Alternative zur Wärmepumpe 23.10.2023, 12:56 Uhr

Wasserstoff in der Gasheizung – sinnvoll oder nicht?

Viele Haushalte in Deutschland heizen mit einer Gasheizung und viele Menschen träumen davon, dass sie in Zukunft diese Heizung mit Wasserstoff betreiben. Doch ist das auch sinnvoll oder sind Wärmepumpen tatsächlich die einzig wahre künftige Wärmetechnik?

Heizung aufdrehen

Ist es sinnvoll, wenn künftig Wasserstoff statt Gas die Heizung antreibt?

Foto: Panthermedia.net/Kzenon

Das Bundeswirtschaftsministerium plant, Gas- und Ölheizungen zügiger aus den Haushalten zu entfernen, als es einigen Hauseigentümern recht ist. Viele Hausbesitzer fragen sich: Wäre Wasserstoff nicht eine geeignetere Alternative für alle, die bereits eine Gastherme besitzen? Durch die Nutzung von Wasserstoff könnten bestehende Gasleitungen weiterverwendet und somit Kosten eingespart werden. Viele, die skeptisch gegenüber Wärmepumpen stehen, besonders wegen der hohen Umrüstkosten, hoffen auf diese Lösung. Tatsächlich bewerben viele Heizungshersteller ihre Produkte bereits als „H2-ready“. Ein Forschungsteam aus Hamburg hat diese Idee genauer unter die Lupe genommen – mit ernüchternden Ergebnissen.

Was bedeutet H2-ready überhaupt?

Der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) hat ein „H2 Ready“-Siegel ins Leben gerufen, welches bestätigt, dass ein Gas-Heizkessel für den Einsatz von Wasserstoff geeignet ist. Dies besagt, dass der Kessel auch dann funktioniert, wenn bis zu 20% Wasserstoff zum Erdgas hinzugefügt wird. Das Ziel ist, dass diese Kessel in Zukunft auch vollständig mit Grünem Wasserstoff betrieben werden können.

In Deutschland gibt es etwa 14 Millionen Gas-Heizkessel. Wenn diese mit Wasserstoff laufen würden, könnte dies eine effiziente Möglichkeit sein, den CO2-Ausstoß zu verringern. Laut DVGW würde eine Erhöhung des Wasserstoffanteils von 10 Prozent auf 20 Prozent eine CO2-Einsparung von 6,5 Millionen Tonnen bewirken. Allerdings sind viele existierende Gaskessel noch nicht für den Wasserstoffbetrieb ausgelegt.

Obwohl die Idee der „Wasserstoff-Bereitschaft“ vielversprechend klingt, bleibt sie in der Praxis bisher ungetestet. Aktuell handelt es sich bei diesen Kesseln im Wesentlichen um herkömmliche Gasheizungen mit einem potenziellen Versprechen für die Zukunft. Die Heizungen funktionieren, wenn 20 Prozent Wasserstoff dem Erdgas beigemischt werden, wie es mit 100 Prozent aussieht, kann aber keiner genau sagen. In der Regel braucht es dafür noch größere Umrüstungen, die ebenfalls Geld kosten.

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Es ist zudem völlig ungelöst, wie das mit den Gasleitungen funktionieren soll, wenn einige Heizungen bereits mit 100 Prozent Wasserstoff laufen, andere noch mit 20 Prozent. Dann bräuchte es zwei Gasleitungsnetze, auch wenn verschiedene Studien behaupten, dass sich Netze für die Durchleitung von Wasserstoff eignen – zumindest nach einer Umrüstung. Prinzipiell sind deutsche Gasleitungen für Wasserstoff geeignet.

Ernüchternde Studie für Wasserstoff-Heizungen

Kommen wir zur Studie des Competence Centers für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E) der HAW Hamburg. Durch den Vergleich der entstehenden Kosten über die Zeit wurde festgestellt, dass Gas-Brennwertthermen, die auf Wasserstoff ausgelegt sind, aus Effizienzgründen nicht die erste Wahl sein sollten:

„Aus Effizienzgründen ist der Einsatz von Wasserstoff für die dezentrale Wärmebereitstellung nicht zu priorisieren, da hier ein Vielfaches an grüner elektrischer Energie für die Elektrolyse im Vergleich zu einem Szenario mit Wärmepumpen notwendig wäre”, betont Felix Doucet, Autor der Studie und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am CC4E.

Im direkten Vergleich wurde festgestellt, dass der Energieaufwand pro kWh erzeugter Wärme bei der Verbrennung von grünem Wasserstoff in Brennwertthermen fünf- bis sechsmal höher liegt als bei der Nutzung einer Wärmepumpe. Die Studie legt nahe, dass bei einer weitverbreiteten Umstellung auf Wärmepumpen und bei fehlenden Einschränkungen im Stromnetz, ein Großteil der aktuellen Gasnetzinfrastruktur in Wohngebieten überflüssig werden könnte. Ein Ausbau der Gasnetze für den Wasserstofftransport in Wohngebieten erscheint der Studie zufolge wirtschaftlich weniger sinnvoll als die notwendige Modernisierung des Stromnetzes.

Konkrete Zahlen zur Studie

In der Studie wurde von einem jährlichen Wärmebedarf von 40.000 Kilowattstunden ausgegangen, was dem deutschen Durchschnitt entspricht. Laut Studienleiter Doucet zeigt die Untersuchung, dass die Energiemenge zur Produktion des grünen Wasserstoffs signifikant über dem liegt, was als Wärme bereitgestellt wird. Um genug grünen Wasserstoff zur Beheizung eines Hauses zu gewinnen, sind rund 67.000 Kilowattstunden Strom erforderlich.

Zum Vergleich: Eine aktuelle Wärmepumpe bräuchte für dieselbe Wärmemenge lediglich etwa 12.000 Kilowattstunden Strom. Dies liegt daran, dass sie ca. 70 Prozent ihrer Wärmeenergie direkt aus der Umgebungsluft zieht und Strom hauptsächlich für den Betrieb des Kältemittel-Kompressors verwendet.

Zentrale Wasserstoffversorgung mittelfristig unwahrscheinlich

Zum Schluss daher ein ernüchterndes Fazit für alle, die darauf hoffen, mit ihrer Bestandsheizung bald grünen Wasserstoff von ihrem Energieversorger verbrennen zu können: „Eine Beimischung von Wasserstoff im Gasnetz im großen Stil ist unwahrscheinlich“, schreibt die Bundesnetzagentur. Sie betont weiterhin, dass ein großer Anpassungsbedarf nötig. Hinzu komme, dass „H2-ready“ nicht automatisch bedeutet, dass die Gasheizungen automatisch mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden können. Sie seien somit auch mittelfristig keine Alternative zur Wärmepumpe.

Für die Bereitstellung von Fernwärme könnte grüner Wasserstoff hingegen durchaus eine Option sein, so das Hamburger Forschungsteam. So könnte die Abwärme von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen, die zur Herstellung von grünem Wasserstoff für andere Sektoren nötig sind, zur Steigerung der Effizienz in Wärmenetze integriert werden. Daher wäre es sinnvoll, die Standorte von Elektrolyseuren so auszuwählen, dass sie sowohl Zugang zu einem Wasserstoffnetz oder -speicher haben als auch an ein Wärmenetz angeschlossen werden können oder die Abwärme anderweitig genutzt werden kann.

Hier geht es zur Studie der HAW Hamburg.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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