Werden Solaranlagen künftig aus Perowskit-Zellen hergestellt?
Die Solarzelle aus dem Halbleiter Perowskit läuft der herkömmlichen Silizium-Zelle stetig den Rang ab. Forscher der Empa haben es geschafft, neue Herstellungsverfahren zu entwickeln, die schneller und günstiger sind.
Die Empa, Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt, hat es sich an ihren verschiedenen Standorten in der Schweiz zur Aufgabe gemacht, Forschungsergebnisse und Technologien in marktfähige Innovationen zu transferieren. Ein Team aus Wissenschaftlern um Frank Nüesch, Leiter der Empa-Abteilung Funktionspolymere, hat gemeinsam mit dem Unternehmen Solaronix SA aus der Westschweiz an einem neuen Herstellungsverfahren gearbeitet. Damit sollen Perowskit-Solarzellen schneller und günstiger produziert werden.
Diese Solarzellen, die es bereits seit dem Jahr 2009 gibt, gelten als Alternative zu den Silizium-Zellen, die aktuell flächendeckend für Photovoltaik-Anlagen im Einsatz sind. Allerdings galt es zuerst, ihre Schwächen zu beheben. So reagierte beispielsweise die Perowskit-Zelle aufgrund des Aufbaus und der Materialien äußerst empfindlich auf Feuchtigkeit, Sauerstoff, Hitze, UV-Licht und mechanische Belastung. Dadurch bescheinigte man ihr keine lange Haltbarkeit. Forscher der École Polytechnique Fédérale de Lausanne, kurz EPFL, entwickelten eine Zelle mit einem Gerüst aus Oxiden und Kohlenstoff, allerdings fehlte der Idee die Marktreife. Daran knüpften die Empa-Forscher nun an.
Schnell und in langen Bahnen viele Schichten auftragen
Als Basis stellten die Wissenschaftler eine funktionsfähige Perowskit-Zelle im Labormaßstab her. Sie misst 10 mal 10 Zentimeter. Dafür nutzen sie das sogenannte Schlitzdüsenverfahren. „Mit dem neuen Beschichtungsverfahren können wir nicht nur schneller beschichten, sondern auch die Dicke der einzelnen Schichten flexibler festlegen“, erklärt Frank Nüesch.
Bei dem Verfahren trägt man auf die Glasschicht eine separate Materialschicht auf und strukturiert sie im Anschluss, indem ein Laser überschüssiges Material entfernt. Vorteil des Schlitzdüsenverfahrens: Es lassen sich relativ schnell und einfach meterlange Bahnen beschichten. Besonders die höhere Geschwindigkeit, mit der in diesem Fall die Zellen beschichtet werden können, ist nach Ansicht der Wissenschaftler das zentrale Element bei einer möglichen Industrialisierung des Produktionsprozesses der Perowskit-Zellen.
Damit die Zelle belastbarer und länger haltbar wird, sind insgesamt 5 Schichten aus verschiedenen Materialien nötig: unter anderem Titanoxid, Zirkonoxid und Graphit. Bisher nutzte man das sogenannte Siebdruck-Verfahren, um die unterschiedlichen Materialien einzeln aufzutragen. Der Nachteil dieser Methode: Jede Schicht muss trocknen und anschließend verdichtet werden. Das dauert lange und verbraucht viel Energie. Per Schlitzdüseverfahren können sämtliche Schichten dagegen direkt hintereinander aufgetragen und gemeinsam verdichtet werden.
„Mit diesem neuen Verfahren können wir sieben Mal schneller ‚drucken‘ als mit der bisherigen Methode im Siebdruck“, betont Nüesch.
Der Perowskit-Absorber, das Besondere an der Zelle, wird am Ende des Verfahrens mithilfe eines Tintenstrahl-Drucks aufgebracht. Das Perowskit wird dabei nicht als feste Schicht aufgetragen, sondern dringt langsam durch alle porösen Unterschichten bis zum Boden in die Solarzelle.
Konzept mit praxisnahen Ideen
Im Rahmen der Kooperation mit Solaronix lieferten die Experten des Unternehmens die „Tinten“. Gemeint sind die nanoskaligen Leiter, Halbleiter und Isolatoren, welche als hauchdünne Schichten auf die Solarzelle aufgedruckt werden. Dafür war es notwendig, die Tinte aufzubereiten, da sie sich im Normalzustand nicht ohne weiteres für das Schlitzdüsenverfahren eignet. Darüber hinaus mussten die verschiedenen Einstellungen der Beschichtungseinheit aufeinander abgestimmt werden, wie die Geschwindigkeit der Schlitzdüse, die Durchflussgeschwindigkeit und der Abstand der Schlitzdüse zum Substrat. Nur dann könne auch ein optimales Ergebnis erzielt werden, wie es nach Angaben der Wissenschaftler nun gelungen sei.
Durch das neue Verfahren, so sind sich die Forscher sicher, habe man eine längere Lebensdauer erreicht als bei den bisherigen Perowskit-Zellen. Als nächstes stehen Praxistests an. Dafür sollen Ende 2020 einige der Zellen auf dem Dach des Empa-Campus in Dübendorf – in der Nähe von Zürich – installiert werden. Sie müssen sich dann der Bewährungsprobe im Alltag stellen. Diese Forschung fand im Rahmen eines Projekts des Bundesamtes für Energie (BFE) statt. Die Energie der Sonne trug im Jahr 2018 mit knapp 2.000 Gigawattstunden den größten Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix bei – ausgenommen die Wasserkraft (Quelle: Bundesamt für Energie, BFE).
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