Weltrekord: Solarzelle erreicht ungeahnten Wirkungsgrad
Forscher des Fraunhofer-Institut für Solar Energiesysteme (ISE) haben einen Durchbruch beim Wirkungsgrad von Solarzellen erzielt, die auf beiden Seiten Metallkontakte haben. Bisher war dies nur bei Solarzellen mit Metallkontakten auf der Rückseite gelungen.
„Aus einer systematischen Simulationsstudie konnten wir einige grundlegende Designregeln für zukünftige Silicium-Solarzellen mit einem Wirkungsgrad von mehr als 26% ableiten. Beidseitig kontaktierte Solarzellen haben das Potenzial für Wirkungsgrade bis zu 27% und sind damit auch geeignet, den bisherigen Weltrekord für Silicium-Solarzellen zu übertreffen“, sagt Stefan Glunz, Bereichsleiter Photovoltaik-Forschung am Fraunhofer ISE.
Gelungen war den Forschenden am Fraunhofer ISE der Durchbruch, weil sie eine neue Technologie entwickelt hatten, die TOPCon-Technologie (Tunnel Oxide Passivating Contact). Ihr Vorteil: Sie verbindet sehr geringe Oberflächenrekombinationsverluste mit effizientem Ladungsträgertransport.
Der Wirkungsgrad einer Solarzelle beschreibt die Menge an Energie, die von der Zelle, dem Modul oder der gesamten Anlage in Solarstrom umgewandelt wird. Je nach Art der Solarzelle ist der Wirkungsgrad sehr unterschiedlich. Betrachtet man den der gesamten Anlage, fließen zusätzlich noch die Verluste durch Verkabelung und die Wechselrichter ein. Um den Wert zu berechnen, teilt man die abgegebene Energie durch die Strahlungsenergie. Der Wirkungsgrad wird dabei immer in % angegeben. Monokristalline Siliciumzellen erreichen derzeit einen Wirkungsgrad bis zu 22%, polykristalline zwischen 15 und 20%. Zu berücksichtigen ist, dass im Labor erzielte Wirkungsgrade in der Regel meist höher liegen als bei in Serie produzierten Solarzellen, die sich im tatsächlichen Einsatz befinden. Das liegt an weiteren Einflussfaktoren.
Solarzellen: Wissenschaftler entwickeln Industriestandard weiter
Als Standard werden Solarzellen aus kristallinem Silicium hergestellt. Das gilt für mehr als 90% des Photovoltaik-Weltmarktes. Dabei begrenzt das theoretische physikalische Limit des Halbleitermaterials Silicium den Wirkungsgrad. Das Limit liegt bei 29,4%. Dank technologischer Fortschritte ist es in den letzten Jahren gelungen, diesem Limit sehr nahe zu kommen. Der bisher erzielte Rekord bei den Wirkungsgraden liegt bei etwa 26%. Erreichen konnten Forscher diese Ergebnisse bislang allerdings nur mit Solarzellen, deren Metallkontakte sich lediglich auf der Rückseite befinden. Man nennt sie auch Solarzellen im IBC-Design, wobei die Abkürzung für „interdigitated back contact“ steht.
Problem an der Sache: solche IBC-Solarzellen entsprechen nicht dem Industriestandard. Hier haben sich andere Solarzellen hervorgetan, die weniger komplex sind und deshalb industriell einfacher und kostengünstiger gefertigt werden können. Gemeint sind beidseitig kontaktierte Solarzellen. Das bedeutet: Sie verfügen vorne wie hinten über die benötigten Metallkontakte. Die Wissenschaftler des Fraunhofer ISE haben sich genau deshalb auf die Weiterentwicklung dieser Solarzellen konzentriert und mit ihren Forschungen gezeigt, dass auch bei dieser Zelle höchste Wirkungsgrade möglich sind.
Vollflächiger Kontakt ist der Schlüssel
Gelungen ist dem Forscherteam um Armin Richter der Durchbruch durch ihre eigens entwickelte TOPCon-Technologie. Der Unterschied besteht darin, dass die Wissenschaftler im Gegensatz zu den Standardzellen den sogenannten pn-Übergang nicht auf der Vorder-, sondern auf der Rückseite anbrachten – und zwar in Form eines vollflächigen TOPCon-Kontakts. Ein pn-Übergang ist ein Übergang verschiedener Materialien in Halbleiterkristallen zwischen Bereichen mit entgegengesetzter Dotierung. Dadurch wurde die vollflächige Bor-Dotierung auf der Vorderseite überflüssig. Die lokale Bor-Diffusion läuft in diesem Fall ausschließlich über die Kontakte auf der Vorderseite.
Lesen Sie auch: Wirkungsgrad von fast 69 Prozent für Dünnschicht-Photovoltaik
Das Ergebnis: Diese TOPCoRE-Zelle (TOPCon Rear Emitter Solarzelle) ermöglicht höhere Spannungen und Füllfaktoren im Vergleich zu Zellen mit einem sammelnden Emitter nur auf der Vorderseite. Das liegt vor allem daran, dass der sogenannte Wafer sich nun noch besser für den Ladungsträgertransport eignet und zugleich die Vorderseite effektiver passiviert wird. Dies gelingt durch den Einsatz von Aluminiumoxid. Der Wafer ist in der Regel eine Scheibe, auf dem sich die integrierten Schaltkreise, also die Mikrochips, befinden.
Forscher berücksichtigen die Nutzung vieler Standardtechnologien
Die Wissenschaftler konnten im Rahmen einer detaillierten Verlustleistungsanalyse zeigen, dass ihre neu entwickelte Zelle sowohl Elektronen- und Lochtransportverluste als auch Transport- und Rekombinationsverluste im Allgemeinen ausgleicht und minimiert. Bei der neu entwickelten Struktur der Zelle berücksichtigten die Forscher am Fraunhofer ISE, dass der sich anschließende Produktionsschritt, also die Verhaltung der Solarzellen zu Solarmodulen, auf bereits bestehende Technologien aufbaut. So soll es möglich sein, viele Standardtechnologien zu verwenden.
Mehr zum Thema Solarzellen:
Ein Beitrag von: