Viel Gegenwind für Kleinwind
Kleinwindanlagen haben es schwer in Deutschland. Nur teilweise günstige Windverhältnisse, eine geringe Einspeisevergütung und eine uneinheitliche Gesetzeslage in den Bundesländern hemmen die Ausbreitung.
Ganze 9,3 Cent bekommt der Besitzer einer Kleinwindanlage pro eingespeister Kilowattstunde (kWh) in Deutschland – genauso viel wie der Betreiber eines Windrades der Megawattklasse und weniger als ein Drittel, verglichen mit dem Betreiber einer photovoltaischen Solaranlage.
Weil die Preise kleiner Windturbinen im Verhältnis zum Finanzertrag nicht gerade niedrig sind, lohnen sie sich häufig ökonomisch nicht. Der Preis pro kWh liegt bei 3000 € bis 5000 € Anschaffungskosten, je nach Technik. Trotzdem wächst das Angebot, und die Systeme werden ständig weiterentwickelt. Mehr als 50 Anlagentypen sind in Deutschland derzeit erhältlich.
Deutsche Hersteller von Kleinwindanlagen leben heute noch oft vom Export. Ein Beispiel ist das nach eigenen Angaben führende deutsche Unternehmen bei Kleinwindanlagen, die Braun Windturbinen GmbH aus dem nordrhein-westfälischen Nauroth. Jährlich rund 160 Antaris-Turbinen verlassen die Fertigungsstätte, nur 50 bis 60 davon bleiben laut Geschäftsführerin Manuela Ermert-Braun in Deutschland. „Wir konnten die Umsätze in den letzten Jahren deutlich erhöhen“, sagt sie.
Das Wachstum bei Braun Windturbinen liege laut Chefin Ermert-Braun unter anderem daran, dass Windstrom dank einer gemeinsamen Entwicklung mit dem Wechselrichterhersteller SMA, dem speziellen Wechselrichter Windy Boy, jetzt auch aus der Kleinwindanlage ins Netz eingespeist werden kann.
Freilich sieht Ermert-Braun durchaus die Grenzen der Systeme – so gehören Kleinwindanlagen wegen Schwingungen und Vibrationen ihrer Meinung nach nicht auf das Dach von Einfamilienhäusern. Trotzdem sieht auch sie in Deutschland steigende Chancen. Zurzeit laufen bei Braun die Vorbereitungen für die Zertifizierungen nach dem britischen MGS (Microgeneration Certification Scheme) und für die Zertifizierung nach IEC61400–2, was pro Turbinentyp 100 000 € kostet und damit kein Pappenstiel ist.
Die Kleinwindbranche wartet in Deutschland mit neuen Ideen auf. So setzt die Münchner Futag Umwelttechnik AG zum Beispiel auf eine neuartige Systemarchitektur für die Dächer großer Hochhäuser. Die Turbine dreht sich dabei ohne den üblichen Mast getriebelos und luftgelagert im Inneren einer Art Tonne, deren Wand aus Lamellen besteht. Sie beschleunigen den Wind beim Durchströmen noch einmal und leiten ihn immer in der richtigen Richtung auf die Blätter des Rotors.
„Unser System kann so jede Windgeschwindigkeit verkraften“, sagt Reinhard Fuchs, Vorstand und Ideengeber bei Futag. Der erzeugte Strom soll in den Hochhäusern selbst verbraucht werden. Futag will gegenüber dem Hauseigentümer als Leasinggeber auftreten, so dass dieser mit Wartung und Betrieb der Anlage nichts zu tun hat.
Eine Pilotinstallation auf einem nicht mehr genutzten Kesselhaus in Besitz der Stadt München ist geplant und soll 2011 in Betrieb gehen. Bei der Stadt München gibt man sich freilich zugeknöpft und möchte sich zu dem Projekt nicht weiter äußern.
Ein weiterer Interessent, die Degewo Technische Dienste GmbH, ein Tochterunternehmen des Berliner Wohnungsbauunternehmens Degewo, will eine erfolgreiche Pilotinstallation abwarten, bis man sich die Technologie als Alternative für Wohnblockdächer näher anschaut.
Ein weiteres Konzept hat die Balke GmbH aus dem niedersächsischen Wendeburg entwickelt: eine Art modularer Stromtankstelle für Elektromobile auf Windkraftbasis. Hier werden selbstständige Rotormodule mit rechteckigen Flügeln, die sich vertikal um eine zentrale Achse drehen, übereinander gestapelt. Dadurch ergeben sich je nach Zahl der Module unterschiedlich leistungsstarke Türme. Der entstehende Strom wird sofort in Elektromobile eingespeist.
Erfinder Klaus-Dieter Balke sieht sein System zum Beispiel auf dem Dach von Hochhäusern. Bisher existiert ein Prototyp. Bei Windkraft ist das technologisch Denk- und Machbare noch längst nicht ausgeschöpft. ARIANE RÜDIGER
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