Datenschutz: Forscher entwickeln kostenlose App
Die zunehmende Digitalisierung führt dazu, dass über die meisten Menschen immer mehr Daten im Netz verfügbar sind – was sich schwer vermeiden lässt. Wissenschaftler aus Karlsruhe haben daher eine Datenschutz-App entwickelt.
Warum sollte ein Unternehmen Geld in die Programmierung einer App stecken und sie anschließend kostenlos zum Download anbieten? Diese Frage stellen sich die wenigsten Verbraucher. Sie freuen sich, wenn sie eine Anwendung herunterladen können, ohne dafür bezahlen zu müssen. Tatsächlich werden viele Apps kostenlos vertrieben, weil sie dazu beitragen sollen, die Kundenbindung oder das Image des Unternehmens zu verbessern. Sehr häufig ist das hauptsächliche Ziel jedoch ein anderes: Die Apps sammeln Daten über die Nutzer.
Über Messenger, Spiele oder Fitnessapps können Unternehmen ermitteln, für was sich die jeweiligen Verbraucher interessieren, wie viel Zeit sie online verbringen, wie ihr Bewegungsprofil aussieht, welche Hobbys sie haben und vieles mehr. Individualisierte Werbung ist ein Geschäftsfeld, mit dem sich gutes Geld verdienen lässt. Der mangelhafte Datenschutz eröffnet jedoch noch weitere Möglichkeiten, über die sich die wenigsten Smartphone-Besitzer im Klaren sind. Denn schon heute sind IT-Experten in der Lage, zu online-affinen Verbrauchern umfassende Profile zu erstellen. Das betrifft zum Teil auch sensible Daten, wie Informationen über die Gesundheit. Krimineller Missbrauch solcher Auswertungen ist nicht auszuschließen. Daher ist es umso wichtiger, dass die Nutzer unerwünschten Datenkraken den Zugriff verwehren. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des FZI Forschungszentrums Informatik haben dafür eine passende App entwickelt.
Software kontrolliert Kommunikation zwischen Apps und Betriebssystem
Es ist heutzutage nicht einfach, Hoheit über die persönlichen Daten zu behalten. Der durchschnittlich technisch versierte Verbraucher hat dafür eigentlich nur eine Option: Verzicht auf einen großen Teil der digitalen Anwendungen. Für viele Menschen ist das jedoch kein gangbarer Weg. Sie schätzen den Unterhaltungswert und den Komfort, den die Apps bieten, zu sehr. Die Baden-Württemberg Stiftung hat daher Wissenschaftler des KIT mit der Entwicklung einer speziellen App beauftragt. Herausgekommen ist eine Anwendung, die den Datenfluss reguliert, aber trotzdem die uneingeschränkte Nutzung der Downloads erlaubt.
Für einen Teil der frei zugänglichen Apps mussten die Verbraucher bisher die jeweiligen Berechtigungen mühsam einzeln auf dem Smartphone beschränken – was nicht jeder beherrscht. Bei anderen Anwendungen war das gar nicht möglich, weil sie so programmiert sind, dass sie sich bei Einschränkungen nicht mehr normal ausführen lassen. Mit der Software Avare gehen die Forscher daher einen anderen Weg. Sie wird wie jede App auf dem Smartphone installiert und erzeugt dann einen geschlossenen Bereich, in den andere Apps integriert werden können. Dort wird dann die gesamte Kommunikation zwischen diesen Apps und dem Betriebssystem kontrolliert. „Wir haben einen Weg gesucht, der es erlaubt, sämtliche Anwendungen uneingeschränkt zu nutzen, dabei die eigenen Daten aber nur kontrolliert weiterzugeben“, sagt Gunther Schiefer, Leiter der Arbeitsgruppe Mobile Business am Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren (AIFB) des KIT.
Ein Beispiel: Versucht die Chat-Funktion einer App, die in Avare eingepackt ist, auf die Kontakte im Adressbuch zuzugreifen, fragt Avare den Nutzer, welche Kontakte er freigeben will. Er kann die Informationsweitergabe unter anderem auf Vor- und Nachnamen oder die Mobilfunknummer beschränken – weil Angaben von Daten wie Adressen oder Geburtsdaten für den Chat ja gar nicht benötigt werden.
App schränkt Genauigkeit der Ortungsdienste ein
Avare besitzt eine weitere wichtige Fähigkeit: Die Datenschutz-App kann die Genauigkeit der Ortsangabe verringern und auf einen Radius von mehreren Kilometern ausdehnen. Damit wäre beispielsweise eine Wetter-App weiterhin in der Lage, brauchbare Angaben über die Region zu liefern, ohne dass sie den Standort des Nutzers genau erfassen kann. Für Apps, die ohne pauschale Zugriffsrechte überhaupt nicht funktionieren, arbeiten die Wissenschaftler an weiteren Lösungen: „Dann spielen wir falsche Daten ein, die aber als solche erkennbar sind. Die Schnittstelle des Mikrofons bekommt dann ein Rauschen, die der Kamera eine schwarze Fläche oder ein Wolkenbild, die des Adressbuchs die Notrufnummern von Feuerwehr und Pannendienst“, kündigt Schiefer an.
Den Avare-Code haben die Forscher als Open-Source-Software ins Netz gestellt, damit andere Entwickler auf ihn zugreifen können. Zum einen hoffen die Wissenschaftler, dass auf diese Weise aus ihrer Test-Version schnell eine stabile Software wird. Zum anderen ist Avare bisher nur für Android-Geräte verfügbar. Eine App für das Apple-Betriebssystem iOS müsste also ebenfalls noch programmiert werden.
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