Comfy: Hat Siemens die bessere Corona-App?
Bei Siemens kehren immer mehr Mitarbeiter an ihre Arbeitsplätze zurück. Digitale Lösungen sollen die sichere Rückkehr unterstützen. Ist die App sogar besser als die der Bundesregierung?
Gemeinsam mit Salesforce hat Siemens eine Corona-App entwickelt. Sie nennt sich “Comfy”. Ab sofort steht sie bis Herbst an 600 Standorten in 30 Ländern für 100.000 Mitarbeiter zur Verfügung.
„Viele Beschäftigte haben bei der Rückkehr wegen Corona Sorgen – ob ein Platz mit ausreichend Abstand für sie frei ist zum Beispiel oder der Tisch desinfiziert ist“, gab Rainer Haueis, Digitalexperte bei Siemens Smart Infrastructure, gegenüber dem Handelsblatt an.
Siemens habe sich die Frage gestellt, wie ein verantwortungsvoller Umgang in der Produktion, Logistik und in Büros gewährleistet werden kann. Die Technologie muss reibungslos funktionieren, aber auch den Datenschutz- und Arbeitnehmerrechte nicht verletzen.
Comfy gibt es schon seit zwei Jahren
Das Erstaunliche ist, dass es Comfy schon zwei Jahre gibt. Mit der Siemens-Anwendung konnten Beschäftigte in der Gebäudetechnikzentrale in Zug in der Schweiz Licht und Temperatur in Räumen steuern. Nun hat die App ein wichtiges Update erfahren: Nutzer können unter anderem ihre Anwesenheit melden und nachsehen, ob im Büro ein Platz für sie frei ist. Sind die Kapazitäten schon erschöpft, kann sich der Anwender auch entscheiden im Home-Office zu bleiben.
„Unsere Comfy-App unterstützt unser neues mobiles Arbeitsmodell, da die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser planen können, wann sie vor Ort im Büro arbeiten“, sagt Siemens-Vize Roland Busch.
Die Corona-Krise habe den Ausschlag gegeben, mobile Arbeitszeiten und Home-Office-Lösungen noch weiter auszubauen.
„Den Markt für das intelligent vernetzte Gebäude gab es schon vorher“, sagt Siemens-Manager Haueis. Durch intelligente Nutzung können Büroflächen eingespart und Energiekosten reduziert werden. Welche Möglichkeiten die Vernetzung in Gebäuden noch bietet, hören Sie auch in dieser Podcast-Folge von “Technik aufs Ohr”.
Digitale Lösungen haben durch die Pandemie eine weitere Aufwertung erfahren. Außerdem wächst der Druck auf das Management, den breitet sich das Coronavirus ungehemmt aus, droht der Stillstand wie die Fälle Tönnies und Webasto gezeigt haben. Aufgrund der neuen Infektionszahlen, ist die Gefahr noch lange nicht gebannt.
Mit der Siemens-App Räume kontaktlos buchen
Als Basis für die App dienen das System “Software Work.com” von Salesforce und Lösungen von Siemens. Comfy ist eine Tochter des Konzerns. Belegungen von Räumen können zum Beispiel mit Hilfe von Sensoren erfasst werden. Diese registrieren, wenn sich an einem Platz keine Menschen aufhalten. Dann wird auch das Licht ausgeschaltet.
Prinzipiell ist es auch möglich, Kontakt zurückzuverfolgen, wenn ein Mitarbeiter erfahren hat, dass er mit dem Coronaviurs infiziert ist. Hier ähnelt Conmfy der Corona-Warn-App der Bundesregierung. Allerdings ist die Anzeige der Kontakte bei der Siemens-App nur eine Option, so besagt es der Datenschutz.
Die Nutzung der App ist bei Siemens keine Pflicht. „Es ist eine Standardlösung auf freiwilliger Basis“, sagt Haueis. Damit Comfy seinen Zweck erfüllen kann, sollten aber mindestens 70 % der Beschäftigten die App downloaden. Auf Anfrage unserer Redaktion machte Siemens aber keine Angaben, ob dieses Ziel schon erreicht sei. „Siemens hat gerade erst mit der Einführung seiner Workplace-Experience-Lösung Comfy begonnen, insofern kann noch nicht mit Zahlen gedient werden“, heißt es seitens des Konzerns.
Kritik an Corona-Warn-App
An der offiziellen Corona-Warn-App wurde zuletzt deutliche Kritik laut. Die Corona-App ist zwar datenschutzfreundlich aufgebaut, dennoch bleiben Infizierte nicht immer anonym. Das liegt daran, dass viele positiv Getestete weiterhin eine Hotline anrufen müssen und Name und Rufnummer mitteilen. Diese werde dann schriftlich notiert, aber „spätestens nach 60 Minuten“ in einem Schredder nach DIN-Norm 66399 vernichtet, versichert ein Telekom-Sprecher gegenüber dem Spiegel.
Statt zum Hörer zu greifen, sollten getestete App-Nutzer ein pseudonymes und automatisiertes Verfahren mit QR-Codes anwenden. 112 Labore können diese Technik auch abdecken, das entspricht aber erst rund drei Viertel der Testeinrichtungen.
„Gerade jetzt, in Zeiten erneut steigender Infektionszahlen, ist die möglichst weitreichende digitale Anbindung der Testlabore essenziell“, äußerte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, Frank Sitta, kritisch.
Neben solchen Lösungen setzen andere Unternehmen auf die Erfassung der Temperatur von Mitarbeitern. Ob das zulässig ist, hat INGENIEUR.de mit dem Arbeitsrechtler Peter Wedde besprochen.
Lesen Sie auch:
Corona-Warn-App: Wie funktioniert Pepp-PT – und gibt es Risiken?
Ein Beitrag von: