Google sorgt für Unruhe in der Navi-Branche
IT-Gigant Google bietet eine vollwertige und vor allem kostenlose Navigationslösung für Smartphones an. Bislang allerdings nur für Smartphones mit Googles eigenem Betriebssystem Android. Die Navigationsbranche wehrt sich mit eigenen kostenlosen Lösungen.
Google hat für Smartphones mit Android-Betriebssystem die Navigation mit Google Maps und einer Sprachsuche für Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Frankreich und Spanien freigeschaltet. Autofahrer können damit ihr Smartphone als vollwertiges Navigationsgerät nutzen.
Die Google-Anwendung führt den Autofahrer per Sprache und mit Texthinweisen auf dem Kartenmaterial. Das Bildmaterial von Google Street View könnte ebenfalls für die Navigation verwendet werden, doch es ist für Deutschland noch nicht verfügbar, da Google das Projekt aufgrund von Datenschutzproblemen erst einmal gestoppt hat.
Der Fahrer kann sein Ziel per Sprache oder Tastatur angeben und hierfür auch die Google-Suche verwenden. Praktisch ist das, weil etwa bei der Suche nach einem „Krankenhaus“ gleich alle in der Nähe befindlichen Hospitäler angezeigt werden, die man dann einfach auswählen kann. Die Anwendung „Maps Navigation“ ist für die Routenerstellung auf eine Datenverbindung angewiesen. Ist eine Route geladen, kann das Handy wieder in den Offline-Modus wechseln.
Auf der Karte lassen sich außerdem Verkehrsinformationen und andere Daten wie Parkhäuser oder Tankstellen einblenden. Für die Verkehrsdaten verwendet Google die Daten kommerzieller Anbieter, aber auch Nutzerdaten. Hat ein Autofahrer der Nutzung seiner Daten zugestimmt, wertet Google diese statistisch für die Stauerkennung aus. Anders als z. B. bei Tomtom sucht die Google Navigation bei Staus allerdings nicht selbstständig eine bessere Route.
Google Maps wird den deutschen Markt allerdings nicht so schnell aufrollen können: Gewarnt von Googles Vorstoß auf dem US-amerikanischen Markt im November, haben sich die Anbieter mit unterschiedlichen Ansätzen in Stellung gebracht: Nokia brachte bereits im Januar seine Handy-Navigationslösung „Ovi Maps“ für 74 Ländern kostenlos auf den Markt. Aktuell sind 16 Nokia-Handys mit der Lösung ausgestattet. Seit Juni blendet Nokia zudem Tipps und Kommentare zu Hotels, Restaurants und anderen Örtlichkeiten aus der Qype-Community in das Kartenmaterial ein.
Das Berliner Start-up Skobbler sorgte bereits im Herbst des vergangenen Jahres für Wirbel, als es eine wenige Euro teure iPhone-Navigationsanwendung auf den Markt brachte und seitdem 150 000-mal verkaufte. Seit Anfang März greift Skobbler auf das freie Kartenmaterial von OpenStreetMap zurück. Die Daten von OpenStreetMap werden von Tausenden Freiwilligen gesammelt. Über einen Rückkanal können Skobbler-Nutzer fehlerhafte Stellen an den Dienst melden.
Bereits diese Woche will Skobbler mit einer kostenlosen Android-App nachlegen. Künftige Einnahmen will Skobbler-Geschäftsführer Marcus Thielking dann über lokale Werbeeinblendungen verdienen, die über Werbevermarkter wie AdMob, Quattrowireless oder Yoc vermittelt werden. Thielking sieht hier ein „extremes Potenzial“: „Wenn ich weiß, dass es in 500 m Entfernung etwas zu einem Sonderpreis gibt, hat das eine andere Informationsqualität.“
Für Thielking steht fest: „Die Zeit für Navi-Apps im zweistelligen Euro-Bereich ist vorbei. Google macht vieles zu gut, als dass sich die Navigationshersteller noch deutlich absetzen können.“ Punkten könne man aber noch mit offline verfügbaren Karten oder qualitativ hochwertigen Verkehrsdaten.
Für Navi-Hersteller wie Tomtom, der mit eigenständigen Geräten bislang sein Geschäft machte, brechen damit schwierige Zeiten an, . Doch er rüstet bereits nach: Tomtom setzt auf höherwertige Lösungen, so etwa auf die Entwicklung von Verkehrsservices wie IQ Routes oder HD Traffic, der laut TÜV SÜD der beste Verkehrsinformationsdienst Deutschlands sein soll.
Noch profitiert Tomtom zudem davon, dass Google in Europa das digitale Kartenmaterial der Tomtom-Tochter Tele Atlas lizenziert. Doch auch diese Sicherheit könnte nicht lange vorhalten: Mit seinem Street-View-Projekt hat Google bereits so viel Datenmaterial gesammelt, dass es in den USA bereits eigene Karten erstellt hat. Es ist also nur noch eine Frage der Zeit, bis Google auch in Europa auf eigenen Beinen steht.
Navigationsanbieter Navigon sieht optimistisch in die Zukunft: Gerhard Mayr, zuständig für das Handygeschäft bei Navigon, verweist auf das Angebot MobileNavigator, das für alle relevanten Smartphone-Plattformen optimiert ist und das zudem offline jederzeit verfügbar ist. Auch für das iPhone hat Navigon eine individualisierbare Navigationslösung entwickelt.
Mayr zeigt sich daher betont gelassen: „Navigon blickt Googles Markteintritt entspannt entgegen.“ Der Navigon-Manager erwartet, dass Navigon in dem neuen Markt für Smartphone-Navigation seinen Marktanteil sogar stärker ausbauen kann als andere Hersteller.
CHR. SCHULZKI-HADDOUTI
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