Mit dieser Software lässt sich jedes Handy knacken
Wer bei einem Autounfall gerade dabei war, sein Handy zu bedienen, hat künftig keine Chance mehr straffrei auszugehen: Ein israelisch-japanisches Unternehmen hat eine Software entwickelt, die auf die Sekunde genau feststellt, wann das Handy benutzt wurde. Unzählige andere Dinge lassen sich genauso herauslesen.
Das Unternehmen Cellebrite hilft der Polizei mit seiner Software ohne große Schwierigkeiten und geradezu erschreckend schnell Passwörter, Pins und selbst gelöschte Daten auf Mobiltelefonen, Tablet-PCs, mobilen GPS-Geräten und Handys mit chinesischen Chipsätzen zu knacken. Dazu gehört auch das neue iPhone7. Zu den Kunden sollen auch schon einzelne Kriminalämter in Deutschland zählen.
Fast alle Daten können extrahiert werden
Cellebrite demonstrierte dieser Tage britischen Kunden – darunter vor allem Polizisten – in einem Hotel in Tamworth in Zentralengland eine neue Hard- und Software, mit der Daten von einem verdächtigen Mobiltelefon extrahiert, dekodiert und die dann darauf analysiert wurden, wie sie mit anderen Smartphones interagieren. „Wir können nahezu alle Daten auf dem Telefon aufrufen“, betonte Yuval Ben-Moshe von Cellebrite.
Dafür entwickelte das Unternehmen eine Technik namens Universal Forensic Extraction Device (UFED). Die Forensik-Firma bietet ein speziell konfiguriertes Tablet mit Touchscreen an, das an die zu untersuchenden Geräte angeschlossen wird und mit dem es Smartphones in wenigen Minuten entsperren kann.
Das Handy verrät extrem viel über den Nutzer. Im internen Speicher werden Anruflisten, Angaben zum Handy wie die ID-Nummer, SMS, Bilder, Videos, Audiodateien und App-Daten gespeichert. Einige Smartphones speichern zudem monatelang die Aufenthaltsorte und WLAN-Einwahlen.
Handy wird an Unfallstelle unter die Lupe genommen
Daneben hat Cellebrite neue Testgeräte entwickelt, um an einer Unfallstelle aufzuspüren, ob ein Autofahrer während des Fahrens verbotenerweise auf seinem Smartphone rumgedrückt und eine SMS geschrieben hat. Unabhängig davon welche Sperren ein Nutzer auf seinem Smartphone eingerichtet hat, soll es der Polizei mit dem sogenannten „Textalyzer“-Software-Paket möglich sein, die letzten Aktivitäten eines Smartphone-Nutzers auf einem Handy zur exakten Zeit des Unfalls nachzuvollziehen.
Cellebrite versichert, dass die Privatsphäre des Nutzers respektiert würde, weil die Software zwar analysiert, dass das Mobiltelefon benutzt wurde, es also auf den Benutzungszeitpunkt überprüft, aber keine weiteren Daten extrahiert. Im Staat New York wird bereits an einem Gesetz gearbeitet, das einen derartigen Test für Autofahrer zur Pflicht macht.
Kunden im militärisch-digitalen Bereich
Das israelische Unternehmen geriet Anfang des Jahres in die Schlagzeilen. Es wird spekuliert, dass Cellebrite den amerikanischen Ermittlern Zugriff auf das iPhone des Dschihadisten ermöglichte, der in San Bernardino mit seiner Frau 14 Menschen erschoss. Cellebrite spezialisiert sich vor allem auf Technologien, mit denen geschützte Daten aus digitalen Geräten ausgelesen werden können.
Das Unternehmen wurde 1999 in Israel gegründet und ist seit 2007 eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des japanischen Elektronikkonzerns Sun Corporation mit Sitz in Nagoya und hat Kunden aus dem „militärisch-digitalen Komplex“.
Auf der eigenen Internetseite wirbt Cellebrite damit „15.000 Nutzer im Bereich der Strafverfolgung und Militär“ zu haben. Bei Strafverfolgungsbehörden, der Polizei und Sicherheitsbehörden in rund 100 Ländern werden nach eigenen Angaben bereits mehr als 30.000 UFED-Geräte eingesetzt.
Smartphones lassen sich aber nicht nur mit der Cellebrite Software knacken, andererseits können sie auch zur Industriespionage genutzt werden. Einen Bericht dazu finden Sie hier.
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