Windräder produzieren schon nach einem Jahr mehr Energie als sie verbraucht haben
Große Offshore-Windkraftanlagen lohnen sich – jedenfalls ökologisch. Das ist das Ergebnis der detaillierten Ökobilanz, die Ingenieure für den Windpark „alpha ventus“ in der Nordsee aufgestellt haben. Schon nach einem Jahr Betrieb hat die Anlage mehr Energie erzeugt als für Aufbau und Wartung verbraucht.
Die Frage, ob es sich wirklich lohnt, Geld und Energie in die Windkraft zu stecken, beantworten Ingenieure der Bochumer Ruhr-Universität (RUB) mit der ersten Ökobilanz für einen Offshore-Windpark weltweit. Energieverbrauch und Schadstoffemissionen des Windparks stellten sie denjenigen aus dem derzeit üblichen Strommix von 16 Prozent Kernenergie, 23 Prozent regenerativen Energien und einem Rest aus Kohle- und Erdgas gegenüber.
Stahlverbrauch steht auf der Negativ-Seite
Ihre Analyse zeigt unter anderem, dass der größte Energiefresser der Windkraft die Produktion und Aufstellung der Anlage selbst ist. „Es hat sich gezeigt, dass die großen dicken Brummer, die die Ökobilanz bestimmen, die Stahlmengen sind, die in ‚alpha ventus‘ verbaut sind“, sagt Hermann-Josef Wagner von der RUB.
Eine Windkraftanlage im Meer wiegt 300 Tonnen; etwa 260 Tonnen davon sind Stahl – insgesamt also bestehen 87 Prozent einer Windkraftanlage mit Kabeln und Fundament aus Stahl. „Die Anlagen sitzen in 35 Meter tiefem Wasser in trichterförmigen oder turmförmigen Gerüsten, die wiederum mit mehreren Stahlrohren im Boden verankert sind“, so der Ingenieur.
Bei der Produktion der nötigen Stahlkomponenten wird Strom verbraucht, der in die Ökobilanz eingeht. Bei der Berechnung wird der verbrauchte Strom auch nach seiner Herkunft beurteilt. Außerdem schlugen auch Treibhausgase sowie Schadstoffe zu Buche – solche, die ein Überangebot an Nährstoffen in Boden und Gewässern bewirken, säurebildende Emissionen sowie Photooxidantien wie Ozon, die Smog erzeugen und schliesslich Stoffe, die die menschliche Gesundheit schädigen. Die Werte von „alpha ventus“ wurden mit denen für den deutschen Strommix verglichen. Bei allen Indikatoren ging „alpha ventus“ als Sieger hervor. Mit einer Ausnahme: „Die Humantoxizität war pro Kilowattstunde Windstrom größer als pro Kilowattstunde Strommix“, räumt Wagner ein.
„Wir haben erst einmal geglaubt, wir hätten uns verrechnet.“ Aber die Zahlen stimmten. Die Ursache: Der für Menschen schädliche Stoff entsteht bei der Produktion von Stahl, und davon beinhalten Windkraftanlagen bezogen auf die erzeugte Elektrizitätsmenge eben wesentlich mehr als ein kompaktes Kohlekraftwerk. Wagner : „Bei allen anderen Indikatoren sieht es für die Windkraft hervorragend aus.“ Außerdem sei die Menge des humantoxischen Schadstoffs zwar höher als beim Strommix, aber immer noch sehr klein in absoluten Zahlen.
Sechs große Bereiche hat die Ökobilanz von „alpha ventus“ insgesamt: die Windkraftanlagen selbst, die Fundamente, die Verkabelung innerhalb des Windparks, das Offshore-Umspannwerk, die Seekabel und das Umspannwerk an Land. In jedem Bereich wurden auch für die kleinsten Bestandteile Energieverbrauch und Schadstoffausstoss berechnet. „Wenn eine Windkraftanlage einen elektrischen Generator hat, müssen wir wissen, wie viel Eisen, Kupfer und sonstige Materialien dieser enthält, wie die Materialien veredelt sind, wie viel Energie es braucht, um die Materialien herzustellen und daraus einen Generator zu wickeln, und wie viel Emissionen dabei entstehen“, nennt Wagner ein Beispiel.
Das Ergebnis aller einzelnen Berechnungen der RUB-Ingenieure: Drei Viertel der Energie verbraucht die Windkraftanlage bei der Produktion und dem Aufbau. 20 Prozent der Energie werden während des laufenden Betriebs verbraucht – vor allem für Wartungsarbeiten. Der Abbau schließlich ist mit fünf Prozent die energieärmste Phase im Leben einer Windkraftanlage.
Sonnenenergie braucht länger für die energetische Amortisation
Mit einer energetischen Amortisation von einem Jahr ist die Windkraft schneller als die Sonnenenergie. Solarzellen haben erst nach rund drei Jahren soviel Energie erzeugt wie ihre Produktion verbraucht. Die Basis für die Solarzellen sind hauchdünne Siliziumscheiben. Ihre Herstellung verbraucht große Mengen Energie.
Finanzielle Aspekte gingen nicht in die Rechnung der Wissenschaftler ein. Wagner: „Das Ding mit der besten Ökobilanz kann wirtschaftlich eine Katastrophe sein.“
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