Business-Software 07.12.2012, 20:10 Uhr

Datev-Software für alle Lebensbereiche

Jeder Steuerzahler, Arbeiter und Angestellte kommt indirekt mit Datev-Leistungen in Berührung: Sie sind bei Steuerberatern, Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern, aber auch bei deren Mandanten – meist mittelständischen Unternehmen – im Einsatz, wenn es um die kaufmännischen Belange geht. Die Datev-Software mit dem grünen Quadrat solle in diesem Bereich wie selbstverständlich dazugehören, findet Datev-Chef Dieter Kempf. Obwohl Oldtimer-Fahrer, schaut Kempf stets voraus und „hat das Ohr auf der Schiene“.

Dieter Kempf - Datev-Vorstandsvorsitzender

Dieter Kempf - Datev-Vorstandsvorsitzender

Foto: Datev

Bereits 1972 bei der Bundeswehr befasste sich Dieter Kempf mit der elektronischen Datenverarbeitung. „Die Bundeswehr wollte ihre Soldaten datentechnisch erfassen, und ich dachte mir, das sei eine sinnvolle Möglichkeit, meine Wehrzeit zu absolvieren.“ Die Tätigkeit erwies sich als ebenso abwechslungs- wie folgenreich, die Begeisterung fürs Programmieren und das Rechenzentrum als Datenmotor der Wirtschaft ist ihm bis heute anzumerken.

Seine IT-Kenntnisse waren auch in Nürnberg willkommen. Während seiner Zeit bei den Wirtschaftsprüfern von Ernst & Young begegnete Kempf dem Gründer und Vorstandsvorsitzenden der Datev-Genossenschaft Heinz Sebiger in einem Ausschuss der Bundessteuerberaterkammer. Schon wenig später, im Jahr 1990, erfolgte Sebigers Ruf nach Nürnberg zur Datev. Kempf trat 1991 als Vorstandsmitglied für die Produkt- und Softwareentwicklung bei Datev ein und wurde im Folgejahr stellvertretender Vorstandsvorsitzender mit Ressortverantwortung für das Rechenzentrum und die nachgeordnete Logistik wie den Druck und den Versand.

Allerdings steckten die kommerziellen Rechenzentren in den 90er-Jahren in einer Krise. „Solche Rechenzentren haben in Deutschland kaum überlebt“, erklärt Kempf. „Die Datev betreibt eines der wenigen noch heute profitablen Rechenzentren aus dieser Zeit.“

Um zu erklären, aus welchen Gründen die Datev nach SAP (Nr. 1) und der Software AG (Nr. 2) die Nummer drei der Softwareunternehmen mit Hauptsitz in Deutschland geworden ist, muss der Honorarprofessor für Betriebswirtschaftslehre etwas weiter ausholen. „Eines ist an der Datev ganz wichtig: die Rechts- beziehungsweise Wirtschaftsform der Genossenschaft“, betont Kempf. „Bei einer Genossenschaft ist der Zweck des Unternehmens die Förderung der Mitglieder, nicht die Förderung des Unternehmens selbst, also nicht die Gewinnerzielung oder -maximierung. Die wesentliche Aufgabe eines genossenschaftlichen Zusammenschlusses ist die Erhöhung der Wohlfahrt der Mitglieder.“ Die Datev-Mitglieder sind alle Angehörige der steuerberatenden Berufe, also Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte. „Sie sehen Themenstellungen deutlich langfristiger, als das etwa ein Kapitalmarkt sehen würde.“

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Diese Haltung eröffne die Möglichkeit einer nachhaltigen und strategischen Unternehmensführung, unterstreicht Kempf: „Sie müssen Mitglieder für strategische Ideen, vor allen Dingen für strategische Veränderungen viel früher und intensiver einbeziehen und viel früher überzeugen. Sie müssen Vertrauen mühsam erwerben und bewahren.“

Die Säulen der Datev

Die deutlich langfristiger orientierte Unternehmenspolitik einer Genossenschaft stellt laut Kempf einen der Hauptfaktoren für den Erfolg der Datev dar. Ein zweiter Faktor sei die unbedingte Orientierung auf einen fest umrissenen Kundenkreis, nämlich die drei Segmente des steuerberatenden Berufs. „Dies in Kombination hebt uns von anderen Unternehmen ab – und über die Jahre hinweg war dies immer ein Erfolgsfaktor“, ist sich Kempf sicher.

Ihr Geld verdient die Datev mit Software und Dienstleistungen. Doch für deren Ausgestaltung gebe es drei wichtige Anforderungen. Die erste ist der Gesetzgeber. Vieles dessen, wozu sich die Dienstleistungen und Softwareangebote der Datev eignen, dient dem Erfüllen gesetzlicher Erfordernisse. „Das heißt, man muss früh das Ohr auf der Schiene haben, um mitzubekommen, was sowohl in Europa als auch in Deutschland passiert, insbesondere im vorlegislatorischen Raum“, erklärt Kempf. Gemeinsam mit Berufsorganisationen und Verbänden wie dem Branchenverband Bitkom, dessen Präsident er seit 2011 ist, nimmt Kempf Einfluss auf diesen „vorlegislatorischen Raum“.

Der zweite große Faktor ist die Technologie. In der Reaktion auf technische Veränderungen und Angebote unterscheidet sich die Datev indes nicht von anderen Unternehmen. Die dritte Säule des Erfolgs ist die „noch genauere Kenntnis der Erwartungshaltung des Marktes“. „Bei uns ist dieser Druck etwas stärker, weil Mitglied und Kunde eine Einheit bilden“, berichtet der Träger des Bundesverdienstkreuzes. „Das verstärkt den Unterschied gegenüber anderen Unternehmensformen – durch die Mitglieder kennen wir den Markt, sind ihm intensiv verbunden und in ihm verankert.“

Cloud-Computing bei Datev

Die Datev stellt ihre Software sowohl im Haus des Kunden als auch online, im eigenen Rechenzentrum, zur Verfügung und ermöglicht zusätzlich sicheren mobilen Zugriff darauf. „Wir gelten ja vielfach als einer der Cloud-Computing-Pioniere in Deutschland“, freut sich Kempf, nicht ohne sofort zu relativieren: „Ich würde es gerne an mancher Stelle durchaus differenzierter sehen, denn ein Rechenzentrumsangebot des Jahres 1980 ist nicht unbedingt ein Cloud-Computing-Angebot des Jahres 2012. Aber natürlich haben wir uns über unsere umfangreiche Erfahrung als Rechenzentrums-Dienstleistungsanbieter schon ein gehöriges Stück Know-how angeeignet.“

Damit die Leistungen jederzeit zuverlässig erbracht werden können, betreibt die Datev insgesamt rund 6500 Server an mittlerweile vier Standorten im Großraum Nürnberg mit insgesamt 4500 m2 Fläche. Um den reibungslosen Betrieb der Kernaufgaben kümmern sich gut 120 Mitarbeiter.

Ein zentraler Aspekt ist dabei aber immer die Datensicherheit. Deshalb kämen für Datev ausschließlich Trusted-Cloud-Konzepte in Betracht. Das ist ein weiteres Spezifikum der Datev-Kernkundschaft, das aus Kempfs Sicht „enorm dafür mitverantwortlich ist, dass wir in Deutschland als das eine Unternehmen gelten, dessen Lösungen in hohem Maße Datensicherheit und Datenschutzproblematik reflektieren. Einfach auch, weil unsere Kunden aufgrund ihrer berufsrechtlichen Einbindung und aufgrund der Erwartungshaltung ihrer Mandanten dies in hohem Maße auch realisieren müssen.“ Sprich: Jeder Mandant eines Steuerberaters drängt schon aus Eigeninteresse darauf, dass niemand anderes als Befugte seine Daten einsehen können.

Auch Sicherheit ist letzten Endes ein Erfolgsfaktor der Datev. „Wir hatten immer den Vorteil, einem Kundenkreis gegenüberzustehen, der anders als andere Kundenkreise schon immer bereit war, für dieses Mehr an Datensicherheit und Datenschutz etwas mehr zu bezahlen“, resümiert Kempf. „Diesbezüglich hatten wir schon immer, auch aufgrund unserer Größe, eine günstigere Position, um höhere Level von Datenschutz und Datensicherheit anbieten und sicherstellen zu können als andere Anbieter.“ Aber dies kann heutzutage auch ein Risiko darstellen: „Vielleicht wird die Datev dadurch zu einem sichtbareren Ziel für Angreifer, aber durch präventive Maßnahmen kann sie sich deutlich besser schützen als kleinere Unternehmen.“

Um die Sicherheit des Datenbestandes zu gewährleisten, sind im Datenschutzkonzept der Datev bauliche, personelle, organisatorische und technische Vorkehrungen getroffen. Das firmeninterne Netzwerk habe z. B. keine direkte Verbindung zum Internet, so dass Hacker und Datenspione auch auf dem digitalen Weg keine Chance hätten. „Wir forcieren den regelmäßigen Wechsel des Passworts bei unserem Kunden“, so Kempf. „Und wir forcieren den Virus-Scan bei unserem Kunden. Wenn er diesen nicht macht, startet der Scan auf seinem Gerät automatisch.“ Der Kundenkreis der Datev nehme dies in der Regel als zwingende Notwendigkeit hin.

Datev von Beginn an im Bitkom

Drei Themenbereiche gibt es, die dem Datev-Chef und Bitkom-Präsidenten Kempf am Herzen liegen. „Die Datev war von Beginn an im Bitkom, und es war mir schon immer wichtig, hier auch ein Stück weit in der Branchenpolitik mitzuwirken und mitzuarbeiten.“ Das betreffe nicht nur die Datensicherheit und den Datenschutz, sondern auch E-Government. Auch die Frage, wie man ein Rechenzentrum möglichst effizient betreibt, beschäftigt Kempf im Bitkom wie in der Datev: „Belüftungs- und Klimatechnik, Einhausung, Energiesparen im Rechenzentrum, Stichwort Green IT im Rechenzentrum – das alles ist nicht nur ein ökologischer, sondern ein mindestens ebenso elementarer ökonomischer Zwang. Denn Sie können in einem Rechenzentrum nahezu unbegrenzt Energiekosten produzieren, wenn Sie es falsch bauen und falsch strukturieren.“

Datev: Innovation

Die Datev geht mit der Zeit. Das heißt, dass sie ihre Services und Software auch auf mobilen Endgeräten zur Verfügung stellt. Eine Datev-App, die aktuelle News, Podcasts und Videos auf Smartphone und Tablet bringt, hat die Datev bereits seit zwei Jahren. Im kürzlich abgeschlossenen Relaunch wurde sie mit neuen Funktionen für registrierte Nutzer ergänzt. Dazu gehören beispielsweise Schnellberechnungen aus dem Bereich Wirtschaftsberatung, mit denen sich direkt über das Smartphone etwa die Gewinnschwelle für ein geschäftliches Vorhaben analysieren lässt oder ermittelt werden kann, ob Miete oder Kauf eines Gebäudes die wirtschaftlichere Alternative ist. Außerdem ermöglicht die Datev-App einen Vollzugriff auf die Steuer-, Rechts- und Wirtschaftsdatenbank LEXinform und auf Fachliteratur in Form von E-Books. Auch an die Datensicherheit auf mobilen Geräten haben die Nürnberger gedacht, so sorgt eine Sicherheitslösung für den geschützten Zugriff vom Mobilgerät aus auf Anwendungen und Daten aus dem Unternehmensnetz. Demnächst soll eine App auf den Markt kommen, mit der der Anwender einen sicheren mobilen Zugriff auf die Inhalte des Dokumentenmanagementsystems im Unternehmen erhält.

Datev: Ausblick

Anno 2016 feiert die Datev ihr fünfzigjähriges Bestehen. „Ich wünsche dem Unternehmen, dass es mindestens in gleicher Weise wie in der Vergangenheit vermag, sowohl Benutzererwartungen als auch technische Entwicklungen hinreichend frühzeitig zu antizipieren, um daraus marktgerechte Dienstleistungen zu machen“, wünscht sich der passionierte Motorradfahrer und Skiläufer.

Ein Beitrag von:

  • Michael Matzer

    Michael Matzer arbeitet als Journalist, Übersetzer, Rezensent und Buchautor. Big Data und Industry of Things zählen zu seinen Schwerpunkten.

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