Wie lässt sich Wasserstoff am besten speichern und transportieren?
Wasserstoff soll die Energiewende vorantreiben, doch noch ist nicht abschließend geklärt, wie sich das Gas am besten speichern und transportieren lässt. Wir stellen die verschiedenen Methoden vor.
Wasserstoff soll zentraler Baustein für die Energiewende sein, da sind sich mittlerweile alle einig. Hier warten jedoch noch einige Herausforderungen. Die Produktion von grünem Wasserstoff ist das eine, aber auch Transport und Speicherung des hochexplosiven und flüchtigen Gases ist etwas, an dem derzeit weltweit viele schlaue Köpfe arbeiten. Verschiedene Lösungen gibt es bereits, ohne dass bislang klar ist, welche Methode das Rennen machen wird. Wir stellen Ihnen an dieser Stelle einige Möglichkeiten vor, wie sich Wasserstoff speichern und transportieren lässt.
Methode #1: Druckgasspeicherung
Bei der Druckgasspeicherung wird Wasserstoff unter sehr hohem Druck verdichtet und in speziellen Drucktanks gespeichert. Die Behälter bestehen in der Regel aus Stahl oder Verbundmaterialien, um die hohen Druckanforderungen bis 700 bar oder mehr zu erfüllen. Je höher der Druck, desto höher die Speicherdichte. Heißt: Mit steigendem Druck kann mehr Wasserstoff im gleichen Raum gespeichert werden.
Eine typische Anwendung der Druckgasspeicherung ist die Automobilindustrie. Bei Brennstoffzellenfahrzeugen wird ein Druckniveau von etwa 700 bar erreicht und die Reichweite ist in etwa mit der von Benzinautos zu vergleichen. Allerdings ist bei der Wasserstoff-Kompression der Energieaufwand recht hoch. Außerdem besteht immer die Gefahr, dass Wasserstoff durch kleine Undichtigkeiten im Tank diffundiert, wenn er länger gelagert wird.
Wasserstoff lässt sich nicht nur in Tanks, sondern auch in unterirdischen Kavernenspeichern wie zum Beispiel Salzstöcken speichern. Dort kann Wasserstoff langfristig verbleiben und bei Bedarf verwendet werden. Noch befindet sich diese Technologie in der Forschungsphase, es gibt einige Projekte, die herausfinden wollen, ob die Anbindung solcher Wasserstoffspeicher an die Energiewirtschaft künftig möglich ist.
Methode #2: Flüssiggasspeicherung
Insbesondere in der Industrie ist die Flüssiggasspeicherung eine weit verbreitete Methode zur Speicherung von Wasserstoff. Dabei wird Wasserstoff bei minus 253 Grad Celsius in speziellen Kryotanks gespeichert. Hierbei ist es wichtig, den Wasserstoff stets bei Temperatur zu halten, da er bei möglicher Erwärmung abdampfen und verloren gehen kann. Verflüssigter Wasserstoff hat eine höhere Energiedichte als Wasserstoffgas bei Raumtemperatur, er nimmt daher nur ein Fünftel seines Volumens ein.
Ein weiterer Vorteil von flüssigem Wasserstoff ist, dass er relativ einfach transportiert werden kann. So lässt er sich in Tankwagen und Tankcontainern laden und über Straßen, Schienen oder Wasserwege transportieren. Allerdings ist die Verflüssigung sehr energieaufwendig und der Umgang damit aufgrund der sehr niedrigen Temperaturen nicht ganz ungefährlich. Es braucht spezielle Ausrüstungen und Schulungen.
Flüssiger Wasserstoff kommt zum Beispiel in der Luft- und Raumfahrt zum Einsatz, wo er als Treibstoff für Raketenantriebe und Triebwerke verwendet wird. Es wird auch in der Schwerindustrie als Brennstoff und als Alternative zu fossilen Brennstoffen eingesetzt. In der Automobilindustrie kann flüssiger Wasserstoff als Treibstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge verwendet werden, wobei in der Praxis eher die Druckbetankung anzutreffen ist.
Methode #3: Chemische Speicherung
Bei der chemischen Speicherung wird Wasserstoff in andere Moleküle eingebunden, die bei Bedarf wieder in Wasserstoff umgewandelt werden können. Im Allgemeinen bietet diese Methode eine höhere Energiedichte und ist potenziell sicherer als gasförmige oder kryogene Speicherung. Chemische Speicherung kann jedoch teurer sein und zusätzliche Infrastruktur erfordern. Folgende Möglichkeiten werden derzeit erforscht:
- Ammoniak (NH3): Ammoniak lässt sich aus Stickstoff und Wasserstoff herstellen. Es ist bei Raumtemperatur flüssig und lässt sich in Tanks speichern und transportieren. Bei Bedarf kann das Ammoniak durch einen Katalysator wieder in Wasserstoff und Stickstoff zerlegt werden. Es kann zudem als chemischer Grundstoff, als Schiffstreibstoff oder für die stationäre Stromerzeugung eingesetzt werden.
- Methanol (CH3OH): Methanol gilt als ein idealer Speicher für Wasserstoff. Es wird aus CO₂ und Wasserstoff hergestellt. Methanol lässt sich deutlich besser transportieren und vor allem lange aufbewahren. Anders gesagt: Es wäre möglich, beispielsweise über den Strom aus Solaranlagen über das Verfahren der Elektrolyse Wasserstoff herzustellen, diesen dann in Methanol umzuwandeln und in Regionen zu bringen, wo der Energiebedarf nicht durch Sonnenenergie gedeckt werden kann.
- Ameisensäure (HCOOH): Ameisensäure (Formic Acid) lässt sich durch die Reaktion von Wasserstoff und Kohlendioxid herstellen und ist bei Raumtemperatur flüssig. Durch Katalyse lässt sich die Säure in Wasserstoff und Kohlendioxid zurückverwandeln. Das CO2 könnte in die Atmosphäre entweichen, ohne die Bilanz zu verschlechtern, weil es zuvor der Luft entzogen worden ist. Es könnte aber auch endgelagert und damit der Atmosphäre entzogen werden.
- Hydrazin (N2H4): Diese chemische Verbindung besteht aus Wasserstoff und Stickstoff und kann als Wasserstoffspeicher dienen. Sie ist bei Raumtemperatur flüssig und kann durch katalytische Zersetzung in Wasserstoff und Stickstoff zurückverwandelt werden. Hydrazin ist allerdings hochgiftig und instabil, weshalb es eher selten als Wasserstoffspeicher genutzt wird. Aufgrund seiner hochreaktiven Eigenschaften kommt als vor allem als Raketentreibstoff zum Einsatz.
- Flüssige organische Wasserstoffträger (LOHCs): Eine innovative Möglichkeit, große Mengen Wasserstoff bei Umgebungsbedingungen sicher zu speichern, sind flüssige organische Wasserstoffträger. Indem Wasserstoff chemisch an diese Trägermoleküle gebunden wird, kann er in Form einer Flüssigkeit transportiert werden. Zudem ist eine Langzeitspeicherung von regenerativ erzeugtem Wasserstoff unter Umgebungsdruck und -temperatur möglich.
- Borverbindungen: Für das Element Bor sind eine große Anzahl an wasserstoffreichen Verbindungen bekannt. Borverbindungen, wie Natriumborhydrid (NaBH4) oder Amminboran (NH3BH3), können ebenfalls als chemische Wasserstoffspeicher verwendet werden. Diese Festkörperverbindungen setzen Wasserstoff durch Hydrolyse oder thermische Zersetzung frei. Die Wasserstoffspeicherdichte von Amminboran ist zum Beispiel höher als die von flüssigem Wasserstoff.
Methode #4: Metallhydridspeicher
Anstatt Wasserstoff bei hohem Druck oder tiefen Temperaturen zu speichern, können die H2-Mokeküle auch in Metallverbindungen eingebunden werden. Solche Metallhydridspeicher besitzen eine relativ hohe Speicherdichte. Zudem braucht es keine speziellen Tanks oder eine aufwendige Kühlung. Allerdings sind Metallhydridspeicher vergleichsweise schwer. Die Aufnahme und Abgabe von Wasserstoff erfolgen zudem recht langsam.
Und so funktioniert die Speicherung von Wasserstoff durch Metallhydride: Bestimmte Metalllegierungen können Wasserstoff speichern, das funktioniert etwa wie bei einem Schwamm, der sich voll mit Wasser saugt. Dabei wird der Wasserstoff vom Metall adsorbiert und es bilden sich Metallhydride. Beim Befüllen der Metallhydride mit Wasserstoff entsteht Wärme. Möchte man wieder Wärme zurückhaben, muss Wärme zugeführt werden.
Die Metallhydridspeicherung gilt als äußerst sicher und langlebig. Da der Wasserstoff erst bei Wärmezufuhr abgegeben wird, bleibt er auch bei Beschädigung des Behälters gebunden. Ein explosionsartiges Entweichen ist nicht möglich, der Wasserstoff wird zudem nahezu verlustfrei gespeichert. Zur Anwendung kommt die Technik zum Beispiel bereits bei U-Booten, für andere Bereiche sind Metallhydridspeicher jedoch noch zu schwer. Es wird jedoch daran geforscht, die Methode massentauglicher zu machen.
So lässt sich Wasserstoff zum Beispiel auf Basis von Eisenoxid nach dem Hydrogen Compact (HyCS) Verfahren speichern und transportieren. Hierbei wird bei Beladung des Speichers das Eisenoxid durch Wasserstoff reduziert, so dass reines Eisen entsteht. Dabei wird heißer Wasserdampf frei. Durch Zuführen von Wasserdampf oxidiert das Eisen zu Rost und Wasserstoff wird frei. Dieses Verfahren haben zwei Dresdner Unternehmen entwickelt. Demnach reicht ein Liter Speichermaterial für mehr als 2 kWh Wasserstoff.
Methode #5: Adsorptionsspeicher
Neben Metallhydridspeichern gibt es weitere Möglichkeiten der adsorptiven Speicherung von Wasserstoff. Mögliche Materialien hierfür sind Zeolithe, Aktivkohle, Metal Organic Framworks oder Carbon Nanotubes. Es handelt sich dabei um hochporöse Materialien, an denen Wasserstoff angelagert werden kann. Das geschieht bei sehr niedrigen Temperaturen, da bei Raumtemperatur nur sehr wenig Wasserstoff adsorbiert wird.
Wie bei Flüssigwasserstoff kommt es auch bei der adsorbtiven Speicherung von Wasserstoff durch die notwendigen niedrigen Temperaturen zu Verlusten während der Lagerung. Aktuell wird daher nach Materialien gesucht, die bei höheren Temperaturen eingesetzt werden können. Allerdings sind die Energiedichten dieser Materialien momentan noch deutlich geringer, so dass die Verluste nach wie vor erheblich sind, selbst wenn höhere Wirkungsgrade erzielt werden.
Welche Methode der Wasserstoffspeicherung ist am besten?
Die Wasserstoffspeicherung ist etwas, das noch nicht abschließend geklärt ist. Noch wird in vielen Bereichen geforscht und es gibt nicht diese eine ultimative Lösung für die Speicherung von Wasserstoff. Sie wird es vermutlich auch niemals geben. Je nach Einsatzgebiet und Verwendung des Wasserstoffs wird sich die eine oder andere Methode als die Beste herauskristallisieren, aber es werden sicherlich verschiedene Methoden genutzt werden. Es bleibt daher spannend und die Zukunft wird es weisen, wie Wasserstoff am besten gespeichert und transportiert werden kann.
Jetzt vormerken: Auf dem Deutschen Ingenieurtag 2023 geht es unter anderem auch um den Einsatz von Wasserstoff
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