Batterieforschung 23.08.2019, 07:00 Uhr

Warum altern Lithium-Ionen-Akkus?

Bei der mobilen Energieversorgung läuft nichts ohne Lithium-Ionen-Akkus. Trotz zahlreicher Versuche altern die Batterien mehr oder minder schnell. Das könnte am Verlust von Lithium bei Ladezyklen liegen, vermuten Wissenschaftler.

Labor

Untersuchung von Lithium-Ionen-Akkus im Labor.

Foto: David Baillot/UC San Diego Jacobs School of Engineering

Lithium-Ionen-Akkus haben ihren festen Platz bei der Elektromobilität und bei tragbaren elektronischen Systemen erobert. Allerdings verschlechtert sich ihre Kapazität sowohl bei der Lagerung ohne Gebrauch als auch beim Laden und Entladen. Woran das liegt, war bislang unklar. Die Vermutung liegt nahe, dass es zu irreversiblen chemischen Reaktionen kommt.

Ein Forschungsteam der University of California (UC) in San Diego hat herausgefunden, warum sich Batterien nach einiger Zeit im Wirkungsgrad verschlechtern. Es stellt mit seiner Forschung etablierte Theorien infrage und hofft mittelfristig auf bessere Akkus für diverse Anwendungen.

Theorie zum Versagen der Elektroden wird infrage gestellt

Hauptproblem von Lithium-Ionen-Akkus ist bekanntlich deren niedrige Coulomb-Effizienz: Sie durchlaufen eine begrenzte Anzahl von Zyklen, bevor sie nicht mehr funktionieren. Das liegt daran, dass die Vorräte an aktivem Lithium und Elektrolyt im Laufe des Batteriezyklus aufgebraucht werden.

Batterieforscher erklärten dies bisher mit einer wachsenden Festelektrolyt-Interphasen-Schicht (Solid Electrolyte Interphase, SEI) zwischen der Anode und dem Elektrolyten. „Obwohl Experten verschiedene Methoden entwickelt haben, um die SEI-Schicht zu kontrollieren und zu stabilisieren, haben sie die Probleme mit Lithiummetall-Batterien immer noch nicht gelöst“, sagt Ying Shirley Meng. Sie ist Professorin für Nanotechnologie an der UC San Diego. Meng: „Die Zellen versagen immer noch, weil sich in Batterien viel inaktives Lithium bildet. Es gibt also einen weiteren wichtigen Aspekt, der übersehen wird.“

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Neues Messverfahren entlarvt Vorgänge an Elektroden 

Ihre Erkenntnis basiert auf neuen Versuchen. Meng fand heraus, dass Lithiummetall-Ablagerungen bei Entladung von der Anode abbrechen und sich dann in der SEI-Schicht verfangen. Dort verlieren sie ihre elektrische Verbindung zur Anode und werden zu inaktivem Lithium. Das Metall steht nicht mehr für elektrochemische Vorgänge zur Verfügung. „Dieses Lithium ist hauptsächlich dafür verantwortlich, die Coulomb-Effizienz der Zelle zu senken“, so Meng. Mit ihren Arbeiten stellt sie die bisher führende SEI-Hypothese infrage.

Mengs Team entwickelte eine simple, aber präzise Methode, um zu messen, wie viel nicht umgesetztes Lithiummetall als inaktives Lithium abgeschieden wird. Die Forscher gaben in einen versiegelten Kolben normales Wasser und eine Probe inaktiven Lithiums aus älteren Lithium-Ionen-Akkus. Bei der chemischen Reaktion entsteht Wasserstoff. Durch die Messung der Gasproduktion können die Forscher die Menge des eingefangenen Lithiummetalls berechnen.

Inaktives Lithium als Schlüsselfaktor der Alterung

Diese Experimente ergaben, dass nicht umgesetztes Lithiummetall der Hauptbestandteil von inaktivem Lithium ist. Je mehr davon gebildet wird, desto geringer ist der Coulomb-Wirkungsgrad. Inaktives Lithium besteht noch aus einer weiteren Komponente: Lithiumionen, die als Bausteine ​​in der SEI-Schicht zu finden sind. Ihre Anzahl kann einfach berechnet werden, indem man die Menge an nicht umgesetztem Lithiummetall von der Gesamtmenge an inaktivem Lithium subtrahiert. Unterschiede bei den Lithiumionen gab es nicht, das Metall erwies sich als entscheidend. Solche Ergebnisse wurden mit 8 verschiedenen Elektrolyten beobachtet: ein Kriterium zur Übertragbarkeit in die Praxis.

„Dies ist eine wichtige Erkenntnis, da es zeigt, dass das primäre Ausfallprodukt von Lithiummetall-Batterien nicht umgesetztes metallisches Lithium anstelle des SEI ist“, sagte Meng. „Mit unserer Methode konnten wir beide Komponenten mit höchster Genauigkeit quantifizieren, was zuvor nicht gelungen ist.“

Elektroden unter dem Mikroskop

Durch ihre Untersuchung der Mikro- und Nanostrukturen von Lithiumablagerungen in verschiedenen Elektrolyten beantworten die Forscher eine weitere Frage: Warum verbessern einige Elektrolyte die Coulomb-Effizienz deutlich, andere jedoch nicht? Die Antwort hat damit zu tun, wie sich Lithium auf der Anode ablagert, wenn die Zelle aufgeladen wird. Manche Elektrolyte bewirken, dass durch Lithium Mikro- und Nanostrukturen entstehen, die weitere Prozesse unterstützen.

Zum Beispiel bildet das Metall bei einem von General Motors entwickelten Elektrolyt dichte, säulenförmige Mikrostrukturen. Das führte zu minimalen Verlusten von Lithium bei Elektrodenvorgängen – und zum Coulomb-Wirkungsgrad von 96 % im ersten Ladezyklus. „Diese hervorragende Leistung ist auf die Mikrostruktur zurückzuführen, die sich auf der Oberfläche gebildet hat und die strukturelle Verbindung erheblich verbessert“, sagt Mei Cai von General Motors.

Im Gegensatz schied sich bei Verwendung eines handelsüblichen Carbonatelektrolyten Lithium als feine haarförmige Strukturen ab. Während der Lade- und Entladezyklen wurde mehr Lithium in der SEI eingeschlossen – und der Coulomb-Wirkungsgrad verringerte sich auf 85 %.

Lehren für die Industrie

Was bringen Mengs Erkenntnisse für die Praxis? Die Forscherin schlägt vor, Strategien zu entwickeln, um das Abscheiden und den Verlust von Lithium in elektrochemischen Zellen besser zu kontrollieren. Dazu gehört, Druck auf Elektroden auszuüben, aber auch, gleichmäßige SEI-Schichten zu erstellen. „Die Kontrolle von Mikro- und Nanostrukturen sind ein Schlüssel im gesamten Prozess“, erklärt Meng. „Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse Impulse geben, um wiederaufladbare Lithium-Metall-Batterien auf die nächste Stufe zu bringen.“

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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