Der „Like“-Button verrät viel über den Mensch dahinter
Sie sind weiß, männlich, schwul und höchstwahrscheinlich Alkoholiker. Solche doch recht privaten Aussagen extrahieren Forscher der britischen Cambridge-Universität einfach aus den vielen „Likes“, die Facebook-Nutzer verteilten.
Schon das Facebook-Motto lässt aufhorchen: „Facebook – Eine offene und vernetzte Welt.“ So ist es und zwar anders als es allen gefallen mag. Denn die Facebook-Welt ist offen wie ein Scheunentor für Informationen über ihre Nutzer, die sie vielleicht nicht wirklich gerne jedem Fremden mitteilen. Eine zentrale Möglichkeit der Teilnahme am sozialen Netzwerk Facebook ist der berühmte „Like“-Button, zu Deutsch der „Gefällt mir“-Button.
Die über eine Milliarde Nutzer von Facebook machen ausgiebig davon Gebrauch, ihren „Freunden“ im sozialen Netzwerk über den „Like“-Button mitzuteilen, welche Band sie mögen, welche Webseite cool ist, welcher Laden in der City wirklich empfehlenswert ist. Forscher der britischen Cambridge-Universität haben jetzt diese Klicks auf den „Like“-Button ausgewertet und können daraus erstaunlich treffsicher ein Profil der jeweiligen Persönlichkeit erstellen.
Trefferquoten von bis zu 95 Prozent
Sagenhafte 95 Prozent beträgt die Trefferquote bei der Hautfarbe, das Geschlecht finden die Briten zu 93 Prozent heraus. Die sexuelle Orientierung rangiert bei 88 Prozent, die politische Neigung bei 85 Prozent, die Religion bei 83 Prozent. Den Raucher enttarnen die Briten noch zu 73 Prozent, den Alkoholiker zu 70 Prozent. Einer der Forscher kommentiert die Ergebnisse very britisch: „Es ist so einfach, den „Like“-Knopf zu drücken“, so Forscher David Stillwell. „Es ist so verführerisch. Aber dir ist dabei nicht bewusst, dass all diese „Likes“ dir Jahre später auf die Füße fallen können.“
Basis der Studie sind die Daten von 58.466 Freiwilligen, die ihre Nutzerdaten zur Verfügung stellten. Jeder Nutzer hatte im Durchschnitt 170-mal den verführerischen Button angeklickt. Diese „Likes“ jagten die Forscher durch einen mathematischen Algorithmus, der auch für personifizierte Werbung Verwendung findet. Die Ergebnisse ihrer Vorhersagen überprüften die Forscher an Fragebögen, die die Teilnehmer der Studie ausgefüllt hatten. Zusätzlich griffen sie auch auf Informationen zurück, die die Probanden selbst in ihren Facebook-Profilen hinterlegt hatten. Dort geben Nutzer zum Beispiel an, ob sie eher an Männer oder an Frauen interessiert sind.
Informationen lassen sich ohne Wissen der Nutzer ausspähen
„Die Studie zeigt, wie wenige Daten von einem Menschen ausreichen, um automatisch und präzise eine Vielzahl persönlicher Informationen abzuschätzen“, schreiben die Forscher zusammenfassend im Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Science“ und warnen eindringlich vor einem Missbrauch solcher Analysen: „Es sind Situationen vorstellbar, in denen solche Vorhersagen, selbst wenn sie falsch sind, das Wohl eines Menschen gefährden, seine Freiheit oder gar sein Leben.“ In jedem Fall ist es offenbar sehr einfach, aus all den „Likes“ sehr trennscharfe Persönlichkeitsprofile zu generieren. Und das ist auch möglich, ohne das Einverständnis der Facebook-Nutzer und sogar ohne, dass diese davon Wind bekommen.
Zum Teil eher Kaffeesatzleserei
Manche der Ergebnisse der Cambridge-Studie sind unter der Rubrik „Groteskes“ zu verbuchen. So fanden sie heraus, dass ein „Like“ für die US-Satiresendung „Colbert-Report“ auf eine hohe Intelligenz schließen lässt. „Likes“ bei der Motoradmarke Harley Davidson oder der Parfümeriekette „Sephora“ waren dagegen ein Hinweis auf wenig intellektuellen Tiefgang. Für diese Aussagen braucht ein nachdenklich veranlagter Mensch allerdings kein einziges „Like“. Insgesamt versagt die Auswertung der „Likes“ bei der Aussage zur Intelligenz nämlich kläglich. Eine Trefferquote von 39 Prozent liegt unterhalb der Genauigkeit von Kaffeesatzleserei.
Jeder kann die Treffsicherheit des Analysetools der britischen Forscher ausprobieren über die Internetseite „youarewhatyoulike.com“. Diese wertet auf Wunsch das persönliche Facebook-Konto aus. Dazu gestattet der Facebook-Nutzer der Internetseite den Zugriff auf sein Profil. In Sekundenschnelle liegt das Analyseergebnis vor. Optisch nett aufbereitet erscheinen dann Sprechblasen, verteilt rund um das eigene Profilbild. Dort erfährt man zum Beispiel, dass man „eher liberal und künstlerisch als konservativ und traditionell“ ist. Unter dem Punkt „Stabilität“ kann man lesen, ob man „eher ruhig und entspannt als stressanfällig“ ist. Wer nicht möchte, dass diese Analyseergebnisse für alle Facebook-Freunde sichtbar sind, der muss bei der Freigabe-Frage auf „nur ich“ umstellen. Dann postet die Seite die Ergebnisse nicht öffentlich auf Facebook.
Facebook will mit den Usern Geld verdienen
Letztlich ist die Studie von der Insel ein weiterer Hinweis darauf, dass Nutzer sozialer Netzwerke höllenhaft auf ihre privaten Daten achten müssen. Es liegt im System der Netzwerke begründet, dass Informationen veröffentlicht werden. Auch hier hilft ein Blick auf das präzise ausformulierte Facebook-Motto: „Facebook ermöglicht es dir, mit den Menschen in deinem Leben in Verbindung zu treten und Inhalte mit diesen zu teilen.“ Mehr muss man nicht sagen, denn genau darum geht es bei Facebook. Sich und sein Gesicht zu präsentieren.
So liegt es nahe, ständig zu „Liken“, was gefällt. Doch bleibt es eine schöne Illusion, dass der Facebook-Nutzer das alles nur mit seinen Freunden teilt. Denn was öffentlich gezeigt wird, das wird auch genutzt. Und zwar auch von potentiellen Feinden, etwa von Strafverfolgungsbehörden oder von Kriminellen. Jeder Nutzer von Facebook muss sich täglich darüber Klarheit verschaffen, dass der Internetgigant mit der Persönlichkeit seiner Nutzer Geld verdient.
Jeder siebte Erdenbürger ist Mitglied bei Facebook
Facebbook ist gerade einmal neun Jahre alt und schon einer der globalen Player in den Weiten des Internets. Am 4. Februar 2004 veröffentlichte das Trio Mark Zuckerberg, Chris Hughes und Dustin Moskowitz die Facebook-Seite, die heute eine Gemeinde von mehr als einer Milliarde Menschen auf dem Planeten Erde ist. Damit ist jeder siebte Erdenbürger Teil von Facebook. Der Name Facebook bezieht sich auf die so genannten Facebooks, wörtlich „Gesichtsbuch“, das sind die Jahrbücher, die Studenten mancher US-amerikanischen Colleges zur Orientierung auf dem Campus erhalten. Die Facebooks enthalten Bilder der Kommilitonen.
Verbraucherschützer in Deutschland raten schon seit langem davon ab, Facebook zu nutzen. Der gerne bemühte Klassiker ist dabei das furchtbar peinliche Absturzbild von der wilden Abiparty, das der Personalchef beim Bewerbungsgespräch auf den Tisch legt. Dieser Klassiker mag bemüht sein, aber er beleuchtet ein großes Problem der sozialen Netzwerke. Das Internet vergisst nicht.
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