Wendepunkt erreicht: Solarenergie wird dominieren
Laut einer britischen Studie ist der Siegeszug der Photovoltaik sehr wahrscheinlich. Eine ehrgeizige Klimapolitik werde dafür nicht benötigt. Allerdings sagen die Forschenden auch: Einige Faktoren sollten stimmen, damit sich der Ausbau der Solarenergie nicht unnötig verzögert.
Aktuell wird viel diskutiert über den Anteil, den die unterschiedlichen erneuerbaren Quellen langfristig im Energiemix einnehmen werden. Die Photovoltaik ist im Vormarsch. Das hängt unter anderem mit dem Thema Wasserstoff zusammen. Denn Systeme, die Sonnenenergie direkt nutzen, um Wasserstoff zu produzieren, werden immer effizienter. Zudem ist die Verfügbarkeit der Solarenergie extrem hoch – global gesehen. Aber reicht das, um Windkraft, Geothermie & Co. auf Dauer zu überflügeln? Eine Studie der britischen University of Exeter kommt zu folgendem Schluss: Noch vor dem 2050 wird Photovoltaik die vorherrschende Energiequelle sein. Der sogenannte Wendepunkt, ab dem sich diese Entwicklung kaum noch aufhalten lasse, sei bereits überschritten. die Forschenden sagen aber auch: Einige Faktoren müssen stimmen, dass es so schnell geht, wie sie es derzeit prognostizieren.
Schneller technologischer Fortschritt bei der Solarenergie
Für ihre Studie haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sowohl die technologische Entwicklung unter die Lupe genommen als auch die wirtschaftliche Lage betrachtet. „Es gibt einen positiven Kreislauf zwischen der Einführung von Technologien und Unternehmen, die lernen, diese kostengünstiger zu nutzen“, sagt Femke Nijsse vom Global Systems Institute in Exeter. „Wenn man diesen Zyklus in die Prognosen einbezieht, kann man das schnelle Wachstum der Solarenergie im letzten Jahrzehnt und in der Zukunft darstellen.“
Anders als bei vielen anderen Modellen, die davon ausgehen, dass der technologische Fortschritt in nicht allzu ferner Zukunft ein Ende hat, haben die Forschenden bei ihren Berechnungen angenommen, dass es weiterhin schnelle Innovationen in der Solartechnologie geben wird, da dies auch aktuell der Fall sei. Allerdings weisen sie daraufhin, dass die Energiesysteme und Netze umgestellt werden müssten. Die Versorgungssicherheit dürfe langfristig nicht davon abhängen, bei Bedarf auf fossile Energieträger zurückzugreifen. Das könnte den Ausbau der Solarenergie hemmen. Was das im Einzelnen bedeutet, wird klar, wenn man betrachtet, welche möglichen Hindernisse sie für den vorhergesagten Schub benennen.
Aus Sicht des Forschungsteams sei es am sinnvollsten, wenn Regierungen sich darauf konzentrierten, vereinfacht gesagt, der Solarenergie die Bahn freizumachen. Es sei nicht nötig, dann gezielt den Übergang zur Photovoltaik als Hauptenergiequelle herbeizuführen. Das würde von selbst geschehen.
Solarenergie benötigt stabile Netze und globale Finanzmittel
Die erste potenzielle Hürde ist laut der Studie die Netzstabilität: Die Solarstromerzeugung ist variabel (Tag/Nacht, Jahreszeit, Wetter), sodass die Netze dafür ausgelegt sein müssen. Dementsprechend müssten Verfahren etabliert werden, die es ermöglichen, mit dieser Variabilität umzugehen, ohne fossile Brennstoffe als Ausgleich einzusetzen. Praktisch heißt das: Investitionen in andere erneuerbare Energien (wie Windkraft), in effiziente Stromspeicher und Übertragungskabel, die verschiedene Regionen miteinander verbinden. Außerdem sind politische Maßnahmen gefragt, um die Nachfrage zu steuern, etwa über Anreize zum Aufladen von Elektroautos zu Zeiten außerhalb der Spitzenlast. Durch staatliche Förderungen könne entsprechende Forschung für widerstandsfähige Netze unterstützt werden.
Zugang zu Finanzmitteln: Das Wachstum der Solarenergie wird auch vom Geld abhängen. Gegenwärtig konzentriert sich die Finanzierung kohlenstoffarmer Energien stark auf Länder mit hohem Einkommen. Selbst die internationale Finanzierung begünstigt weitgehend die Länder mit mittlerem Einkommen, sodass die Länder mit niedrigerem Einkommen – insbesondere in Afrika – trotz des enormen Investitionspotenzials keinen Zugang zu Solarfinanzierungen haben.
Politik muss hinter dem Umbau zur Solarenergie stehen
Lieferketten: Eine von der Solarenergie dominierte Zukunft wird wahrscheinlich metall- und mineralienintensiv sein. Die Nachfrage nach bestimmten Mineralien wird steigen. Für die Elektrifizierung und für Batterien werden große Mengen an Rohstoffen wie Lithium und Kupfer benötigt. Da die Länder sich bemühen, große Schritte Richtung Klimaneutralität zu machen, werden erneuerbare Technologien bis 2040 voraussichtlich 40 Prozent der Gesamtnachfrage nach Kupfer und Seltenen Erden, zwischen 60 und 70 Prozent nach Nickel und Kobalt und fast 90 Prozent nach Lithium ausmachen.
Politischer Widerstand: Der Widerstand der im Niedergang begriffenen Industrien kann den Übergang beeinträchtigen. Das Tempo des Übergangs hängt nicht nur von den wirtschaftlichen Entscheidungen der Unternehmer ab, sondern auch davon, wie konsequent die Entscheidungsträger dahinterstehen. Eine rasche Umstellung auf Solarenergie könnte die Existenz von bis zu 13 Millionen Menschen weltweit gefährden, die in Branchen arbeiten, die im weiteren Sinn mit fossilen Brennstoffen zu tun haben. Regionale Wirtschafts- und Industrieentwicklungspolitiken sind gefragt, um diese Veränderungen aufzufangen.
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