Internet-Datenverkehr 29.04.2013, 12:14 Uhr

Deutsche Telekom verteidigt ihre DSL-Drosselung

Ab Mai gibt es für Neu-Kunden der Deutschen Telekom kein unbegrenztes schnelles Surfen mehr. Wenn sie mehr als 75 Gigabyte an Datenvolumen verbrauchen, bekommen sie einen drastischen Deckel auf die DSL-Leitung. Der Deckel kommt aber erst 2016. Doch schon jetzt hagelt es heftige Kritik. 

Telekom-Chef René Obermann hat die geplanten Daten-Obergrenzen in einem offenen Brief an Wirtschaftsminsiter Rösler verteidigt. 

Telekom-Chef René Obermann hat die geplanten Daten-Obergrenzen in einem offenen Brief an Wirtschaftsminsiter Rösler verteidigt. 

Foto: dpa/Jochen Lübke

Die Telekom gibt sich locker – und setzt auf ein baldiges Ende der Protestwelle. „Ich denke, für richtige Entscheidungen sollte man schon einige Tage Medienaufregung aushalten können“, sagte Philipp Blank, Sprecher der Deutschen Telekom. Blank erklärte: „Auch ein Restaurantbesitzer wird sein ‚All you can eat‘-Anagebot überdenken müssen, wenn einige Kunden daraus ‚You can eat it all‘ machen. Fakt bei uns ist: Drei Prozent der Kunden verursachen mehr als 30 Prozent des Datenvolumens. Das bedeutet für die Kunden: Lieschen Müller subventioniert bisher den Heavy User.“

„Telekom werden Kunden in Scharen davonlaufen“

Bemerkenswert an dieser Debatte über Heavy User und Lieschen Müller ist, dass die  Konkurrenten der Telekom beteuern, nicht auf den fahrenden Zug aufspringen zu wollen. So sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (Breko), Stephan Albers, dem Nachrichtenmagazin Focus: „Unsere Mitgliedsunternehmen planen keine Datendrosselung.“ Der Breko-Chef erwartet, dass der Telekom „die Kunden in Scharen davonlaufen“ werden, wenn der Konzern weiter an diesem Tarif-Modell festhalte. In das gleiche Horn bläst die frühere EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, die aktuell EU-Kommissarin für die Digitale Agenda ist. „Millionen Menschen wollen ungedrosselten Zugang zum Internet haben, und sie müssen wissen, was sie bekommen und was sie nicht bekommen. Die Kunden sollten mit den Füßen abstimmen, wenn ihr Anbieter diesen Wunsch nicht erfüllt.“

Und die Kunden stimmen schon fleißig mit den Füßen ab. Bereits über 95.000 Menschen haben eine Petition des 18-jährigen Malte Götz aus Düsseldorf bei der Petitionsplattform change.org gegen die Abschaffung der Flatrate durch die Deutsche Telekom unterschrieben. Die Unterzeichner der Petition regt vor allem die drastische Drosselung bei Überschreitung des freien Datenvolumens von 75 Gigabyte (GB) auf nur noch 384 Kilobit pro Sekunde auf. Diese Geschwindigkeit erscheint in der Tat lächerlich: Ein Film in DVD-Qualität würde dann etwa 23 Stunden brauchen, bis er fertig aus dem Netz heruntergeladen ist. Daneben kritisieren sie, dass das Entertain-Angebot der Telekom von dieser Volumendrosselung ausgenommen werden soll. Sie halten diese Ausnahme für einen schweren Einschnitt in die Netzneutralität.

Telekom-Chef René Obermann wehrt sich gegen Kritik

Noch-Telekom-Chef René Obermann wehrt sich heftig gegen diese Kritik. Er antwortete jetzt in einem Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), der die Telekom vor möglichen Einschränkungen für Flatrate-Kunden gewarnt hatte. Wettbewerbsbehörden und auch die Regierung würden, so Rösler „die weitere Entwicklung in Bezug auf eine eventuell unterschiedliche Behandlung eigener und fremder Dienste unter dem Aspekt der Netzneutralität sehr sorgfältig verfolgen.“

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In der aktuellen Debatte würden, schimpft Obermann in seiner Antwort an Rösler, „Begriffe wie Netzneutralität und Sicherstellung von Wettbewerb dahingehend missbraucht, einen Flatrate-Anspruch auf unbegrenztes Datenvolumen im Internet zu zementieren“. Telekom-eigene Internetdienste wie Videoload oder die Telekom-Cloud würden sehr wohl auf die Datenmenge angerechnet. Entertain aber deshalb nicht, so Obermann an Rösler, weil Entertain kein typischer Internetdienst sei, „sondern eine von den deutschen Landesmedienanstalten durchregulierte separate Fernseh- und Medienplattform, für die unsere Kunden ein entsprechendes Zusatzentgelt bezahlen“.

Branchenverband Bitkom stellt sich hinter Obermann

Hinter den Vorstoß der Telekom stellt sich der Branchenverband Bitkom. Deren Hauptgeschäftsführer monierte den extrem harten Wettbewerb auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt mit immer weiter sinkenden Preisen. „Gleichzeitig wächst das Datenvolumen im Netz exponentiell – und eine sehr kleine Gruppe von Nutzern verursacht einen sehr großen Teil des Datenverkehrs“, sagte Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. –  Telekom-Chef Obermann ist einer von drei Vizepräsidenten des eingetragenen Vereins mit Sitz in Berlin.

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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