Drei Viertel der Deutschen haben Angst vor einem Cyberkrieg
Die Angst ist erschreckend sprunghaft gewachsen: 76 % der Menschen im Land haben Angst vor Cyberkriegen. 11 % gehen davon aus, dass diese sogar in einem bewaffneten Konflikt enden kann. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Noch 2020 hatten nur 57 Prozent Angst vor einer solchen Eskalation.
Unter Cyberkrieg versteht man zum Beispiel eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen Staaten, die mit Mitteln der Informationstechnologie im virtuellen Raum geführt wird. Dabei wird Ländern, Institutionen oder der Gesellschaft auf elektronischem Weg Schaden zugefügt. Dabei können wichtige Infrastrukturen zerstört oder blockiert werden. Auch ist es möglich, dass einzelne Einrichtungen, Behörden, Organisationen und Unternehmen lahmgelegt werden.
„Es ist längst kein Zukunftsszenario mehr, dass sich Staaten im Internet bekriegen. Staatlich gelenkte Hackerangriffe sind seit Jahren Realität“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. „Wenn staatliche Institutionen, Unternehmen und die kritische Infrastruktur unzureichend geschützt sind, drohen im Kriegsfall Engpässe in der Versorgung, Stromausfälle oder ein Ansturm auf Banken, um sich mit Bargeld einzudecken. Künftig entscheidet die Sicherheit im Cyberraum über die Sicherheit von Staaten.“
Eine Mehrheit der Befragten glaubt, dass es um die Verteidigung Deutschlands im Fall von Cyberangriffen nicht gut bestellt ist: 78 % denken, dass die Bundeswehr nicht ausreichend ausgestattet ist, um Deutschland im Cyberraum zu verteidigen. Auch hier ist die Sorge gewachsen: Im Jahr 2020 zweifelten 68 % den Fähigkeiten der Bundeswehr. Nur 16 % sind aktuell der Meinung, die Bundeswehr könne Deutschland im Cyberraum ausreichend verteidigen.
Dazu Bitkom-Präsident Achim Berg: „Die Bundeswehr ist eine unverzichtbare Stütze unserer nationalen und europäischen Verteidigungsarchitektur. Es bedarf ausreichend finanzieller, materieller und personeller Ressourcen, damit die Bundeswehr ihren Auftrag zum Schutz Deutschlands und seiner Partner auch im Cyberraum erfüllen kann. In einem sich rasant verändernden sicherheitspolitischen Umfeld ist die digitale Ausstattung und Kompetenz der Bundeswehr entscheidend für ihre Zukunftsfähigkeit – und für unsere Sicherheit.“ Ein höherer Digitalisierungsgrad und die dafür notwendige IT-Ausrüstung seien dabei kein Selbstzweck, so Berg. „Zusätzlich muss die digitale Transformation der Bundeswehr als Führungsaufgabe querschnittlich etabliert und agil gelebt werden. Hier braucht es substanzielle Fortschritte.“
Zudem brauche es dringend europäische Antworten, erklärte Berg: „Wie in der analogen Welt ist Deutschland auch im Cyberraum im Schulterschluss mit seinen Partnern besonders stark. Je mehr die EU zusammenwächst, desto gravierender werden auch Cyberangriffe auf europäische Institutionen. Diese gilt es mit dem Know-How aller Mitgliedstaaten gemeinsam bestmöglich zu schützen.“ Das sieht die Mehrheit der Befragten ähnlich und fordert eine europäische Antwort: 70 Prozent der Menschen im Land wollen, dass die Europäische Union eine gemeinsame Cyber-Armee aufbaut, um auf Bedrohungen aus dem Cyber-Raum zu reagieren. Im Vergleich zum Jahr 2020 ist die Zustimmung um drei Prozentpunkte gestiegen. Lediglich 23 Prozent der Befragten sprechen sich gegen eine EU-Lösung aus.
Sogenannte Hackbacks spalten die deutsche Bevölkerung indes. 51 Prozent sind der Meinung, Deutschland solle im Fall eines Cyberangriffs auf staatliche Einrichtungen und kritische Infrastrukturen durch staatlich gelenkte Hacker aus dem Ausland selbst aktiv mit Cyberattacken zurückschlagen. 40 Prozent lehnen eine solche Eskalation aber ab. Die neue Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag hingegen festgehalten, dass Hackbacks als Mittel der Cyberabwehr grundsätzlich nicht eingesetzt werden.
Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom im November 2021 durchgeführt hat. Dabei wurden 1.143 Personen in Deutschland ab 16 Jahren telefonisch befragt. Die Aussagen für „Ja, auf jeden Fall“ und „Eher ja“ sowie „Eher nein“ und „Nein, auf keinen Fall“ wurden zusammengefasst.
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