IS-Terroristen nutzen Berliner App Telegram
Der aus Deutschland stammende Messenger-Dienst Telegram hat inzwischen nach eigenen Angaben mehr als 200 Kanäle geschlossen, über die Terroristen und Anhänger des IS Nachrichten verbreitet haben sollen – auch die Bekenntnisse zu den Anschlägen von Paris.
Auf diese Art von Werbung hätten Pavel und Nikolai Durov sicher gerne verzichtet: IS-Terroristen haben offenbar ihren Messenger-Dienst Telegram genutzt, weil er als besonders sicher gilt. Dank seiner Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sollen die Identitäten der Nutzer besonders schwer zu knacken sein. Deshalb hätten die Islamisten zahlreiche so genannte Kanäle bei Telegram eingerichtet.
Die Telegram-Betreiber bestätigten zunächst, dass sie 78 Kanäle nach Hinweisen anderer Nutzer blockiert hätten. Jetzt teilen sie mit, dass 164 weitere geschlossen worden seien. IS-Anhänger, die ihre Bekennerschreiben bislang normalerweise über Twitter und Facebook in die Welt schickten, verbreiteten die entsprechenden Nachrichten nach den Anschlägen von Paris über Telegram.
Nachrichten können sich selbst zerstören
Im Netz ist daraufhin eine Diskussion darüber entbrannt, wie sicher der Dienst in Wirklichkeit ist. Schon allein über die Telefonnummer, die jeder Nutzer angeben muss, sei dessen Identität möglicherweise zu ermitteln, heißt es. Manche Experten kritisieren, dass Telegram viele Metadaten preisgebe und deshalb für Hacker relativ leicht zu durchdringen sei.
Die Terroristen jedenfalls schienen da anderer Meinung zu sein. Bei Telegram gibt es zwei Varianten von Kontakten: Öffentliche und Private Chats. Letztere sind so verschlüsselt, dass nur der Empfänger, der über denselben Schlüssel verfügt wie der Sender, die Nachricht decodieren kann. Außerdem bietet der private Chat die Möglichkeit einen Timer zu setzen, der Nachrichten, Fotos oder Videos nach einer festgelegten Zeit von selbst löscht.
Nutzte IS nur öffentliche Kanäle?
Ob IS-Leute neben den erst seit kurzem bestehenden Nachrichtenkanälen auch die privaten Chats genutzt haben, ist nicht klar. Die Durov-Brüder, die eine russische Facebook-Variante gegründet, nach viel Ärger mit den Behörden ihre Heimat verlassen und sich vor ein paar Jahren in Berlin angesiedelt haben, betonen jedenfalls, dass der IS nur die öffentlichen Kanäle genutzt habe.
Rund 50 Millionen Nutzer
Telegram ist als Alternative zu WhatsApp rund zwei Jahre nach der Veröffentlichung durchaus beliebt. Rund 50 Millionen Nutzer gibt es derzeit nach Angaben der Betreiber. Hauptunterschied zum wohl bekanntesten Messenger-Dienst ist die nahtlose Synchronisation zwischen diversen Geräten, die mit Telegram möglich ist, weil der Dienst cloudbasiert ist und damit auch große Datenmengen verarbeiten kann. Außerdem sei er „wesentlich schneller und sicherer“ – so jedenfalls die Eigenwerbung.
Finanzierung des kostenlosen Messengers unklar
Die Durov-Brüder haben nach den schlechten Erfahrungen ihre App entwickelt, weil sie einen Dienst wollten, der vor staatlichem Zugriff sicher ist. Außerdem wollten sie völlige Unabhängigkeit, deshalb finanzieren sie den Dienst selbst –ohne jede Werbung oder Bindung an andere Unternehmen. Wie das eigentlich funktioniert und woher das Geld kommt, weiß man allerdings nicht.
Die Kommunikation der IS-Terroristen im Web will nach den Anschlägen von Paris auch das Hacker-Kollektiv Anonymous stören oder besser zerstören. Die Gruppe hat dem Islamischen Staat offiziell den Cyber-Krieg erklärt.
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