Energiewende 19.01.2021, 12:22 Uhr

Wasserstoff aus Biomasse: Geniale Erfindung verhilft zum Comeback

Eine Neugründung liefert weitere Meilensteine für die Energiegewinnung. Unterschiedliche Verfahren stellen aus Biomasse hochwertigen Wasserstoff her. Ein bahnbrechender Plan.

Windrad

Bei der Herstellung und Speicherung von grünem Wasserstoff sind viele Hürden zu nehmen.

Foto: panthermedia.net/aaw

An der Hochschule Hof im Norden Bayerns befassen sich circa 3.500 Studierende mit den Studien der Angewandten Wissenschaften. Zur Fachhochschule zählt auch das Institut für Energie- und Wassermanagement. Nun ist aus der Hochschule eine Unternehmensgründung hervorgegangen, die das Zeug hat, die Energiewende nachhaltig voranzutreiben.

Die BtX energy GmbH setzt auf diverse Verfahren, um aus Biomasse hochwertigen Wasserstoff herzustellen. Die Mission der Jung-Unternehmer ist wegweisend: Neben dem Vertrieb schlüsselfertiger Anlagen zur Dampfreformierung von Biogas sollen zunächst für die Region Hof ein Gesamtkonzept zur regionalen Erzeugung und Nutzung von grünem Wasserstoff erstellt werden.

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Zu den Gründern gehört Andy Gradel. Er ist gelernter Maschinenbauer und leitender Ingenieur am Institut für Wasser- und Energiemanagement der Hochschule Hof (iwe). Der 30-Jährige beschäftigt sich schon seit 2016 mit der Frage, wie aus Biomasse saubere Energie und Wärme gewonnen werden kann. Als Partner konnte Gradel die Wärmeprozesstechnik GmbH (WS) gewinnen. Im Rahmen einer Promotion im Kontext der Technologieallianz Oberfranken (TAO) gelang nun über viele Versuche die Entwicklung eines neuartigen Holzvergasers.

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„Unser Vergaser basiert auf der Nutzung der prozesseigenen Holzkohle als Teerfilter. Dadurch erreichen wir einen deutlich wartungsärmeren und gleichzeitig flexibleren Betrieb der Anlage – gemessen am derzeitigen Stand der Technik. Das macht unseren Holzvergaser finanziell attraktiv“, erklärt Andy Gradel.

Wie wird aus Biomasse Energie?

Biomasse zur Gewinnung von Energie ist nichts Neues, allerdings zählt es nicht zu den effizientesten Wegen sie einfach zu verbrennen. Unter Biomasse versteht man die gesamte durch Pflanzen, Tiere und Menschen anfallende oder erzeugte organische Substanz. Als wertvolle Energie steht sie uns zur Verfügung. Physikalisch gesehen ist es nichts anderes als chemisch gebundene Sonnenenergie.

Strom über Biomasse erzeugen

Über Biomasse kann zum Beispiel elektrischer Strom erzeugt werden. Zunächst verfeuert man die Masse, mittels der Wärmeenergie wird dann in der Regel Wasser verdampft. Der Dampf treibt im nächsten Schritt unter anderem Turbinen zur Stromerzeugung an.

Eine Biogasanlage oder ein Biomassekraftwerk setzt dieses Prinzip um. Feste Biomasse (darunter Industriehölzer) wird als Energieträger eingesetzt. Mit etwa ein Kilo solchen Holzes können vier Kilowattstunden Strom erzeugt werden.

Bei der Verbrennung wird kein zusätzliches Kohlendioxid abgegeben. Biomasse besteht nicht aus reinem Kohlenstoff, kann somit keine saubere Verbrennung gewährleisten und es werden  teils auch schädliche Stoffe freigesetzt.

Biogasbranche: Erfindungen wichtig für Durchbruch erneuerbarer Energien

Die neu entwickelte Technik möchte Andy Gradel nun auf den Markt bringen. Mitgesellschafter sind Joachim Wünning und Martin Schönfelder, Geschäftsführer der WS. Ebenfalls beteiligt ist Tobias Plessing, wissenschaftlicher Leiter des Instituts für Wasser- und Energiemanagement an der Hochschule Hof.

BtX energy GmbH setzt darüber hinaus auf die Entwicklung von Wasserstoffproduktionsstätten für Biogasanlagen. Wie wichtig derartige Erfindungen für die Biogasbranche sind, zeigt ein Blick auf deren aktuelle Herausforderungen: In den kommenden Jahrzehnten ist die Biogas-Industrie nach Experteneinschätzungen von einem kompletten Rückbau bedroht. Grund dafür ist die auf 20 Jahre befristete Einspeisevergütung für grünen Strom aus diesen Anlagen. Anschlussverträge ermöglichen derzeit oft keinen wirtschaftlichen Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen. Die Lösung für das Problem wollen nun die Beteiligten der BtX energy GmbH schaffen.

schlüsselfertigen Anlage zur Dampfreformierung

Beispiel einer schlüsselfertigen Anlage zur Dampfreformierung von Biogas.

Foto: BtX energy

Wasserstoff zählt zu den viel genutzten Grundstoffen und stellt einen wesentlichen Energieträger der Zukunft dar. Wo und wie grüner Wasserstoff zu wirtschaftlichen Preisen industriell und in Masse produziert werden kann, ist allerdings nach wie vor eine ungelöste Frage. Dies zeigen auch Projekte fernab von Deutschland. Die Idee: Eine Kooperation mit Ländern wie Australien, die viel Sonne, Wind und Platz haben – und bereits eine gute Infrastruktur für erneuerbare Energie. Wir berichten hier über das Projekt „HySupply“. 

„Während sich die meisten Akteure im Energiemarkt auf die Elektrolyse aus dem regenerativem Überschussstrom konzentrieren, werden durch die neue Technik schlüsselfertige Anlagen zur Dampfreformierung von Biogas möglich. Dies kann für die kriselnde Biogasbranche von enormem Nutzen sein“, so Tobias Plessing, Professor an der Hochschule Hof.

Komplettlösung für die Biogasreformierung soll Markt revolutionieren

Die Lösung für die Biogasreformierung aus Hof soll den Markt revolutionieren – in Form einer platzsparenden Containerlösung. „Die Produktionskosten je Kilogramm Wasserstoff können dabei sogar deutlich niedriger ausfallen als bei der Elektrolyse“, so das Jungunternehmern. Durch die dezentrale Erzeugung würde zudem der aufwändige und energieintensive Straßentransport des Wasserstoffs minimiert oder sogar ganz vermieden. Das wirkt sich insgesamt positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Anlage aus.

Ob Verkauf an der Zapfsäule, Nutzung für Müllfahrzeuge, Landmaschinen oder im ÖPNV: „Überall, wo Wasserstoff die Energiewende vorantreiben kann, können die Landwirtschaft, die Bioabfallverwertungsbranche sowie viele weitere Akteure ihren Beitrag leisten: dezentral, sofort umsetzbar, rund um die Uhr auf Volllast und aufgrund der direkten stofflichen Umwandlung mit bestechend hohem Wirkungsgrad. Wir wollen dabei unterstützen“, so Gradel.

Stellt sich der regionale Erfolg in Bayern ein, soll das Konzept national oder gar international ausgerollt werden.

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Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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