Ohne klimaschädliche Emissionen 05.11.2024, 07:00 Uhr

Wie aus Ammoniak klimafreundlicher Strom entsteht

Mit Wasserstoff lässt sich umweltschonender Strom erzeugen als mit fossilen Energieträgern. Aber bei Speicherung und Transport gilt Wasserstoff als schwieriges Gas. Forschende haben nun eine Alternative gefunden: Ammoniak, mit dem sich sogar Strom und Wärme erzeugen lässt.

Forscherin bedient die Demonstrationsanlage zur CO2-freien Stromerzeugung mit Ammoniak

Die Demonstrationsanlage der Fraunhofer-Forschenden ist der Prototyp einer Anlage, bei der Ammoniak zur Stromerzeugung eingesetzt wird.

Foto: Fraunhofer IKST

Die Energiewende stellt uns vor große Herausforderungen, insbesondere wenn es um die Speicherung und den Transport von erneuerbaren Energien geht. In diesem Zusammenhang gilt Wasserstoff als vielversprechender Energieträger. Allerdings ist er nicht einfach zu handhaben, im Gegensatz zu Ammoniak. Dieses Wasserstoffderivat lässt sich leichter speichern und transportieren. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS haben nun einen sogenannten Demonstrator entwickelt. Diese Anlage wandelt Ammoniak direkt und effizient in Strom um. Das Herzstück des Systems bildet ein Hochtemperatur-Brennstoffzellen-Stack, der Ammoniak zerlegt und den entstehenden Wasserstoff verstromt. Dabei entstehen weder klimaschädliche Emissionen noch andere schädliche Nebenprodukte, sondern lediglich Strom und Wärme.

Grüner Wasserstoff aus alten Dosen, Meerwasser und Koffein?

Die Forschenden haben sich vor allem deshalb auf Ammoniak konzentriert, weil es in der chemischen Industrie seit langem etabliert ist, beispielsweise bei der Herstellung von Düngemitteln. Dennoch ist beim Umgang damit Vorsicht geboten. Ammoniak bietet als Wasserstoff-Träger entscheidende Vorteile: Es bietet eine hohe Energiedichte und lässt sich relativ einfach speichern und transportieren. „Für die klimafreundliche Herstellung von Strom und Heizenergie ist Ammoniak ein ideales Ausgangsmaterial“, sagt Laura Nousch, Professorin für Regenerative und nachhaltige Energiesysteme am Fraunhofer IKST. Das Team von Laura Nousch leitete das Ammoniak zunächst in den sogenannten Cracker, wo es auf mindestens 300 Grad Celsius erhitzt wird. Dabei zerfällt es in Wasserstoff und Stickstoff. Während der Stickstoff als unschädliche Abluft entweichen kann, wird der Wasserstoff in die Hochtemperatur-Brennstoffzelle geleitet.

Klimafreundlicher Strom aus Ammoniak gelingt bei hohen Temperaturen

In der Hochtemperatur-Brennstoffzelle findet die eigentliche Verstromung des aus Ammoniak gewonnenen Wasserstoffs statt. Bei der Aufspaltung des Wasserstoffs werden Elektronen freigesetzt, die von der Anode zur Kathode wandern und so elektrischen Strom erzeugen. Darüber hinaus entsteht bei der elektrochemischen Reaktion auch Wärmeenergie sowie durch die Nachverbrennung zusätzlich noch Abwärme. „Diese wird zum einen verwendet, um die hohe Temperatur im Cracker zu halten, und zum anderen als Abwärme entkoppelt. Dann kann sie beispielsweise für eine Gebäudeheizung eingesetzt werden“, erläutert Nousch.

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Der Demonstrator vereint somit die Zerlegung von Ammoniak in Wasserstoff und dessen anschließende Verstromung in einem kompakten Gerät. Aufgrund der Expertise der Fraunhofer-Forschenden konnten sie bei dem entwickelten Brennstoffzellen-Demonstrator einen Wirkungsgrad von 60 Prozent erreichen. Das ist sogar  vergleichbar mit Erdgas-basierten Verfahren. Der entscheidende Vorteil liegt jedoch in der einfachen und robusten Bauweise des Ammoniak-SOFC-Systems, weshalb sich solche Anlagen gut für kleinere Industrieunternehmen eignen, die klimafreundlichen Strom ohne CO2-Emissionen erzeugen möchten und nicht an der zukünftigen Wasserstoffkerntrasse liegen. Auch Kommunen und Stadtwerke können von dieser Technologie profitieren, um Kundinnen und Kunden mit grüner Wärme zu versorgen. Sogar für große Schiffe könnte sich daraus ein umweltfreundlicher Antrieb auf Ammoniak-Wasserstoffbasis ergeben.

Ammoniak als Schlüssel zur grünen Energiezukunft

Die Temperatur im Cracker spielt eine entscheidende Rolle bei der Zerlegung von Ammoniak in Wasserstoff. Je höher die Temperatur, desto vollständiger verläuft dieser Prozess. Liegen die Temperaturen eher im niedrigen Bereich, also bei etwas über 400 Grad Celsius, bleibt dagegen ein beträchtlicher Teil des Ammoniaks zurück. Bei den Tests fanden die Fraunhofer-Forschenden heraus, dass die Ammoniakmoleküle auch in der Hochtemperatur-Brennstoffzelle vollständig zu Wasserstoff zerfallen können. Dieser Effekt ermögliche sogar eine Steigerung der Gesamtleistung der Anlage. „Durch die gezielte Auslegung und ein intelligentes thermisches Management sowie weitere Modifikationen, etwa an Leistung und Größe der Brennstoffzellen-Stacks, sind wir in der Lage, gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen maßgeschneiderte Lösungen zur klimafreundlichen Strom- und Wärmeerzeugung zu entwickeln“, betont Nousch.

Der neu entwickelte Demonstrator zeigt, welches Potenzial in dieser Technologie für eine klimafreundliche Energiezukunft steckt. Mit dem Einsatz von Ammoniak als Wasserstoff-Träger lassen sich Herausforderungen bei Speicherung und Transport von Wasserstoff vermutlich lösen und eröffnet für Unternehmen, Kommunen und andere Akteure, ihre Energieversorgung auf eine nachhaltige Basis zu stellen und aktiv zum Klimaschutz beizutragen.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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