Fusionsexperiment Textor endet 09.12.2013, 10:00 Uhr

Wichtiger Schritt in Richtung unerschöpfliche Energiequelle

Mit dem Experiment Textor haben Jülicher Forscher die Chancen verbessert, durch das Verschmelzen von Atomkernen Strom zu erzeugen. Nach 30 Jahren endete jetzt diese Ära: Der Fusionsreaktor wird abgebaut. 

Blick in die ringförmige Brennkammer des Fusionsreaktors Textor. Mit ihm fanden die Wissenschaftler unter anderem heraus, wie sich Wände von Reaktoren verbessern lassen. 

Blick in die ringförmige Brennkammer des Fusionsreaktors Textor. Mit ihm fanden die Wissenschaftler unter anderem heraus, wie sich Wände von Reaktoren verbessern lassen. 

Foto: Forschungszentrum Jülich

Unvorstellbare 100 Millionen Grad Celsius herrschen in der ringförmigen Brennkammer eines Fusionsreaktors. Diese mehr als höllische Temperatur hält kein Werkstoff aus. Deshalb wird das Plasma, das heiße Gemisch aus Atomkernen und Elektronen, von kraftvollen Magneten auf Kurs und von den Wänden ferngehalten. Doch immer wieder büchsen Teilchen aus, treffen die Wand und schlagen Partikel heraus. Wenn diese ins Plasma gelangen, kühlt es ab. Schlagartig endet dann der Fusionsprozess und damit die Energieerzeugung.

Abbau des Reaktors dauert rund drei Jahre

Im Forschungszentrum Jülich haben Wissenschaftler in 30-jähriger Arbeit herausgefunden, wie sich die Verunreinigung des Plasmas weitgehend vermeiden lässt. Dazu nutzten sie Textor, einen kleinen Fusionsreaktor, der allerdings bei weitem nicht die Plasmatemperatur erreichte, die für eine wirkliche Kernverschmelzung nötig ist. Für eine Optimierung der Brennkammerwand reichte es jedoch allemal. Jetzt ist das Ziel erreicht und Textor wird abgebaut. Das dauert rund drei Jahre.

Forschungsergebnisse werden international genutzt

Die erste Verbesserung, die die Jülicher Forscher entwickelten, war die Borierung, eine Methode, mit der sich die Oberfläche von eisenhaltigen Werkstoffen härten lässt. Bei einer Temperatur von 850 bis 950 Grad Celsius dringt das Halbmetall Bor ein paar 100 Mikrometer tief in das Metall ein. Es entsteht Eisenborid, das verschleißfester ist als Stahl. Im Fusionsreaktor reduziert diese Legierung die Zahl der Partikel, die aus der Wand herausgeschossen werden.

Mit der geregelten Strahlkühlung gelang es den Wissenschaftlern zudem, das Plasma im Randbereich auf eine Temperatur zu bringen, der das Wandmaterial standhält. Die Temperatur des Plasmas selbst wird dadurch nicht beeinflusst. Borierung und Kühlung sind in vielen Fusionsexperimenten in aller Welt heute Standard.

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Die letzte Verbesserung der Wand wird sogar im Fusionsreaktor Iter genutzt, den die Europäische Union, die USA, Japan, Russland, Südkorea, China und Indien bis 2020 im französischen Cadarache fertigstellen wollen. Wandelemente aus Wolfram erwiesen sich in Textor als besonders abriebfest. In Iter sollen erstmals Atomkerne minutenlang miteinander verschmelzen und Energie erzeugen

Textor wurde stillgelegt, weil er zu der Hauptaufgabe der Fusionsforscher, den Dauerbetrieb sicherzustellen, nichts mehr beitragen kann. Die Jülicher konzentrieren jetzt ihre Arbeit auf Großexperimente wie JET und den Kernfusionsreaktor Wendelstein 7-X. Letzterer wird derzeit am Greifswalder Ableger des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik aufgebaut. 2014 soll er in Betrieb gehen.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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