Auf dem Weg zum 6G-Mobilfunkstandard 16.10.2024, 12:10 Uhr

Londoner Ingenieure brechen Rekord in der drahtlosen Datenübertragung

Forschende aus London stellen neuen Weltrekord in der drahtlosen Datenübertragung auf. Mit 938 Gb/s übertreffen sie alle bisherigen Technologien.

drahtlose Datenübertragung

Auf dem Weg zum 6G-Mobilfunkstandard haben Londoner Ingenieure einen Weltrekord in Sachen drahtloser Datenübertragung aufgestellt.

Foto: PantherMedia / Kheng Ho Toh

Forschende des University College London (UCL) haben Daten mit der Rekordgeschwindigkeit von 938 Gigabit pro Sekunde (Gb/s) übertragen. Mit diesem Weltrekord kommt das Forschungsteam der erhofften Spitzendatenrate von einem Terabit pro Sekunde, die mit dem nächsten Mobilfunkstandard 6G erreicht werden soll, schon sehr nahe. Solch eine Datenrate braucht es zum Beispiel, um sicheres autonomes Fahren möglich zu machen. Auch in der Telechirurgie ist eine schnelle Datenübertragung erforderlich, um Operationen aus der Ferne durchführen zu können.

Rekordfrequenzen und Datengeschwindigkeit

Die UCL-Ingenieurinnen und Ingenieure nutzten einen Frequenzbereich von 5 bis 150 Gigahertz (GHz), was einer Bandbreite von 145 GHz entspricht – mehr als das Fünffache des bisherigen Rekords. Diese Frequenzen erlauben eine extrem schnelle Übertragung von Daten und übertreffen die derzeitige 5G-Technologie um ein Vielfaches.

Zum Vergleich: Die aktuelle 5G-Download-Geschwindigkeit im Vereinigten Königreich liegt bei etwa 100 Megabit pro Sekunde (Mb/s), während das UCL-Team eine Geschwindigkeit erreichte, die fast 9.400-mal höher ist.

Der Einsatz eines solch breiten Frequenzspektrums ermöglicht es, mehr Informationen gleichzeitig zu übertragen. Dies ist besonders wichtig, da herkömmliche drahtlose Netzwerke wie WLAN und Mobilfunk in einem stark überlasteten Frequenzbereich unter 6 GHz arbeiten, was deren Leistung und Geschwindigkeit einschränkt.

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Kombination von Funk- und optischen Technologien

Das Besondere an diesem neuen System ist die Kombination von Funk- und optischen Technologien. Bisher wurden drahtlose Netzwerke hauptsächlich auf niedrigen Frequenzen betrieben, die jedoch eine wachsende Nachfrage nach Datenmengen nicht mehr bewältigen können. Die Forscherinnen und Forscher haben dies gelöst, indem sie Technologien miteinander kombiniert haben, die sowohl im niedrigeren als auch im höheren Frequenzbereich arbeiten.

Die von UCL eingesetzte Technik basiert auf zwei wesentlichen Komponenten: Hochgeschwindigkeitselektronik, die in einem Frequenzbereich von 5 bis 50 GHz gut funktioniert, und Photonik, die Licht zur Übertragung von Informationen nutzt und im Bereich von 50 bis 150 GHz arbeitet. Durch die Kombination dieser beiden Technologien war es möglich, Signale über einen viel größeren Frequenzbereich zu übertragen, ohne dabei an Signalqualität einzubüßen.

Eine neue Ära der drahtlosen Kommunikation?

Die neue Technologie könnte die Zukunft der drahtlosen Netzwerke nachhaltig verändern. Heute wird die Funktechnologie häufig erst in der letzten Phase des Datentransports eingesetzt, beispielsweise in Form von WLAN-Verbindungen, die von Routern an Endgeräte gesendet werden. Während Glasfasernetzwerke große Fortschritte gemacht haben, gibt es auf den letzten Metern zum Endnutzer oft Einschränkungen.

Mit der von UCL entwickelten Technik könnten Daten mit nie dagewesener Geschwindigkeit übertragen werden. Besonders in dicht besiedelten Gebieten oder bei Großveranstaltungen, bei denen viele Menschen gleichzeitig das Netz nutzen, könnten die Netzwerke stabiler und schneller werden. Mobilfunknutzerinnen und -nutzer könnten somit von weitaus schnelleren 5G- und 6G-Netzen profitieren.

Ein Beispiel für die Geschwindigkeit der neuen Technologie: Das Herunterladen eines zweistündigen 4K-Films, der etwa 14 GB umfasst, würde bei einer durchschnittlichen 5G-Geschwindigkeit von 100 Mb/s etwa 19 Minuten dauern. Mit der neuen Technologie könnte derselbe Film in nur 0,12 Sekunden heruntergeladen werden.

Zukünftige Anwendungen

Auch wenn die Technik bislang nur im Labor getestet wurde, arbeiten die Forscherinnen und Forscher bereits an einem Prototyp für kommerzielle Tests. Sollte dieser erfolgreich sein, könnte die Technologie in wenigen Jahren auf den Markt kommen und in kommerzielle Produkte integriert werden.

Professor Izzat Darwazeh, ebenfalls an der Forschung beteiligt, hebt hervor, dass die Flexibilität der neuen drahtlosen Technologie einen wesentlichen Vorteil darstellt. Die Technik könnte überall dort eingesetzt werden, wo eine optische Verkabelung schwierig oder unmöglich ist, wie in Fabriken mit komplexen Geräteanordnungen oder in stark genutzten öffentlichen Räumen.

Dr. Zhixin Liu, leitender Forscher des Projekts, betont die Bedeutung der Lösung, um die steigende Nachfrage nach Hochgeschwindigkeitsdaten zu decken. Der von UCL verfolgte Ansatz bietet nicht nur höhere Geschwindigkeiten, sondern auch mehr Flexibilität bei der Nutzung von Frequenzen. Dies sei entscheidend, um die Effizienz drahtloser Netzwerke in den nächsten Jahren zu steigern.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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