Start-up des MIT nutzt Signalstörungen zur präzisen Wetterbeobachtung
Transporte auf der Straße oder in der Luft werden durch hochauflösende Wetterdaten sicherer. Bislang fehlte jedoch ein engmaschiges Netz an Sensoren. MIT-Forscher zeigen, dass sich Signalschwankungen in bestehenden Systemen zur Wetterbeobachtung eignen.
„Das Wetter betrifft jede Branche in jedem Markt der Welt, jedes Unternehmen jeder Größe und sogar die Verbraucher“, sagt Rei Goffer. Zusammen mit zwei MIT-Kollegen hat er ClimaCell aus der Taufe gehoben: ein Start-up-Unternehmen, das weltweit Mikrowetterdaten erhebt. Alle Gründer sind Veteranen des israelischen Militärs und kennen die Bedeutung regionaler Wetterphänomene aus ihrer aktiven Zeit. Wetterradars und Wettersatelliten zeigen Entwicklungen zu ungenau. Um diese Lücke zu schließen, arbeitet ClimaCell mit Artefakten der drahtlosen Kommunikation.
Segensreiche Signalstörungen für engmaschige Wetterdaten
Die Software von ClimaCell, HyperCast genannt, greift auf weltweit verfügbare Kommunikationsnetze des Mobilfunks und des Internets der Dinge, kurz IoT, zurück. Solche Netze sind weltweit verfügbar. Selbst in Entwicklungsländern ist der Mobilfunk gut ausgebaut. Alle Geräte kommunizieren drahtlos. Ihre Signale werden durch Niederschläge geringfügig beeinflusst. Anwender nehmen den Effekt nicht wahr, falls sie beispielsweise Videos streamen oder Textnachrichten verschicken. Goffer zufolge lasse sich der Effekt nutzen, um ein Netz an virtuellen Sensoren aufzubauen. Es analysiert Signalstörungen und errechnet so das Bodenwetter an einem bestimmten Ort.
Über diesen Weg ist das weltweit engmaschigste Raster zur Erfassung von Wetterdaten entstanden. Es liefert Informationen zum Bodenwetter mit einer Auflösung von 500 Metern, Goffer spricht vom „Mikrowetter“. Wird HyperCast auf handelsüblichen Computersystemen mit Grafikprozessor installiert, errechnet die Software auch Wetterprognosen. Solche Vorhersagen werden anhand neuer Daten im Minutentakt aktualisiert.
Das Marktpotenzial von ClimaCell
Mittlerweile arbeiten zahlreiche Unternehmen aus den Bereichen Energie, Versorgung, Versicherung und Finanzdienstleistungen mit ClimaCell. Dazu zählen Kunden wie die US-Fluggesellschaften JetBlue Airways und Delta, das On-Demand-Transportunternehmen Via und die Firmen Nesco bzw. Autodesk. ClimaCell erobert auch den Consumer-Bereich. Das Unternehmen hat gerade einen „Skill“ für Amazons Alexa veröffentlicht und 2019 soll eine HyperCast-App für Endverbraucher folgen. Sie wissen künftig, ob ihr Grillabend trotz großräumig guter Prognosen doch noch ins Wasser fällt.
JetBlue setzt die Software HyperCast Aviation seit Juni 2017 auf dem Logan International Airport in Boston ein. Bei Tests habe es Einsparpotenziale in Höhe von mehreren zehntausend US-Dollar pro Monat gegeben, heißt es in einer Firmenmitteilung. „Wir haben gesehen, wie ClimaCell Wetterphänomene auf dem Boden erfasst hat, die über sonstige Systeme nicht zugänglich waren“, sagt Ian Deason. Er ist Senior Vice President Customer Experience bei JetBlue. „Während ein typisches Radar nur Niederschläge in einer Höhe von mehr als 1.000 Fuß in der Atmosphäre wahrnehmen kann, erfasst die ClimaCell-Technologie das Wetter sowohl über als auch unter 1.000 Fuß.“ Deason argumentiert nicht nur mit mehr Sicherheit. Sein Konzern kann Abfertigungsteams besser koordinieren, um beispielsweise alles für die erforderliche Enteisung vorzubereiten. Das spart Zeit – und Zeit ist Geld in der Luftfahrtindustrie.
Einsatz von ClimaCell in Entwicklungsländern
Die Gründer von ClimaCell sehen ihre Lösungen nicht nur bei Firmen im Einsatz. Sie wissen, dass Einwohner von Entwicklungsländern keine präzisen Wetterdaten haben, um auf lokale Phänomene vorbereitet zu sein. Ein Starkregen kann schnell Überschwemmungen nach sich ziehen. Die Regionen haben eine schlechte Infrastruktur und sind viel stärker von der Landwirtschaft abhängig als westliche Industrienationen. Mit präziseren Vorhersagen wollen Goffer und Kollegen die Menschen vor Ort unterstützen.
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