40-Tonner von Daimler fährt mit Autopilot
So soll die Zukunft des Fernlastverkehrs aussehen: Der Brummi-Fahrer sitzt entspannt hinter dem Steuer und liest die Zeitung. Daimler stellt jetzt einen Prototypen vor, der mit dem „Highway Pilot“ dem Lkw-Fahrer die Arbeit abnimmt. Mit bis zu 85 km/h schnell ist der Truck selbstständig auf der Autobahn unterwegs.
Lkw-Fahrer, die zwar hinterm Steuer sitzen, sich aber um alles andere kümmern als ihre Sinne konzentriert auf den Straßenverkehr zu richten, gibt es leider oft genug. Wenn es nach dem Autokonzern Daimler geht, soll der Anblick lesender, telefonierender oder entspannt essender Brummi-Fahrer in Zukunft völlig normal werden. Auf einem noch nicht eröffneten 5,6 Kilometer langen Teilabschnitt der Autobahn A 14 in der Nähe von Magdeburg hat Mercedes-Benz seinen Prototypen „Future Truck 2025“ getestet. Der 40-Tonner fährt mit dem Assistenzsystem „Highway Pilot“ bis zu 85 Kilometer pro Stunde völlig autonom, während der Fahrer sich entlastet und entspannt zurücklehnen kann.
Mit Radar und Kameras behält der „Highway Pilot“ den Überblick
Nachdem der Lkw-Fahrer sein Fahrzeug auf der rechten Autobahnspur eingefädelt hat, übernimmt das elektronische Assistenzsystem „Highway Pilot“ auf Knopfdruck die Führung. Wenn die Strecke frei ist, hält es selbstständig Spur und Tempo. Dafür verfügt das Assistenzsystem über mehrere Radarsensoren, dreidimensionale Karten, eine Kamera und Datenaustausch.
Im seitlichen Radar wird alles erfasst, was im Winkel von 170 Grad und im Bereich von 60 Metern liegt. Weitere Radarsensoren „sehen“ in den Bereich, der vor dem Lastwagen liegt, einmal im Winkel von 130 Grad und 70 Metern und einmal im Winkel von 18 Grad und 250 Metern. Hinzu kommt eine Stereokamera, die alles erfasst, was bis zu 100 Metern im Winkel von 45 Grad auf der Straße zu sehen ist.
So passt das System die Geschwindigkeit des Schwerlasters an und weicht zum Beispiel auch liegen gebliebenen Fahrzeugen aus. Per WLAN kann der „Highway Pilot“ im Umkreis von 500 Metern mit anderen Trucks kommunizieren, denn im besten Falle sollen zukünftig mehrere Fahrzeuge als Kolonne hintereinander fahren, sicher und gleichmäßig.
Das soll auch Einsparungen bringen: Durch den optimalen Abstand innerhalb der Kolonne sinkt der Luftwiderstand der hinteren Fahrzeuge und damit ihr Spritverbrauch. Daimler erwartet außerdem weniger Staus und ein geringeres Unfallrisiko durch autonomes Fahren.
Vollständig ersetzen kann das System den Fahrer allerdings nicht. Ein Nickerchen hinterm Steuer ist auch mit dem „Highway Pilot“ nicht drin. Falls ein langsameres Fahrzeug vorausfährt und deshalb ein Überholmanöver ansteht, muss der Fahrer eingreifen. Auch in Baustellensituationen ist menschliches Handeln gefragt, denn die Fahrbahnmarkierungen sind dort oft nicht eindeutig.
Autobranche muss gemeinsame Software-Schnittstellen erarbeiten
Bis 2025 soll der „Highway Pilot“ serienreif sein, so Wolfgang Bernhard, der im Daimler-Vorstand für Lkw und Busse zuständig ist. „Im Mittelpunkt steht die Vernetzung des Lkw mit seiner gesamten Umwelt. Vom Fahrer und Spediteur bis hin zur Infrastruktur und anderen Verkehrsteilnehmern.“ Allerdings müssten auch die Rahmenbedingungen stimmen, meint der Daimler-Vorstand. Dazu gehört, dass sich die Autobranche auf gemeinsame Standards für die Software-Schnittstellen einigt.
Der Gesetzgeber hat im Hinblick auf das autonome Fahren erst kürzlich einen wichtigen Schritt getan und das „Wiener Übereinkommen für den Straßenverkehr“ ergänzt. Die Konvention von 1968 schreibt vor, dass jedes in Bewegung befindliche Fahrzeug einen Fahrer haben und dieser das Fahrzeug beherrschen muss. Im Mai 2014 haben die Vereinten Nationen das Abkommen überarbeitet. Jetzt sind auch Systeme zulässig, „wenn sie jederzeit vom Fahrer gestoppt werden können“. Andere Fragen wie die Haftung bei Unfällen müssen noch geklärt werden.
Ein Beitrag von: