Wasserstoff produzieren, wo genug Wasser ist – auf dem Meer
Es ist machbar: Forschende haben ein Konzept für eine Wasserstoff-Erzeugungsanlage entwickelt, die direkt auf dem Meer arbeitet. Zum System gehört der Transport des Wasserstoffs bis zur Küste. Das wäre ein ganz neuer Ansatz, und das Beste daran: Mit solch einer Anlage ließe sich sogar Geld verdienen.
Das Meer entwickelt sich immer mehr zu einem hervorragenden Ort für die Produktion erneuerbarer Energien. Offshore-Windkraftanlagen sind auf internationaler Ebene bereits zu einem wichtigen Baustein der Energiewende geworden. Parallel werden Prototypen schwimmender Solaranlagen auf dem Meer getestet, die auch höherem Wellengang standhalten sollen. Jetzt kommt eine dritte Technik hinzu: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE haben mit weiteren Projektpartnern ein technisches Anlagenkonzept und ein Design für eine Wasserstoff-Erzeugungsanlage entwickelt, die auf dem Meer eingesetzt werden kann.
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50.000 Tonnen Wasserstoff im Jahr
Mit dem Projekt waren für die Forschenden zwei Aufgabenstellungen verbunden: Zum einen ging es darum, ein technisch und wirtschaftlich optimiertes Design einer integrierten Offshore-Wasserstofferzeugungsanlage zu entwickeln, die mit dem Verfahren der Proton-Exchange-Membran-(PEM)-Elektrolyse arbeitet. Zum anderen wurde ein Konzept benötigt, um komprimierten gasförmigen Wasserstoff an Land zu transportieren. Im Ergebnis ist ein Konzept für eine groß dimensionierte Wasserstofferzeugungsanlage entstanden, mit einer Leistung von 500 Megawatt (MW). Den Strom für die Elektrolyse liefert ein Offshore-Windpark, der direkt mit der Elektrolyseplattform verbunden ist. Er kann maximal 50.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr erzeugen.
Das System hat einen skalierbaren, modularen Aufbau, der sich leicht an unterschiedliche Kapazitäten der Wasserstofferzeugung anpassen lässt. Es funktioniert allerdings nur mit Frischwasser, weswegen eine Entsalzungsanlage zum Konzept gehört. Für sie wird die Abwärme der Elektrolyse genutzt, was die Energieeffizienz des Systems weiter verbessert.
Schiffe für den Wasserstoff-Transport
Der Wasserstoff, der auf diese Wasser produziert wird, wird im Anschluss gereinigt und getrocknet. Eine Komprimierung erfolgt auf bis zu 500 bar, bevor der Wasserstoff mit einem speziellen Transportschiff an Land gebracht wird. In das Schiff passen bis zu 400 Tonnen Wasserstoff. Eine extra Wasserstofftransportleitung wird also nicht benötigt. Entsprechend flexibel lässt sich der Standort für die Wasserstofferzeugungsanlage auswählen.
Die Lösung für die Energiewende: ein staatliches Wasserstoffnetz
Nach Angaben des Konsortiums handelt es sich um das erste Offshore-Projekt in dieser Größenordnung. Das Konzept soll eine Blaupause sein, um entsprechende Pilotanlagen zu entwickeln. Die Skalierbarkeit ist laut der Forschenden gegeben.
Anpassbare Wasserstoff-Erzeugung
„Nachhaltig aus erneuerbaren Energien hergestellter grüner Wasserstoff wird zu einer wichtigen Säule für die Defossilisierung unserer Energiesysteme werden. Für Länder wie Deutschland, in denen die großtechnische Erzeugung von grünem Wasserstoff aufgrund von beispielsweise Landnutzungskonkurrenz bereits jetzt eine Herausforderung ist, ist die Wasserstofferzeugung auf dem Meer mitmilfe der Offshore-Windenergie eine zusätzliche Option“, sagt Marius Holst, der als Koordinator die Arbeitspakete für das Fraunhofer ISE federführend bearbeitete. „Die Wasserstofferzeugung auf dem Meer bietet gleichzeitig hohe Volllaststunden und die Chance, die gesamte Wertschöpfungskette auf nationaler Ebene abzudecken, bei gleichzeitiger Entkopplung von Offshore-Windausbau und Netzausbau.“
Ein wesentlicher Beitrag des Fraunhofer ISE zum Projekt bestand darin, ein Proton-Exchange-Membran-(PEM)-Elektrolysemodul weiterzuentwickeln. Das Team konnte so zeigen, dass Offshore-Wasserstoff-Erzeugung mit PEM-Elektrolyse technisch und machbar ist. Gleichzeitig ist sie auch wirtschaftlich umsetzbar. „Wir können mit diesem Elektrolyseur auf das begrenzte Platzangebot auf der Plattform angemessen reagieren und nutzen das dynamische Betriebsverhalten dieser Elektrolysevariante“, erklärt Anna Wunsch. Sie hat die technische Auslegung des Systems berechnet. Der Elektrolyseur könne sogar in Teillast betrieben werden.
Zu dem Konsortium gehören neben dem Fraunhofer ISE die PNE AG als Projektkoordinator, ein internationaler Projektierer für und Betreiber von erneuerbaren Energieanlagenprojekten; die SILICA Verfahrenstechnik GmbH, ein Engineering- und Anlagenbau-Unternehmen; die KONGSTEIN GmbH, die beratend unter anderem für Offshore-Wind- und Wasserstofftechnologien tätig ist und die Wystrach GmbH, ein Anbieter von Hochdruckspeichern für Wasserstoff.
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