Wie sich die Akkuleistung ganz einfach um 50 % erhöhen lässt
Mit Hilfe von maschinellem Lernen konnten Forschende aus Stanford zeigen, dass sich die Akkuleistung mit einer verblüffend einfachen Methode deutlich steigern lässt.
Die erste Ladung eines Lithium-Ionen-Akkus spielt eine wichtige Rolle für ihre spätere Leistung und Lebensdauer. Ein Forschungsteam des SLAC-Stanford Battery Center hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass eine erste Ladung mit hohen Strömen die Lebensdauer der Batterie um 50 % erhöhen kann. Das Laden mit hohen Strömen verkürzt auch die Erstladezeit von 10 Stunden auf nur 20 Minuten.
Die Studie wurde unter der Leitung von Professor Will Chueh von der Stanford University in Zusammenarbeit mit Forschenden des Toyota Research Institute (TRI), des Massachusetts Institute of Technology und der University of Washington durchgeführt. Das Projekt ist Teil der SLAC-Nachhaltigkeitsforschung und eines umfassenderen Projekts zur Neugestaltung unserer Energiezukunft, bei dem die einzigartigen Instrumente und Fachkenntnisse des Labors sowie Partnerschaften mit der Industrie genutzt werden.
Schnellladen statt Zeitverlust
Üblicherweise laden Batteriehersteller neue Batterien beim ersten Mal mit niedrigen Strömen, um die Bildung einer robusten Schutzschicht zu fördern, die als Festelektrolyt-Interphase (SEI) bezeichnet wird. Diese Schicht schützt die negative Elektrode der Batterie vor schädlichen Reaktionen, die langfristig die Kapazität beeinträchtigen könnten. Dieses Verfahren ist jedoch nicht immer optimal. Niedrige Ladegeschwindigkeiten sind zeitaufwändig und führen nicht unbedingt zu den besten Ergebnissen.
Die neue Studie zeigt, dass höhere Ströme beim ersten Ladevorgang die Lebensdauer der Batterie deutlich erhöhen können. Dies widerspricht der bisherigen Annahme, dass langsames Laden schonender für die Batterie ist. Hohe Ströme sorgen dafür, dass sich die SEI-Schicht schneller und effizienter bildet, was den gesamten Prozess der Batterieproduktion beschleunigt.
„Diese Studie ist für uns sehr aufregend“, sagte Steven Torrisi, ein leitender Wissenschaftler am TRI. „Die Herstellung von Batterien ist extrem kapital-, energie- und zeitintensiv. Es dauert lange, bis die Herstellung einer neuen Batterie in Gang kommt, und es ist wirklich schwierig, den Herstellungsprozess zu optimieren, weil so viele Faktoren eine Rolle spielen.“
Maschinelles Lernen optimiert den Ladeprozess
Um den idealen Ladeprozess zu entwickeln, braucht es mehr als nur Vermutungen. Forschende des SLAC-Stanford Battery Center haben mit Hilfe von maschinellem Lernen herausgefunden, welche Faktoren für die Batteriebildung entscheidend sind. Überraschenderweise stellten sie fest, dass neben dem Ladestrom vor allem die Temperatur eine Schlüsselrolle spielt.
Diese beiden Parameter haben einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der ersten Ladezyklen und damit auf die gesamte Lebensdauer der Batterie. Dank dieser neuen Erkenntnisse kann der Herstellungsprozess von Batterien optimiert werden, was nicht nur Zeit, sondern auch Kosten spart. Die Studie zeigt, dass es möglich ist, Batterien schneller und gleichzeitig effizienter zu produzieren, ohne deren Leistung zu beeinträchtigen.
Richtige Einstellung der Festelektrolyt-Interphase (SEI)
Ein wichtiger Punkt bei der Batterieoptimierung ist die so genannte Festelektrolyt-Interphase (SEI). Diese Schicht bildet sich während des ersten Ladezyklus auf der Oberfläche der negativen Elektrode und schützt diese vor schädlichen chemischen Reaktionen. Interessanterweise führt die Verwendung hoher Ströme während des ersten Ladezyklus dazu, dass mehr Lithium in der SEI-Schicht gebunden wird. Dies scheint auf den ersten Blick ein Nachteil zu sein, erweist sich aber langfristig als Vorteil. Diese zusätzliche Schicht schützt die Elektrode besser und verlängert so die Lebensdauer der Batterie.
Ein anschaulicher Vergleich: Bei der ersten Ladung mehr Lithium zu entfernen, ist wie Wasser aus einem vollen Eimer zu schöpfen, bevor man ihn trägt. Dadurch wird der Eimer leichter und es schwappt weniger Wasser heraus. Ähnlich verhält es sich mit der Batterie – der zusätzliche Lithiumverlust während der ersten Ladung schafft Platz, der die spätere Leistungsfähigkeit der Batterie erhöht.
Die richtige Einstellung der SEI ist so wichtig, dass die erste Ladung auch als Formationsladung bezeichnet wird. „Die Formation ist der letzte Schritt im Herstellungsprozess“, erklärt Xiao Cui, der leitende Forscher des Batterieinformatik-Teams in Chuehs Labor. „Wenn sie nicht gelingt, sind der gesamte Wert und die Mühe, die bis dahin in die Batterie investiert wurden, umsonst.“
Auswirkungen auf die Industrie
Die Ergebnisse der Studie haben nicht nur theoretischen Wert. Sie haben praktische Auswirkungen auf die Batterieherstellung für Elektrofahrzeuge, das Stromnetz und andere Technologien. Die Optimierung des Ladeprozesses kann nicht nur die Lebensdauer der Batterien verbessern, sondern auch die Produktionskosten senken. Durch die Verkürzung der Ladezeit und die Maximierung der Leistung wird der gesamte Herstellungsprozess effizienter und ressourcenschonender.
Batteriehersteller können von den neuen Erkenntnissen profitieren, indem sie ihre Produktionsprozesse anpassen und so leistungsfähigere und langlebigere Batterien herstellen. Gerade in einer Zeit, in der die Nachfrage nach Batterien für Elektrofahrzeuge und andere Anwendungen stetig steigt, sind solche Innovationen von unschätzbarem Wert.
Chueh erklärt: „Brute-Force-Optimierung durch Versuch und Irrtum ist Routine in der Fertigung – wie sollte die erste Ladung erfolgen und was ist die beste Kombination von Faktoren?“ Chueh weiter: „Hier wollten wir nicht nur das beste Rezept für die Herstellung einer guten Batterie finden, sondern auch verstehen, wie und warum sie funktioniert. Dieses Verständnis ist entscheidend, um die beste Balance zwischen Batterieleistung und Produktionseffizienz zu finden“.
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