Heißer Dampf für kühle Büros 12.07.2013, 12:00 Uhr

Solarkollektoren und Speicher sorgen für emissionsfreie Klimatisierung

Die weltweit erste Kältemaschine, die ihre Energie aus den Wärmestrahlen der Sonne bezieht, wird derzeit in Karlsruhe installiert.

An der Hochschule Karlsruhe entsteht derzeit die weltweit erste Kältemaschine, die ihre Energie aus den Wärmestrahlen der Sonne bezieht. Auf einem Gebäude der Hochschule werden Vakuumkollektoren installiert, durch die Wasser fließt.

An der Hochschule Karlsruhe entsteht derzeit die weltweit erste Kältemaschine, die ihre Energie aus den Wärmestrahlen der Sonne bezieht. Auf einem Gebäude der Hochschule werden Vakuumkollektoren installiert, durch die Wasser fließt.

Foto: Hochschule Karlsruhe/John Christ

Mit heißem Wasserdampf kühlen? Klingt paradox, ist aber schon seit mehr als 100 Jahren möglich. Dampfstrahlkälteanlage heißt eine der Maschinen, die so etwas kann. Den Dampf bezieht sie aus einem Kessel, der mit Erdgas, Abwärme oder, wie auf Kriegsschiffen zur Kühlung von Munition, mit Öl oder Kohle befeuert wird. Heute werden die robusten Kältemaschinen in vielen Industriebereichen genutzt.

An der Hochschule Karlsruhe (früher Fachhochschule/HsKA) entsteht derzeit die weltweit erste Anlage dieser Art, die mit Solarenergie betrieben wird. Sie bezieht ihren Dampf aus Vakuumkollektoren, durch die Wasser fließt. Die Sonne erhitzt es auf 140 Grad Celsius, sodass Dampf entsteht. Der wird in die Kältemaschine geleitet. Durch Veränderung des Querschnitts wird der Dampf auf mehr als Schallgeschwindigkeit beschleunigt. Eine weitere geometrische Veränderung verdichtet ihn, ehe er im Kondensator landet, in dem starker Unterdruck herrscht. Bei der Entspannung entsteht die gewünschte Kälte.

Mehrwert: An kühleren Tagen wird Kollektoren-Wärme zum Beheizen genutzt

Das Solarkollektorfeld mit einer Fläche von 400 Quadratmeter wird auf dem Dach eines HsKA-Gebäudes installiert. Die erzeugte Kälte kühlt die Büros und Laborräume. An kühleren Tagen wird die auch bei schwacher Sonneneinstrahlung in den Kollektoren entstehende Wärme zum Beheizen des Gebäudes genutzt.

Um strahlungsarme Zeiten zu überbrücken und überschüssige Wärme an milden Tagen nicht nutzlos verpuffen zu lassen installieren die Karlsruher zudem einen Latentwärmespeicher. Darin wird ein Medium wie Salz vom festen in den flüssigen Zustand befördert. Phasenumwandlung nennt das der Fachmann. Das Salz selbst wird dabei nur mäßig wärmer. Die Energie ist in Form von Schmelzwärme gespeichert. Sie wird wieder frei, wenn das Speichermedium erstarrt. Diese Energie lässt sich im Winter zum Heizen nutzen.

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Kälteüberschüsse, die die Maschine an heißen Tagen produziert, werden in einem weiteren Speicher abgepuffert. Er funktioniert nach demselben Prinzip wie der Latentwärmespeicher. Als Phasenwechselmaterial setzen die Karlsruher hier Paraffin ein. Die gesamte Anlage geht im Herbst in Betrieb.

Eine alte Vision wird Wirklichkeit

Michael Kauffeld, Professor an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik und Leiter des Projekts an der HsKA, hat bereits Erfahrung mit Dampfstrahlkälteanlagen. 1999 baute er mit seinem Team die erste Maschine dieser Art in einem dänischen Einkaufszentrum. „Schon damals hatten wir die Vision, diese Dampfstrahlkälteanlage mit Dampf aus Solarkollektoren anzutreiben.“ Gemeinsam mit seinen Partner, den Industrieunternehmen Ritter Energie- und Umwelttechnik und GEA Wiegand sowie Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik sei es gelungen, diese Vision Wirklichkeit werden zu lassen.

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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