Klüngeln beim Frühstück morgens um sieben
Kontakte können auch abseits von Internet basierten Social-Networking-Plattformen gepflegt werden. Die weltweit größte nicht-virtuelle Unternehmervereinigung ist das Business Network International (BNI). Über 133 000 Unternehmer versorgen sich gegenseitig mit Aufträgen. Wer davon profitieren will, muss morgens aber früh aufstehen.
Wenn andere noch schlafen, machen Mitglieder des Business Network International (BNI) schon Geschäfte. Jede Woche treffen sich lokale Unternehmer und Selbstständige einer BNI Gruppe, eines „Chapters“, von 7:00 Uhr bis 8:30 Uhr, um bei einem Arbeitsfrühstück zusätzliche Kunden zu gewinnen und mehr Umsatz zu generieren.
„Das BNI ist die weltweit führende und erfolgreichste Organisation zur Vermittlung von Geschäftsempfehlungen für Unternehmer“, erklärt Kevin Barber. Der Mühlhausener ist Exekutivdirektor des BNI Südwest. Als Franchisenehmer der BNI GmbH & Co. KG betreut er aktuell 29 Chapter zwischen Wiesbaden und Freiburg. Weltweit gibt es etwa 5800 Chapter. In ihnen wurden im letzten Jahr, so Barber, rund 6,2 Mio. Geschäftsempfehlungen mit einen Umsatzwert von rund 2 Mrd. $ ausgesprochen.
Das BNI-Prinzip ist schnörkellos: Wer gibt, gewinnt. Jedes Mitglied fungiert für die Schwestern und Brüder seines Chapters als „ehrenamtlicher Außendienst“ und empfiehlt provisionsfrei deren Leistungen seinen Geschäftspartnern, Freunden und Bekannten. Damit keine Konkurrenz entsteht und die Mitglieder nicht in Empfehlungskonflikte geraten, ist jede Zunft in einem Chapter nur einmal vertreten.
Die wöchentlichen Chaptertreffen laufen nach einem festgelegten, auf Effizienz ausgerichteten Schema ab: Vor Beginn eines Treffens ist Zeit für einen kurzen persönlichen Austausch. Danach folgen Kurzvorträge, in denen jedes Mitglied jede Woche aufs Neue in 60 Sekunden seine Alleinstellungsmerkmale und seine Kontaktwünsche präsentiert, damit seine Leistungen und Anliegen den anderen im Gedächtnis bleiben. Höhepunkt ist dann die Überreichung von Empfehlungen. Mitglieder erläutern sich dabei gegenseitig, welche Kunden an wessen Dienstleistungen konkretes Interesse haben.
Der Empfehlungsstandard ist hoch. In einem Chapter mit 30 Mitgliedern spricht ein Mitglied pro Monat im Schnitt vier bis fünf konkrete Empfehlungen aus. Unternehmensberater Wilfried Ludwigs kommt mit diesem Empfehlungsdruck gut klar. Auch dem Architekt Jens Gebhardt fällt es leicht, im Rahmen seiner Bauaufträge Empfehlungen für die Gewerke seines Chapters zu finden, aber „außerhalb dieses Rahmens habe ich noch Schwierigkeiten.“
Wer eine Empfehlung gibt, riskiert immer ein wenig seinen Ruf. Wer Armleuchter zu Kunden schickt, gerät schnell selbst in ein schlechtes Licht. Die Chapter überprüfen daher jede Empfehlung auf ihr Ergebnis. Man bemüht sich zudem, möglichst erfolgreiche und zuverlässige Mitglieder zu gewinnen. So prüft ein ehrenamtlicher Mitgliederausschuss die Anträge von Bewerbern anhand von Referenzen. Ludwigs und Gebhardt haben bisher selten schlechte Erfahrungen gemacht. Aber sie gehen auch sorgfältig mit Empfehlungen um.
Jedes Mitglied muss pro Jahr 780 € Gebühr zahlen. Lohnt sich das? Ludwigs: „Mein BNI-Umsatz stimmt und ich finde beim BNI die Experten, die ich für meine Projekte benötige.“ Gebhardts Bilanz ist gemischt: Als Architekt greift er gerne auf die vielen Gewerke in seinem Chapter zurück. Auf einen Auftrag wartet er noch. Allerdings sei er auch erst sechs Monate dabei. Er hegt jedoch die Befürchtung, seine Angebote seien für sein Chapter vor allem in seinem zweiten Geschäftsbereich, Corporate Events, zu überregional und komplex. „Bei uns profitieren vor allem lokal orientierte Anbieter von standardisierten Leistungen.“ Für Goldschmied Peter Hohagen ging die Rechnung nicht auf: „Mein Geschäft passte nicht zu dem meines Chapters. Ich konnte keine Empfehlungen aussprechen und wurde daher auch nicht empfohlen.“
Wer einen Eintritt erwägt, sollte vorab also klären, ob sein Business mit denen der anderen Chaptermitglieder kompatibel ist. Einen ersten Anhaltspunkt bietet die von BNI veröffentlichte Rankingliste mit 40 Berufen und Geschäftsfeldern, die erfahrungsgemäß am meisten Umsatz durch das BNI erzielen. Aber eine Garantie ist das nicht, da sich die Chapter unterschiedlich zusammensetzen. Ludwigs empfiehlt, sich vorab beim Mitgliederkoordinator zu erkundigen, wie viel Umsatz man erwarten kann.
Hans-Peter Restle, Eigentümer der RJ Gerüstbau + Zugangstechnik GmbH, lehnt Empfehlungsnetzwerke wie das BNI generell ab. Er will keine Menschen empfehlen, die er nicht sehr gut kennt und auch nicht von solchen empfohlen werden. Er baut auf soziale Netzwerke wie Lions oder Kochbruderschaften, in denen die Pflege von gemeinsamen privaten Interessen und Freundschaften im Mittelpunkt stehen.
RITA SPATSCHECK
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