Wirkungsgrad von Power-to-Gas ist konkurrenzfähig
Seit Oktober 2011 ist bei Prenzlau in Nord-Brandenburg das erste Hybridkraftwerk im Dauerbetrieb, das mit Windstrom Wasserstoff produzieren kann. Weitere großtechnische Versuchsanlagen befinden sich im Bau, könnte mit der Power-to-Gas-Technologie doch das Speicher- und Transportproblem der erneuerbaren Energien entschärft werden.
Für Gert Müller-Syring bietet das allein in den 25 EU-Staaten des Kontinents 1,8 Mio. km lange Gasnetz eine zuverlässige und langlebige Infrastruktur, um den gesamten Energiefluss aufzunehmen. Müller-Syring kennt sich aus: Er beschäftigt sich an der Leipziger DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH seit Jahren mit der Wasserstoffgewinnung und -einspeisung. Auf der Fachtagung „Erdgas Umwelt Zukunft“ hat er den Wirkungsgrad der Power-to-Gas-Technologie mit den Alternativen verglichen.
Wirkungsgrad von Power-to-Gas: Nicht perfekt, aber beachtlich
„Natürlich ist der Wirkungsgrad von Power-to-Gas nicht perfekt“, räumt Müller-Syring ein, „aber im Vergleich zu einer Nichtnutzung von überschüssigen Windstrommengen sind auch 60 % oder 55 % Wirkungsgrad beachtlich, die sich über die Hydrolyse oder Methanisierung des Wasserstoffs erzielen lassen.“
Wie hoch die Effizienz letztlich für welchen der beiden Energieträger ist, sei jedoch entscheidend vom Einsatzzweck abhängig. „Wir haben das durchgerechnet und können zusammenfassen, dass es keinen Königsweg zwischen Methan oder Wasserstoff gibt, dass es aber sinnvoll ist, den Windstrom für die Technik zu nutzen“, versichert Müller-Syring.
Um 2030 mit den bis dahin verfügbaren Anlagen für Windstrom 100 GWh überschüssigen Windstrom speichern zu können, wären 4,2 Mio. leere Autobatterien von Elektroautos nötig oder zwölf Pumpspeicherkraftwerke der 1000-MW-Klasse. Erstere gibt es heute überhaupt nicht, bei den Wasseranlagen erreichen nur vier knapp diese Größe.
Die Alternative wären rund 830 dezentral aufgestellte Elektrolyseure. Die Technologie ist in der Chemieindustrie seit vielen Jahrzehnten Praxis, jedoch wurde sie nicht intensiv weiterentwickelt. Besonders die erforderlichen kurzen Reaktionszeiten, die beim häufigen An- und Abschalten zu erwarten sind, müssen technologisch gelöst werden. Müller-Syring sieht auch beim Wirkungsgrad noch deutliche Reserven.
Power-to-Gas kann in puncto Wirkungsgrad mit anderen Speicher-Technologien mithalten
Nach den Berechnungen des DBI lassen sich heute mit Power-to-Gas bei Nutzung der Wasserstoffeinspeisung Wirkungsgrade von 69,9 % erreichen, die Verdichtung und ein 500 km langer Transport im Gasnetz eingerechnet. Die Elektrolyse mit den Nebenanlagen ist dabei allein für 23,7 % der Verluste verantwortlich, Trafo und Gleichrichter verursachen rund 5 %. Muss der Wasserstoff noch methanisiert werden, kommen hier noch einmal 14,2 % dazu.
Auch die Alternativen funktionieren nicht verlustfrei: Wenn der Strom aus Windkraft etwa im Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal „geparkt“ wird, beträgt der Wirkungsgrad 72,2 %, also kaum mehr als bei der H2-Variante. Hier sind insbesondere die Leitungsverluste (bei 380 kV und 500 km: 4,7 %) und der Wirkungsgrad des Pumpspeichers von maximal 80 % zu berücksichtigen.
Entscheidend ist auch die spätere Nutzung, von der abhängt, ob weitere Umwandlungen der Energie mit entsprechendem Verlustpotenzial zu beachten sind. Klar ist: Wenn der beigemischte Wasserstoff in einem Brennwertkessel zur Wärmegewinnung genutzt wird, bleibt der Wirkungsgrad bei stolzen 69 % und liegt fast gleichauf zur elektrisch betriebenen Heizung.
Anders sieht es allerdings aus, wird das Windgas in einer Gas- und Dampfturbinenanlage wieder verstromt, was ja der Speicheridee von Power-to-Gas am besten entspräche: Dann liegt der Wirkungsgrad nur noch bei 35,5 %. Ähnliche Werte erzielt auch die Nutzung in der Brennstoffzelle – etwa eines Pkw –, wie sie das Enertrag-Modellkraftwerk praktiziert. Hier stehen durch weitere Umwandlungsverluste nur 33,6 % der Ursprungsenergie zur Verfügung.
Für die Power-to-Gas-Technologie fehlen noch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
Jedoch, so Müller-Syring, muss bei all diesen Rechnungen die verfügbare Leitungskapazität mit betrachtet werden. Wird diese in die Betrachtung eingerechnet, sei Power-to-Gas durchaus heute bereits eine attraktive Alternative, für die allerdings die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch weitgehend fehlen.
Als weitgehend unproblematisch sieht der Gasexperte die Einspeisung von Wasserstoff in die Erdgasnetze an. Aus der Zeit, als das Synthese-Stadtgas mit seinem hohen Wasserstoffanteil üblich war – in den neuen Bundesländern bis Anfang der 90er-Jahre – gibt es ausreichend Erfahrungen und Daten. Danach verspröden Stahlbauteile erst ab einem Wasserstoffanteil von mehr als 50 %. Die etwas höhere Permeation von Wasserstoff durch Kunststoffrohre birgt keine Sicherheitsrisiken, hier gibt es zudem keine zusätzlichen Alterungserscheinungen. Ähnliches gilt für die große Mehrzahl der Brenner, die bis 50 % Wasserstoffanteil keine Probleme erwarten lassen.
Der Wissenschaftler sieht Bedarf, die Vorschriften für die Inspektionen von Leitungen mit einem höheren H2-Anteil neu zu fassen. Hingegen dürfen Erdgasfahrzeuge bislang nur mit einem H2-Anteil von maximal 2 % betrieben werden, auch bei Turbinen gibt es zumindest Forschungsbedarf. Unklar ist auch, wie sich die Erdgas-Porenspeicher ertüchtigen lassen. Sie gelten bislang als Haupthindernis für eine höhere Beimischung als die bisher erlaubten 5 % (Volumen).
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