Neue Ergebnisse für die Windenergieforschung 29.09.2022, 07:00 Uhr

Wer die Rotorblätter kennt, macht die Windenergie effizienter

WiValdi soll wichtige Erkenntnisse über das Verhalten von Rotorblättern liefern. Im Forschungspark Windenergie im niedersächsischen Krummendeich müssen Rotorblätter zeigen, was sie können. Das Ziel: Erkenntnisse gewinnen, mit denen sich Windenergieanlagen leiser, langlebiger, effizienter und nachhaltiger betreiben lassen.

Rotorblatt im Stresstest

Besonders Biege- und Schwingungstests liefern den Forschenden wichtige Erkenntnisse.

Foto: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) errichtet in Niedersachen, in Krummendeich, aktuell einen Forschungspark zur Windenergie. „WiValdi“, so der Name, soll wichtige Erkenntnisse liefern und den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die Möglichkeit bieten, im Realmaßstab zu forschen. Dabei stehen vor allem technologische Aspekte im Vordergrund. Die Ergebnisse sollen das Energiesystem von morgen voranbringen.

Mehr Hybridturm-Kapazität für die Windkraft-Wende

Damit die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an die notwendigen Ergebnisse gelangen, haben sie an spezielle Rotorblätter der Firma Enercon rund 1.500 Sensoren anbringen lassen. Das hat der Hersteller bereits in der Produktion übernommen. Die Sensoren sollen Daten liefern, aus denen die Forschenden ableiten können, wie sich Windenergieanlagen langlebiger, leiser und effizienter gestalten und nachhaltiger betreiben lassen.

„Digitaler Zwilling“ der Rotorblätter soll Fertigung verbessern

Die ersten Tests durchlaufen die Rotorblätter vorab in Bremerhaven. Das DLR-Institut für Aerolastik sowie für Faserverbundleichtbau und Adaptronik arbeitet dabei mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme, kurz IWES, zusammen. Die bei den Tests gesammelten Daten stellen für die Forschenden einen wahren Schatz dar. Denn erstmals erhielten sie exakte Informationen zum Verhalten der Blätter. So ließen sich Simulationen nicht nur bestätigen, sondern auch weiterentwickeln. Durch die Tests konnten die Forschenden sogar einen sogenannten „digitalen Zwilling“ der Rotorblätter bauen. Gerade dieser soll eine entscheidende Rolle einnehmen und dabei helfen, neue Standards für die Produktion zu entwickeln und die Fertigung der Blätter noch weiter zu verbessern. Die Forschenden betrachten diese ersten Tests als Grundbaustein für weitere, die dann im Forschungspark in Krummendeich noch folgen.

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Vorbereitungen für Schwingungstests
Der Aufbau für die Tests war sehr aufwendig. Drei Tage waren pro Rotorblatt notwendig.

Foto: DLR

Simulation eines schwingenden Rotorblattes
Diese Simulation zeigt, wie stark die Rotorblätter tatsächlich schwingen.

Foto: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Lange, sehr leichte Rotorblätter in der Testvorbereitung
Erstmals sind hier Sensoren im Test, die auf die Länge von 50 Metern die Belastung und Dehnung messen kann.

Foto: DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Versuche mit rund 20 Tonnen schweren und 57 Meter langen Rotorblättern durchzuführen, ist keine leichte Aufgabe. Drei Tage pro Rotorblatt haben die Forschenden im Schnitt benötigt. Um mehr über das Verhalten zu erfahren, müssen die riesigen Blätter dafür in der Luft schweben. Das lösten die Forschenden mit jeweils 500 Seilen am vorderen und hinteren Ende. Solche Seile kommen zum Beispiel auch beim Bungee-Jumping zum Einsatz. Der Vorteil dieser Art der Aufhängung: Die Rotorblätter zeigen ausschließlich ihre natürlichen Schwingungen – frei von jeglichen externen Einflüssen, beispielsweise Umweltbedingungen. Die natürlichen Schwingungen erzeugten die Forschenden mit einem speziellen Rüttelgerät sowie Hammerschlägen. Dazu unterzogen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Rotorblätter noch einem anderen Test. Dafür mussten diese an einen Prüfstand montiert werden. Anschließend wurde kräftig an den Blättern gezogen. Das Ziel: Statik, Deformation und innere Belastung testen.

Rotorblätter müssen auch in windarmen Gegenden viel Ertrag liefern

Die Technik entwickelt sich auch bei Windenergieanlagen stetig weiter. Deshalb sind die Blätter moderner Anlagen heute deutlich länger, aber auch leichter. Neue Werkstoffe machen es möglich. Diese Rotorblätter ermöglichen einen effizienteren Betrieb der Anlagen, denn sie liefern auch an Standorten genug Energie, die aus windtechnischer Sicht weniger geeignet sind. Mit neuen Formen ergeben sich natürlich auch neue Herausforderungen. „Die Blätter stehen niemals wirklich still, sondern sind immer in Schwingung – durch Luftbewegungen oder selbst durch kleinste Vibrationen im Untergrund, die sogenannte Mikroseismik“, erläutert Yves Govers, Gruppenleiter Aeroelastische Systemidentifikation am DLR-Institut für Aeroelastik.

Es ist deshalb entscheidend, das Verformungsverhalten der Blätter zu kennen. Denn die biegen sich nicht nur durch, sondern verdrehen sich auch dabei. „Besonders der Grad dieser Verdrehung ist wichtig, um die Effizienz zu steigern“, sagt Govers. Ebenfalls untersucht haben die Forschenden die Belastung der Rotorblätter sowie die Möglichkeiten, frühzeitig Schäden zu erkennen. Das DLR ist stolz auf die ersten Ergebnisse: „Ich kenne nichts Vergleichbares. Die Anlage ist wahrscheinlich die weltweit am umfassendsten mit Sensoren ausgestattete Windenergieanlage und wird auf Jahre ihresgleichen suchen“, erklärt Gover. Im Herbst werden die sechs Hightech-Rotorblätter dann nach Krummendeich transportiert und im Forschungspark Windenergie montiert. Davon erhoffen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Erkenntnisse.

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Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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