Krypto-News 16.09.2022, 09:56 Uhr

Ethereum: The Merge ist geschafft – doch der ETH-Kurs schwächelt. Wie geht es weiter?

The Merge ist geschafft – doch wie geht es für Ethereum weiter? Der Kurs schwächelt, die Anleger sind enttäuscht. Die Experten sind hingegen begeistert.

Ethereum

The Merge ist geschafft, doch wie geht es für Ethereum weiter?

Foto:Panthermedia.net/bizoo_n

Ethereum hat mit „The Merge“ vor wenigen Stunden ein seit Jahren herbeigesehntes Upgrade erhalten. Die Ethereum-Community zeigt sich zwar begeistert über den geglückten Umstieg – der ETH-Kurs enttäuscht allerdings, stürzt aktuell ab. Wie geht es für Ethereum weiter?

Ethereum nach The Merge: Kurs schwach, Anleger enttäuscht

Nach wochenlangem Bangen und schlaflosen Nächten bei manchem Entwickler ist es endlich soweit: Ethereum (ETH), zweitwertvollste Kryptowährung nach Marktkapitalisierung, hat den seit Jahren in der Entwicklung befindlichen Übergang von Proof-of-Work (PoW) zu Proof-of-Stake (PoS) geschafft. Damit einher geht eine grundsätzliche Änderung in der Art und Weise, wie das Netzwerk Transaktionen bearbeitet. Sprich: „The Merge“, so der Name des Upgrades, läutet eine neue Ära für Ethereum ein.

Gründer Vitalik Buterin wirkt erleichtert: „Happy Merge für alle. Dies ist ein großer Moment für das Ethereum-Ökosystem. Jeder, der dazu beigetragen hat, dass der Merge zustande kam, sollte heute sehr stolz sein“, so der russisch-kanadische Programmierer an seine mehr als 4,3 Millionen Follower auf Twitter. Und: „Ich kann nicht genug über all die Entwickler, Forscher, Koordinatoren und andere sagen, die dies alles möglich gemacht haben.“ Es sei eine „absolut unglaubliche Leistung“, eine weltweit genutzte Blockchain auf Proof-of-Stake umzustellen, ohne dass die meisten Anwender es bemerken oder etwas tun müssten.

And we finalized! Happy merge all. This is a big moment for the Ethereum ecosystem. Everyone who helped make the merge happen should feel very proud today.
— vitalik.eth (@VitalikButerin) September 15, 2022

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Tatsächlich lief „The Merge“ völlig reibungslos ab: Keine Bugs, keine Komplikationen – allerdings ist auch der erhoffte Anstieg beim Kurs ausgeblieben. The Merge hatte sogar eine gegenteilige Wirkung auf den ETH-Preis: Direkt nach Inkrafttreten des Upgrades musste Ethereum einen leichten Rückgang hinnehmen, innerhalb der letzten 24 Stunden kam es zusätzlich zu Verlusten von mehr als 8% (Daten von Coinmarketcap.com). Keine andere Kryptowährung in der Top-50 korrigiert gegenwärtig so intensiv.

Wirklich verwunderlich ist das nicht: Ähnlich wie die Halbierungs-Events bei Bitcoin entfalten derartige Katalysatoren ihre Wirkung mit Verzögerung, Folgen für den Preis zeigen sich meist erst längerfristig. Anleger äußern sich dennoch enttäuscht. Der populäre Krypto-Kommentator Greg beispielsweise schreibt seinen mehr als 342.000 Twitter-Followern augenzwinkernd: „Hat der Merge nicht funktioniert oder warum ist Ethereum down? Ich dachte, wir sollten jetzt schon bei $10k sein.“

Did the merge not work or why is Ethereum down? I thought we were supposed to be to $10k by now.
— greg (@greg16676935420) September 15, 2022

Ethereum-Merge: Was Kritiker sagen

Doch Ethereum steht nicht nur aufgrund der enttäuschenden Preisaktion in der Kritik. Viele warnen auch vor den Nachteilen, die ein Proof-of-Stake-Modell mit sich bringt. Bitcoin-Enthusiast „CarlBMenger“ beispielsweise, benannt nach dem österreichischen Ökonomen, warnt: „In Ethereums neuem Proof-of-Stake-Protokoll ist Geld Macht. Glückwunsch, Sie haben gerade das Fiat-System neu erschaffen.“

Auch der Vorwurf der Zentralisierung wiegt schwer: Daten zufolge stammen zwei Drittel des gestakten Ethereums von nur sieben Entitäten. Samson Mow, bekennender Bitcoin-Maximalist und eines der bekanntesten Gesichter der Branche, hält mit seiner Meinung ebenfalls nicht vorm Berg, bezeichnet die Kryptowährung in ihrer heutigen Form als „Datenbank, die von einer Marketingfirma betrieben wird“. Nichtsdestotrotz – ungeachtet der Geldtheorie: The Merge ist eine technische Meisterleistung.

ETH fanboys watching the Merge with anticipation is funny. There can be no technical failures in Ethereum because Ethereum’s existence isn’t predicated on any technology – it already failed in 2016 with the DAO fork. What exists today is a database run by a marketing company.
— Samson Mow (@Excellion) September 15, 2022

Warum The Merge als technische Meisterleistung gilt

Mit The Merge wurde Ethereum im laufenden Betrieb von einem Proof-of-Work- auf einen Proof-of-Stake-Konsensmechanismus umgestellt. Das bedeutet: Ab sofort kümmern sich nicht mehr wie bei Bitcoin (BTC) Miner mit leistungsstarker Hardware um die Bestätigung der Transaktionen im Netzwerk. Das übernehmen jetzt vielmehr Personen und Institutionen, die mindestens 32 ETH (umgerechnet fast 48.000 Euro) im System eingefroren haben. Dieses „Einfrieren“ nennt sich Staking.

Als Belohnung erhalten die sogenannten Validatoren schließlich neues ETH. Kurzum: Der Konsensmechanismus ist elementarer Bestandteil einer jeden Kryptowährung – zu vergleichen mit Herz, Kreislauf oder Nervensystem. Er betrifft sämtliche Bereiche einer Blockchain. Und diesen Mechanismus im laufenden Betrieb umzustellen, ohne dass es zu Problemen kommt – das ist eine technische Meisterleistung.

Auch Ex-„Höhle der Löwen“-Juror und „European Serial Founder“ Frank Thelen ist voll des Lobes für den fehlerfreien Umstieg und gratuliert der Ethereum-Community auf Twitter. Allerdings sehe er auch Vorteile bei Bitcoin und dessen Proof-of-Work-Ansatz.

Gratulation & Respekt an die #Ethereum community: der Merge lief einwandfrei  Damit sparen wir jetzt 0,2 % der weltweiten Energie, bei hoffentlich gleicher Sicherheit. Sehe auch Vorteile beim #Bitcoin und POW-Ansatz und bin gespannt, wie sich beides entwickeln wird.
— Frank Thelen (@frank_thelen) September 15, 2022

Ethereum nach The Merge: Wie geht es jetzt weiter?

The Merge war ein heikles Unterfangen – ohne jeglichen Spielraum für Fehler, denn: Hunderttausende Anleger und Institutionen parken Kapital in diesem Netzwerk. Zig Milliarden Dollar sind im Ethereum-Ökosystem gebunden, beispielsweise in Form von NFTs, Coins oder dezentralen Apps (Dapps). Rund fünf Jahre waren die Entwickler damit beschäftigt, The Merge möglichst fehlerfrei zu gestalten. Deren Kapazitäten sind jetzt frei für andere Aspekte. Wie geht es für Ethereum also weiter?

Als Nächstes steht das „Shanghai“-Upgrade an. Das wird dringend benötigt, da es das neue Ethereum 2.0 mit kritischen Funktionen ausstattet. Hintergrund: Im Moment können Anleger ihr im Staking befindliches ETH nicht abheben. Das bedeutet: Ethereum im Wert von fast 21 Milliarden Dollar ist eingefroren – Tendenz steigend.

Top-Priorität für das kommende Update hat folglich die Abhebe-Funktion. Doch wie es mit Ethereum darüber hinaus weitergehen soll – unklar. Mitunter sind die Prioritäten unter den Entwicklern ganz unterschiedlich verteilt. Für die gilt es dann ebenfalls, einen Konsens zu finden und zu einer Einigung zu kommen. Allzu große Verzögerungen werden dennoch nicht erwartet – Schätzungen zufolge könnte Shanghai bereits im Laufe des nächsten Jahres erscheinen.

Ein Beitrag von:

  • Jannis Grunewald

    Jannis Grunewald ist Autor mit Fokus auf Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum. Er schreibt News, Analysen und Prognosen über digitale Assets und beschäftigt sich mit den Entwicklungen der Branche. Außerdem schreibt er über Technik und Innovationen.

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