Chipfertigung wird zum Job für wenige Spezialisten
Die Hersteller von Fertigungsanlagen für die Chipindustrie wittern Morgenluft. Bis zu 85 % der Kosten einer Chipfabrik entfallen auf ihre Produkte. Das allerdings können sich weltweit immer weniger Chiphersteller leisten.
„Foundry 2.0“: Mit dieser Formel umreißt Ajit Manocha die Probleme der von steigenden Kosten und raschem Technologiewechsel genervten Chipbranche. Und der CEO des mit 4,6 Mrd. $ Umsatz zweitgrößten Chipauftragsfertigers Globalfoundries skizziert gleich auch die Lösung: Kollaboration zwischen Entwicklern, Material- und Equipmentherstellern und Auftragsfertigern (Foundries) auf allen Stufen der Lieferkette. Ganz ähnlich dem Modell der Kooperation zwischen Globalfoundries und seinem Hauptkunden, dem Mikroprozessorentwickler und Intel-Herausforderer ARM.
Das soll die Zeit von der Konzeption eines Produkts bis zu dessen Volumenfertigung stark verkürzen. Nicht „Time-to-Market“, so Manocha, sondern „Time-to-Everything“ sei die neue Devise der Chipentwicklung.
Vor allem die Fertigungssysteme, Kernthema der jährlich im Juli in San Francisco in Sichtweite des Silicon Valley stattfindenden Messe und Konferenz Semicon West, bereiten der eigentlich florierenden Branche zunehmend Sorgen. Besonders gilt dies beim aktuellen Übergang der Chipstrukturen von 28 nm auf 20 nm. Bei der 20-nm-Technologie, so Manocha, stellen die Fertigungsanlagen bereits 85 % der Kosten einer neuen Chipfabrik. Auch die Entwicklung der Fertigungsprozesse und der eigentlichen Chipsysteme wird laufend teurer.
Auch Intel und Samsung sind ins Geschäft als Auftragsfertiger eingestiegen
„Steigende Kapitalkosten erhöhen das Risiko einer Investition. Wie viele Chipfirmen können sich diese Art von Fabriken noch leisten?“ Weltweit ganze vier, wenn es nach Manocha geht: neben dem Marktführer Intel noch der Universalanbieter Samsung, die Auftragsfertiger TSMC und natürlich Globalfoundries – mit starken finanziellen Ressourcen aus Abu Dhabi. Interessanterweise sind auch Intel (mit seinem fortschrittlichen 22-nm-3-D-Trigate-Prozess allen Wettbewerbern weit voraus) und Samsung (mit bereits 4,4 Mrd. $ Foundry-Umsatz) in das Geschäft der Auftragsfertigung eingestiegen. Deren Kunden, die bei schrumpfenden Chipstrukturen nicht mehr mit eigenen Fabriken mithalten können, sind ein großes Zukunftspotenzial.
Also brauchen die Foundries ein neues Geschäftsmodell, sagt Manocha: das der „frühen und tiefen“ Kollaboration, um den breiten Fortgang der Halbleiterinnovation im Sinne des Moore’schen Gesetzes zu garantieren. Das Foundry-Zeitalter, so Manocha, sei bei mittleren Wachstumsraten von 37 % keineswegs vorbei. Im letzten Jahr belief sich das Foundry-Geschäft auf knapp 40 Mrd. $.
Insgesamt herrschte also auf der Semicon West 2013 ein optimistischer Ausblick auf 2014 „mit einer gesunden wirtschaftlichen Beschleunigung“, wie es David Christensen vom Marktforscher Gartner formuliert. „Die Halbleiterindustrie wird im zweiten und dritten Quartal 2014 ein starkes Wachstum erleben.“ Die Preise für Speicher, insbesondere für Nandflash, steigen und treiben den Markt. Laut Gartner wird der Chipmarkt schon in diesem Jahr 320 Mrd. $ erreichen – mehr als vorausgesagt.
Das lässt auch die Equipmenthersteller wieder Mut fassen, nach zwei Jahren mit negativen Bilanzen bei großen Anstrengungen zur Entwicklung neuer Anlagen für die großen 450-mm-Wafer und die EUV(Ex-
treme Ultra-Violet)-Lithografie für die äußerst feinen Chipstrukturen.
Nächstes Jahr, prognostiziert Semi, Weltverband der Equipment- und Materialzulieferer, werden deren Umsätze auf knapp 41 Mrd. $ anziehen. Das wäre eine deutliche Verbesserung um 21 % gegenüber 2013 – nach zwei Jahren des Rückgangs mit -2 % in 2013 und -21 % in 2012.
Größte Zuwächse in Europa und China
Interessant, wo die größten Zuwächse stattfinden sollen: Da liegt Europa mit 79 % (wenngleich mit niedriger Basis) nur knapp hinter dem mächtig aufholenden China mit 82 %. Die größten Ausgaben für neues Equipment werden allerdings in Taiwan, Korea und in den USA getätigt. Insofern keine große Verschiebung der Gewichte. Auch wenn Europa bis 2020 mit EU-Anschub mehr als 100 Mrd. € aufwenden will, um die Chipfertigung auf den alten Kontinent zurückzulocken.
Technologisch drehte sich die Diskussion nach wie vor um die hochauflösende EUV-Lithografie der Chips und deren neuesten Stand. Da reden die Europäer ein deutliches Wörtchen mit, dank dem Forschungszentrum Imec im belgischen Leuven und dem weltführenden Anbieter von Lithografiesystemen ASML im holländischen Veldhoven,
„EUV ist spät dran und bringt große technische Herausforderungen“, räumt Luc Van den Hove, CEO von Imec, ein. Er ist in Sachen EUV trotzdem positiv gestimmt und hat Ambitionen für eine eigene Pilotfertigung. Trotzdem wird über Alternativen nachgedacht, sollte EUV bis 2018 nicht funktionieren. Beim G450 Consortium an der University of Albany in New York wird neben der EUV-Anlage NXE:3300B von ASML auch ein System zur konventionellen Immersionslithografie mit 193 nm Wellenlänge vom Wettbewerber Nikon installiert. Und das Forschungsinstitut Leti im französischen Grenoble fokussiert auf die ebenso exotische Elektronenstrahllithografie – für alle Fälle.
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