6G kommt – Bosch leitet das Forschungsprojekt
Ein Konsortium hat damit begonnen, die Grundlagen für den künftigen 6G-Standard zu entwickeln. Kommunikationssysteme aus dem Bereich des autonomen Fahrens sind dabei ein wichtiger Schlüssel. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung stellt für das Projekt zehn Millionen Euro bereit.
Digitalisierung der Stromnetze, Internet der Dinge (Internet of Things, IoT), Smart Home, Industrie 4.0, autonomes Fahren und eine vernetzte Verkehrsinfrastruktur, Streaming-Dienste – die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Die Digitalisierung bestimmt immer mehr unser Leben, und ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Wie groß beispielsweise das Potenzial künstlicher Intelligenz (KI) für die Industrie 4.0 ist, lässt sich heute noch gar nicht absehen. Aber klar ist, dass ein hervorragendes Mobilfunknetz die Grundlage ist, wenn diese Entwicklungen in der Praxis funktionieren sollen. Ein Konsortium unter der Leitung von Bosch will dafür die Grundlagen schaffen. Wichtige Ansätze stammen aus dem Feld des autonomen Fahrens.
Bosch Tech Compass 2023: In diese Technologien vertraut die Welt
Technologie des autonomen Fahrens für 6G nutzen
Der Clou beim autonomen Fahren ist die Fähigkeit der Fahrzeuge, miteinander und mit ihrer Umgebung zu kommunizieren. Denn es reicht nicht, dass Sensoren in der Karosserie unter anderem Hindernisse erkennen und die eigene Geschwindigkeit messen. Die besonderen Vorzüge – hohe Sicherheit und ein besser fließender Verkehr – werden nur durch einen intensiven Datenaustausch möglich. Informationen über rote Ampeln, Staus und sich nähernde Fahrzeuge können so für die Routenplanung jedes einzelnen Autos verwendet werden.
Die Informationen werden unter anderem über verschiedene Sensoren erhoben, etwa über Radare. Interessant ist dabei, dass Kommunikations- und Sensorsysteme in den Fahrzeugen in der Regel unabhängig voneinander laufen. Und das, obwohl sie beispielsweise bei der Signalverarbeitung oder der Systemarchitektur viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Genau das wollen die Teilnehmenden des Projekts 6G-ICAS4Mobility ändern.
Kopplung der Systeme soll zu mehr Effizienz führen
Unterm Strich geht es also darum, die Kommunikations- und Radarsysteme in den Fahrzeugen enger miteinander zu verzahnen und schließlich in ein gemeinsames 6G-System zu integrieren. Für Fachleute kommt diese Idee nicht überraschend. Der Ansatz nennt sich offiziell Integrated Communication and Sensing (ICAS), also integrierte Kommunikation und Sensortechnik. 6G-ICAS4Mobility soll einerseits zeigen, dass diese Technologie in der Praxis leistungsfähig ist, um sie andererseits als Baustein für einen künftigen Mobilfunkstandard weiterzuentwickeln.
„ICAS gilt als eine Schlüsseltechnologie für künftige 6G-Systeme und wird ganz neue Möglichkeiten eröffnen, die weit über das Potenzial aktuell genutzter Funktechnologien hinausgehen“, ist Andreas Müller überzeugt, Initiator von 6G-ICAS4Mobility und Projektleiter für die 6G-Aktivitäten von Bosch. „Durch eine gemeinsame Nutzung des Funkspektrums, der Hardware und der Signalverarbeitung können alle Systeme insgesamt wesentlich effizienter bei deutlich niedrigeren Kosten und geringerem Energieverbrauch realisiert werden.“
Kommunikation ohne Mobilfunknetz könnte 6G bereichern
Was heißt das konkret? Das lässt sich gut an einem Beispiel zeigen, dem sogenannten Sidelink. Er beschreibt die direkte Kommunikation zwischen zwei Fahrzeugen. Sein wesentliches Merkmal ist seine Unabhängigkeit von der bestehenden Mobilfunkinfrastruktur. Anders gesagt: Selbst bei einem schlechten Funknetz ermöglicht ein Sidelink sicheres autonomes Fahren.
Continental macht E-Autos sicherer – mit neuen Batterie-Sensoren
Zukünftig sollen die Sensordaten verschiedener mobiler Endgeräte – wozu auch Fahrzeuge zählen – über den 6G Mobilfunk in Echtzeit eingesammelt werden, um ein genaueres Abbild der Umgebung zu erstellen. Gleichzeitig sollen Radarfunktionen auch direkt in Kommunikationsmodule integriert werden, was zu Kosteneinsparungen und einer effizienteren Nutzung der knappen Funkressourcen führt. Dieses Prinzip lässt sich nach Ansicht der Experten und Expertinnen auf andere Bereiche übertragen, etwa auf die Abstimmung vernetzter Drohnen oder auf die Industrie 4.0. Ein Beispiel wären hier fahrerlose Transportsysteme.
Technologieführerschaft wird kaum möglich sein ohne 6G
Bosch leitet das Konsortium aus Hochschulen, Automobilzulieferern, Kommunikations- und Radarspezialisten sowie Drohnenanbietern. Die gemeinsame Anstrengung soll innerhalb von drei Jahren zu einem Konzept für den künftigen 6G-Standard führen.
Unter anderem mit dem Projekt 6G-ICAS4Mobility nehmen die deutschen Ingenieure und Ingenieurinnen an dem wichtigen Wettlauf um die 6G-Entwicklung teil, für den es derzeit auf der ganzen Welt riesige Investitionsprogramme gibt. Allein die deutsche Bundesregierung fördert entsprechende Aktivitäten bis 2025 mit rund 700 Millionen Euro, für 6G-ICAS4Mobility übernimmt sie mit einer Fördersumme von rund zehn Millionen Euro etwa 70% der Kosten. Experten und Expertinnen sind sich einig, dass ein funktionierender 6G-Standard für viele technologische Innovationen unverzichtbar sein wird.
Das sind die Mitglieder des Konsortiums
- Robert Bosch GmbH
- Fraunhofer Heinrich Hertz Institut
- IMST GmbH
- NXP Semiconductors Germany GmbH
- Universität Ulm
- FAU Erlangen-Nürnberg
- TU Kaiserslautern
- TU Ilmenau
- Missing Link Electronics GmbH
- CiS GmbH
- AeroDCS GmbH
- Barkhausen Institut gGmbh
- Hensold Sensors GmbH
- Merantix Momentum (Merantix Labs GmbH)
- Denso Automotive Deutschland GmbH
Mehr Beiträge zum Thema Mobilfunk:
Ein Beitrag von: