Winzige Kameras sollen Plasmastrahlung in Fusionsreaktor messen
Neu entwickelte Sensoren sollen Plasmastrahlung im Fusionsfeuer des Forschungsreaktors ITER messen. Die sogenannten Bolometer werden in der Wand des Plasmagefäßes installiert und müssen Temperaturen von mehreren hundert Grad standhalten. Ein wichtiger technologischer Schritt auf dem Weg zur unerschöpflichen Energie.
Auf dem Weg zu neuen Energiequellen soll der französische ITER-Testreaktor den technischen Beweis dafür liefern, dass Kernfusion möglich ist. Er funktioniert nach dem sogenannten Tokamak-Prinzip. Dabei verschmelzen beispielsweise die Wasserstoffisotope Deuterium und Tritium, auch bekannt als schwerer und überschwerer Wasserstoff. Das entstehende heiße Plasma ist in einem ringförmigen Raum aus Magnetfeldspulen eingeschlossen, der ein Abkühlen verhindert. Die Fusion ist extrem effizient: Sie erzeugt zehnmal so viel Energie wie sie verbraucht.
Forscher wollen erstes Plasma im Jahr 2020 erzeugen. Doch um dieses Ziel zu erreichen, muss es zunächst möglich werden, die Strahlungsleistung des Plasmas zu berechnen. Denn nur wenn sie bekannt ist, lässt sich das Plasma regeln und die gewünschte Betriebsweise einstellen. Forscher des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Garching bekamen deshalb den Auftrag, spezielle Kameras und ein Messverfahren zu entwickeln.
Die Forscher bauten winzige Kameras, sogenannte Bolometer. Basis sind Metallplättchen in der Größe einer Briefmarke. Sie absorbieren die Plasmastrahlung entlang einer engen Sichtlinie und erhitzen sich dabei. Unter jedem Plättchen befindet sich ein Leiter mit einem elektrischen Widerstand. Der ändert sich mit der Temperatur und misst so die Strahlungsleistung.
Ein zugehöriges Messverfahren aus Garching soll die vom ITER-Plasma abgegebene Wärme- und Lichtstrahlung im Infrarot- und Röntgenbereich analysieren. Gibt es genügend Bolometer, lassen sich Strahlungsintensitäten bestimmten Punkten im Plasma zuordnen. So erfährt man exakt, welche Stelle im Plasma welche Leistung ausgesandt hat.
Messungen im Fusionsfeuer des Forschungsreaktors ITER
Die Grundlage für die Bolometer haben die Forscher schon in anderen Projekten gelegt. Doch im Forschungsreaktor ITER sind die Voraussetzungen extremer. Wenn Forscher dort ein brennendes Fusionsfeuer erzeugen, müssen die Bolometer aufprallenden Fusionsneutronen standhalten. Dann wird sich zeigen, ob sie auch bei hohen Temperaturen von bis zu 450 Grad Celsius zuverlässig arbeiten.
Die Bolometer durchkreuzen verschiedene Querschnittsebenen des ITER-Plasmas mit 500 Sichtlinien und beobachten es so aus allen Winkeln. Die Absorber-Plättchen, die diese Strahlung auffangen, liegen tief in der Wand des Plasmagefäßes am Ende langer Kanäle, die von engen Blenden abgedeckt sind – je kleiner der Sichtwinkel ist, den der einzelne Detektor abtastet, desto genauer wird das Plasma abgebildet.
Roboterteststand in Garching prüft Streulicht und Reflexionen der Kameras
Um zu prüfen, wie genau das Messverfahren wirklich ist, haben Wissenschaftler in Garching bereits einen Roboterteststand aufgebaut und im Plasmagefäß der Garchinger Fusionsanlage ASDEX Upgrade geprüft. Dabei wurde ein Laserstrahl aus allen Richtungen auf den Eintrittsspalt eines Bolometers gerichtet. Die Messergebnisse halfen, den Blenden-Entwurf so zu verbessern, dass Streulicht und Reflexionen in der Kamera weitgehend unterdrückt werden.
In vier Jahren soll das Messverfahren des IPP in den ITER-Testreaktor integriert werden. In dieser Zeit wollen die Wissenschaftler noch vieles an Optik, Aufbau, Material und Elektronik optimieren. Das fördert die europäische ITER-Agentur Fusion for Energy mit 4,8 Millionen Euro.
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