Grenzen zwischen Unterhaltungselektronik und IT verschwinden
Die weltgrößte Messe für Konsumelektronik und Hausgeräte, die IFA, öffnet heute in Berlin ihre Pforten. Mit neuen Rekorden bei Ausstellern und vermieteter Fläche setzt sie auch dieses Jahr wichtige Akzente für das Geschäft. Beherrschendes Thema: die umfassende Vernetzung digitaler Geräte.
„Trotz abkühlender Gesamtkonjunktur, hartem Wettbewerb und Preisdruck erwarten wir für dieses Jahr eine Umsatzsteigerung bei der Konsumelektronik in Deutschland um 2,3 % auf 12,9 Mrd. €“, gibt sich Ralph Haupter, Präsidiumsmitglied des Branchenverbandes Bitkom, anlässlich der IFA 2012 optimistisch.
Doch Konsumelektronik ist nur ein Teil des Marktes, den die IFA, die weltgrößte Messe für Konsumelektronik und Haushaltsgeräte, abbildet – und der wandelt sich derzeit dramatisch. Haupter: „Wer dachte, der Umbruch auf diesem Markt sei mit der Umstellung von Analog zu Digital abgeschlossen, der hat sich geirrt.“ Der nächste, deutlich folgenreichere Wandel sei mittlerweile in vollem Gange: „Das Internet mit all seinen Anwendungen führt gerade zu einem zweiten Umbruch. Die Vernetzung von Geräten, Diensten und Medien schafft völlig neue Möglichkeiten.“
Konsumelektronik-Branche: Keine Umsatzzuwächse bei klassichen Produkten
Doch das erfreuliche Wachstum des Marktes für Konsumelektronik (CE) in diesem Jahr spiegelt nicht das gesamte Branchengeschehen wider. Darauf wies Michael Schidlack, Bereichsleiter CE beim Bitkom, hin. In Deutschland konnten die Hersteller seit 2009 mit klassischen Konsumelektronikprodukten keine Umsatzzuwächse mehr erzielen, so ein Ergebnis der vom Bitkom am vergangenen Mittwoch gemeinsam mit Deloitte vorgestellten Studie „Die Zukunft der Consumer Electronics“. Auch die Zahlen anderer Marktforscher, so der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), belegten dies.
Schidlack weiß aber auch, dass das nichts mit Kaufzurückhaltung der Kunden zu tun hat. „Die Konsumenten greifen häufiger zu Alleskönnern aus der Informations- und Telekommunikationsindustrie (ITK) wie Smartphones oder Tablet-Computer“, heißt es in der Studie. Entsprechend verschieben sich die Ausgaben der Verbraucher.
Ein Trend, den auch der Bitkom-Manager Haupter beobachtet: „Die früheren Trennlinien zwischen ITK- und Unterhaltungselektronikherstellern sind fast verschwunden.“ Und so gehören die 46 % Umsatzzuwachs auf 7,9 Mrd. €, die dieses Jahr bei den Smartphones zu verzeichnen sein werden, zum Gesamtbild der IFA.
In den Messehallen rund um den Funkturm setzt sich der Wandel fort: Smartphone-Hersteller HTC, Telekommunikationsanbieter ZTE, der Chipexperte Intel, die PC-Größen Dell und Lenovo sind da nur einige Ausstellernamen, die verdeutlichen, wo die Reise hingeht.
Hinzu kommt der Trend, digitale Geräte der Unterhaltungselektronik immer stärker zu vernetzen. Dieter Kempf, Bitkom-Präsident: „Das Internet hat sich mit all seinen Anwendungen und Facetten wie ein unsichtbares Band um die Branche gelegt und führt durch die Vernetzung von Produkten und Medien zu völlig neuen und veränderten Spielregeln.“
Das zunehmend vom Internet geprägte veränderte Nutzungsverhalten der Konsumenten führe zur Nachfrage nach umfangreichen technologischen Neuerungen. Dazu gehören Phänomene wie der „Second Screen“, also die parallele Nutzung von TV-Gerät und Smartphone bzw. Tablet-PC. Aber auch die Tendenz, die beiden mobilen Geräte als Fernbedienung aller im Haushalt vernetzten Geräte zu nutzen.
Eine Herausforderung, der sich auch die Hersteller der sogenannten Weißen Ware – seit fünf Jahren auf der IFA präsent – langsam annähern.
Waschen mit dem Smartphone
So steht auf dem Stand von Branchenprimus Miele eine Waschmaschine, die keinen einzigen Bedienknopf mehr hat – alles wird mit einem Smartphone gesteuert. „Wir wissen noch nicht, ob Verbraucher das wollen, wir werden sie auf der IFA befragen“, erklärt Miele-Chef Reinhard Zinkann.
Die Zeiten, in denen die Hausgerätehersteller der Konsumelektronik und IT in Sachen Innovation hinterherhinkten, sind längst vorbei.
Das Internet macht sich auch Bosch zunutze, wenn das Unternehmen seine neuen Entwicklungen präsentiert, etwa wenn via App das Wäscheetikett eingescannt und in eine Waschanleitung übersetzt wird.
Vernetzung, ein Schwerpunkt, der auch bei den futuristischen Visionen von Siemens‘ Hausgeräte deutlich wird. „Wer wünscht sich nicht manchmal von unterwegs aus einen Kameraschwenk durch den heimischen Kühlschrank?“, fragt Sonja Ehmer, Marketingchefin bei Siemens Hausgeräte. „Wir zeigen mit der Technik einen Blick in die Zukunft, der aber schon in zwei Jahren Realität sein dürfte.“
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