Wärmepumpen und Wärmespeicher als Mittel gegen Netzausbauverzögerungen?
Die Studie untersucht die Rolle von Wärmepumpen und Wärmespeichern bei der Kompensation von Netzausbauverzögerungen im Kontext der deutschen Energiewende bis 2045. Dabei wird analysiert, wie Flexibilitätsoptionen genutzt werden können, um die Integration erneuerbarer Energien zu erleichtern.
Die deutsche Bundesregierung will bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität erreichen. Dies soll durch die Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien (EE) und die Elektrifizierung des Mobilitäts- und Wärmesektors realisiert werden. Allerdings führen Hindernisse wie mangelnde Akzeptanz, Fachkräftemangel und lange Planungsprozesse zu Verzögerungen im Netzausbau, was die Energiesystemwende gefährdet.
Trotz dieser Herausforderungen stellt sich die Frage, wie die Energiesystemwende beschleunigt werden kann. Die Forschenden des Reiner Lemoine Instituts (RLI) haben deswegen analysiert, welchen Einfluss die Flexibilität von Wärmepumpen in Verbindung mit Wärmespeichern auf die Transformation des Energiesystems hat.
Einsatz von Wärmepumpen führt zu einer Verringerung der Kosten für den Netzausbau
Eine Möglichkeit, dieser Verzögerung entgegenzuwirken und eine rasche Integration von EE-Anlagen und neuen Verbrauchern zu ermöglichen, besteht in der netzdienlichen Nutzung von Flexibilitätsoptionen wie Batteriespeichern und Lastmanagement. Mit anderen Worten: Mehr Flexibilität im Stromnetz durch die Integration von Wärmepumpen und Wärmespeichern könnte dazu beitragen, Verzögerungen zu minimieren und auszugleichen. Dies ist das Fazit der RLI- Kurzstudie. Die Analyse der Forscher*innen verdeutlicht: Der netzdienliche Einsatz von Wärmepumpen führt zu einer Verringerung der Kosten für den Netzausbau.
„Eine größere Dimensionierung von Wärmepumpen und Wärmespeichern kann dafür genutzt werden, Flexibilität für das Netz über einen längeren Zeithorizont bereitzustellen. Vor allem in kalten Wetterperioden kann die Gleichzeitigkeit des Strombedarfs von zeitgleich betriebenen Wärmepumpen gesenkt werden. Das Ziel der Untersuchung ist es, die dadurch reduzierten Netzausbaubedarfe zu bestimmen“, schreiben die Autoren der Studie.
Dieser Effekt zeigt sich besonders deutlich in Niederspannungsnetzen urbaner Gebiete, wo das größte Einsparpotenzial liegt.
Zusätzliche Investitionen erforderlich
Um Wärmepumpen und Wärmespeicher flexibel einzusetzen, sind jedoch zusätzliche Investitionen erforderlich. Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt jedoch, dass sich diese Investitionen lohnen könnten. Die Gesamtkosten für Netzausbau und Investitionen könnten somit sogar insgesamt gesenkt werden.
Drei Szenarien kalkuliert
In der Studie wurden drei Szenarien von den Forscher*innen kalkuliert, die sich hinsichtlich der Flexibilität unterscheiden, die von Wärmepumpen bereitgestellt werden kann. Im Szenario ohne Flexibilität („No-flex“) können Wärmepumpen nicht flexibel betrieben werden. Das „Flex“-Szenario bietet eine durchschnittliche Flexibilität, während das „Flex+“-Szenario einen hohen Grad an Flexibilität aufweist.
Den Berechnungen zufolge ist das kostengünstigste Szenario dasjenige mit durchschnittlicher Flexibilität, also das „Flex“-Szenario. Hier könnten die Netzausbaukosten um 3,7 Prozent gesenkt werden, was 1,33 Milliarden Euro entspricht.
Flexible Wärmepumpen im Verteilnetz
Auch das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (Fraunhofer IEE) hat eine Studie mit dem Titel „Flexible Wärmepumpen im Verteilnetz“ durchgeführt. In dieser Untersuchung wurde der Einfluss kurzfristig umsetzbarer Flexibilitäten elektrischer Wärmepumpensysteme auf mögliche Netzüberlastungen in einer Beispielregion analysiert, mit dem Ziel der Optimierung.
Der Fokus dieser Kurzstudie (2022), die im Auftrag des Bundesverbands Wärmepumpe e.V. durchgeführt wurde, lag aber auf der Untersuchung der Netzauswirkungen von Wärmepumpen und der Frage, wie leicht umsetzbare Leistungsflexibilität genutzt werden konnte, um diese abzumildern. Hierfür wurde eine Modellierung an einem Beispiel-Niederspannungsnetz eines Ortes mit Wohngebäuden durchgeführt. Als Grundlage diente die Berechnung von Belastungen für das Stromverteilnetz durch die Installation von PV-Anlagen, Ladestationen und bedarfsgesteuerten elektrischen Wärmepumpen in drei nach Baualter gegliederten Grundszenarien. Dafür wurden drei einfache Wirkleistungsflexibilitäten, sogenannte Flex-Optionen, eingeführt, und ihr Nutzen zur Entlastung des Stromverteilnetzes wurde untersucht.
Die Hauptergebnisse der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Im Jahr 2030 könnte der gleichzeitige Ausbau von Wärmepumpen, PV-Anlagen und e-Kfz-Ladestellen bereits zu spürbaren Netzbelastungen führen. Dabei ist der Einfluss der Wärmepumpen nicht stärker als der von PV-Anlagen und e-Kfz-Ladestellen.
- Engpässe konzentrieren sich vor allem auf Zeitfenster am Mittag und am Abend und treten nur an wenigen Tagen im Jahr in größerem Umfang auf.
- Bei der Modellierung des Einflusses zukünftiger Wärmepumpen auf das Netz ist es wichtig, eine realistische Verteilung auf Alt- und Neubauten zu berücksichtigen. In realen Netzgebieten treten ähnliche Gebäude oft in Clustern auf, was zu lokalen Netzbelastungsspitzen führen kann.
- Bereits mit einfachen und freiwilligen Regelungsmechanismen zur Leistungsverschiebung können Wärmepumpen effektiv netzdienlich agieren und den Bedarf an Netzausbau um bis zu 23% senken (im betrachteten Beispielnetz).
- Potenziale zur Flexibilität, die sich aus der Zusammenarbeit mehrerer Technologien, großer Wärmespeicher oder stark variabler Netzsituationen ergeben, können durch einfache Regelungen nur teilweise genutzt werden.
- Daher ist es ratsam, frühzeitig einfache Flexibilisierungsoptionen umzusetzen, während komplexere Systeme für zukünftige Implementierungen noch entwickelt und getestet werden müssen.
Ein Beitrag von: