genau.“
Vestas will mit Wetteranalysen aus Big Data das Geschäftsergebnis erhöhen
„Climate to Capital“, von der Wetterlage zum Geschäftsergebnis, nennt Christensen dieses Vorgehen. Es beeinflusst auch das Design der Windräder und Getriebeboxen: „Jede Turbine muss zum Standort kompatibel sein.“ Die Auswertung der Wetterdaten führt so zu angepassten Windanlagen.
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