Windkraftanlagen, die auf Deichen stehen
Obwohl sich Deiche als Standorte für Windkraftanlagen gewiss eignen, wird dort bisher keine Energie gewonnen. In den Niederlanden möchte Innogy nun testen, wie man Windanlagen auf Deichen errichten und instand halten kann, ohne deren Schutzfunktion zu beeinträchtigen.
Wer schon einmal im Herbst am Meer war, der weiß es mit Sicherheit: Nirgends sonst bläst der Wind so stark wie an der Küste. Das wollen sich der niederländische Wasserverband Noorderzijlvest und die Innogy Windpower Netherlands B.V., der niederländische Zweig der Erneuerbaren-Tochter des deutschen Energieversorgers RWE, nicht entgehen lassen. Kürzlich unterzeichneten sie eine Vereinbarung zum Start einer Pilotanlage.
Deiche waren bisher für Windkraftanlagen tabu
Die drei Windkraftanlagen, die auf dem Oostpolderdeich in nordöstlichen Eemshaven errichtet werden sollen, wären die ersten Anlagen auf einem Deich weltweit. Und auch die beiden Vertragspartner haben sechs Jahre benötigt, um zum heutigen Punkt zu gelangen. „Seit 2011 denken wir darüber nach, ob es möglich ist, Windkraftanlagen auf einem Deich zu errichten, ohne dessen Schutzfunktion zu beeinträchtigen“, berichtet Eisse Luitjens, Vorstandsmitglied von Noorderzijlvest, bei der Vertragsunterzeichnung.
Immerhin sollen Deiche die dahinterliegenden Ortschaften vor Hochwasser schützen. Im tiefgelegenen Oranje-Land ist das eine besonders gefragte Funktion, die keinesfalls beeinträchtigt werden darf von darauf arbeitenden Windkraftanlagen. Das ist die besondere Herausforderung, die Innogy nun zu meistern gedenkt.
Selbst Länge der Rotorblätter ist vorgegeben
Dafür stellt der Wasserverband dem Unternehmen den Oostpolderdeich als Testfläche zur Verfügung. Dort darf Innogy testen, wie Windkraftanlagen am besten auf Deichen zu erreichten sind und wie sie später instand gehalten werden können.
„Eine Herausforderung ist beispielsweise die begrenzte Fläche, die das Aufstellen eines Installationskrans nur schwer bis gar nicht ermöglicht“, lässt das Unternehmen auf Anfrage wissen. Außerdem dürften die Rotorblätter nicht über den Deich hinausragen, was wiederum die Turbinendimensionen beschränkt und die Anlagen weniger leistungsfähig macht.
Innerhalb von zwei Jahren sollen die drei Windkraftanlagen nun errichtet und in Betrieb genommen werden. Innogy plant bisher mit einer installierten Leistung von bis zu 10,5 Megawatt.
Parallel werden Windkraftanlagen ohne Flügel getestet
Eine Entwicklung aus dem niederrheinischen Moers könnte den Ingenieuren vielleicht helfen. Dort experimentiert die Firma Directtech mit einer Windanlage ohne sichtbare Rotoren. Stattdessen ist der Windtracker mit Kleinturbinen ausgestattet, die vertikal auf einem Mast angebracht sind. Die Windtracker sollen für die dezentrale Energieversorgung etwa am Straßenrand oder in Stadtgebieten genutzt werden, ein Ersatz für große Windparks sollen sie nicht sein.
Und auch das Start-up Vortex arbeitet an flügellosen Windkraftanlagen. Die Bladeless-Anlagen, von denen wir 2015 berichteten, ragen wie Baseballkeulen in den Himmel und sollten eine Kraft nutzen, die für rotierende Strömungen an aufrechten Strukturen verantwortlich ist: die sogenannte Wirbelstärke. Sie sollte die Anlagen in Vibration versetzen und so nach demselben Prinzip funktionieren wie herkömmliche Windkraftanlagen mit Flügeln auch. Noch arbeiten die Spanier an ihrem Prototyp. Einem Deich dürften die Schwingungen allerdings nicht zusagen.
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