Telekommunikation 19.08.2013, 14:15 Uhr

Mit WLAN durch die Mauern sehen

Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben eine Technologie entwickelt, mit der sie durch Mauern hindurchschauen können. Noch ist das alles im Laborstadium und soll jetzt erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Doch die Beschreibung der Technologie und deren Möglichkeiten sind beeindruckend – und zwar sowohl im Positiven wie im Negativen.

„Was verbirgt sich hinter dieser Mauer?“ Eine alte Frage, die vor allem den Archäologen bei der Erforschung von Pyramiden und Tempeln schlaflose Nächte bereitet hat. Auch bei der Suche nach Verschütteten als Folge eines Erdbebens oder beim Aufspüren von eingeschlossenen Bergarbeitern nach Grubenunglücken möchten die Helfer gerne durch Mauern hindurchsehen können.

Wireless-Visualization

Für diese Fragen zeichnet sich jetzt zumindest teilweise eine Lösung ab. So haben die Forscher am Massachusetts Institute of Technology (MIT) ein Verfahren entwickelt, mit dem man mit einem Handy durch Wände und andere Hindernisse „hindurchsehen“ kann. Das Verfahren basiert auf der bekannten WLAN-Technik, die als eine Art Radar eingesetzt wird. WLAN arbeitet in diesem Fall mit einer Frequenz von 5 GHz und kann demzufolge Wände begrenzt durchdringen. So sind WLAN-Netze von außen auch innerhalb eines Hauses zu empfangen.

Das neue MIT-System mit dem Namen Wi-Vi (Wireless-Visualization) nutzt zur Ortung die Reflexion des WLAN-Signals. Das bedeutet, das System besteht aus einem relativ starken WLAN-Sender und einem sehr empfindlichen Empfänger, der die Reflexion aufnimmt. Ein starker Sender und ein äußerst empfindlicher Empfänger sind deshalb erforderlich, da die Signale zwar Mauern durchdringen können, doch dämpfen diese die Signalstärke erheblich.

System um einen zweiten Sender erweitert

Mit einer solch einfachen Konstruktion lässt sich bereits feststellen, ob sich Gegenstände im Sende-/Empfangsbereich befinden. Doch es gibt immer viele Gegenstände um ein Handy herum – in geschlossenen Räumen sind es vor allem Mauern. Um diese vielen vordergründigen Hindernisse zu eliminieren, haben die MIT-Professorin Dina Katabi und ihr Assistent Fabel Adib das System um einen zweiten Sender erweitert. Dieser sendet exakt das gleiche Signal wie der erste – allerdings mit gegenteiliger Polung. Damit heben sich beide Signale auf. Auch die Reflexionen von den Gegenständen heben sich gegenseitig auf, so dass der Empfänger nichts Messbares empfängt. Doch es gibt eine Ausnahme: Bewegt sich ein Objekt, so entsteht bei der Reflexion ein Doppler-Effekt, mit dessen Hilfe diese Objekte erkannt werden können. Genau wie beim Radar kann das System mithilfe der Signallaufzeit die Entfernung zum Objekt feststellen. Bleibt noch die Frage der Ortung. Hierzu nutzt das System die Differenz der Laufzeiten von beiden Sendern.

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„Unsere Technologie hat ein enormes Potenzial, wenn es beispielsweise um die Rettung von eingeschlossenen Personen geht, oder auch als Schutz, wenn man nachts alleine in unsicheren Gegenden unterwegs ist“, sagt Professorin Katabi über die mögliche Nutzung als „Handy-Radar“. Weitere Anwendungsbeispiele sieht sie bei der Polizei, wo es zur Geiselbefreiung genutzt werden könne, und bei Soldaten im Straßenkampf. Langfristig könnte das System auch zur Systemsteuerung eingesetzt werden. Beispielsweise indem man es auf bestimmte Gesten programmiert, mit denen sich zu Hause das Licht, der Fernseher oder die Kaffeemaschine einschalten lässt.

Microsoft ist an der Entwicklung interessiert

Microsoft hat sich deshalb schon interessiert gezeigt. „Ein Bewegungssensor, der keinen Sichtkontakt zum Bediener hat, eröffnet beim Gaming völlig neue Möglichkeiten“, sagt Forscher Venkat Padmanabhan. Er sieht eine ganz neue Spielegeneration aufkommen. „Eines der ermüdenden Probleme beim heutigen Bewegungs-Gaming ist, dass der Spieler ständig vor dem Bildschirm und der Kamera stehen muss – das wäre bei dem neuen System nicht mehr erforderlich“, so Padmanabhan weiter.

Nicht angesprochen hat Katabi bislang die Problemfelder, wie das Ausspionieren des Nachbarn und andere datenschutzrechtliche Grauzonen. Auch zum „Umkehreffekt“ ihrer Technologie schweigt sie sich aus. Schließlich könnten diese Geräte auch von Leuten benutzt werden, die nichts Gutes im Schilde führen.

Man könne damit hinter einer Hausecke stehen und genau „sehen“, wann sich eine Person nähert, man könne auch „sehen“, ob sich eine Wachperson hinter einer Mauer oder einer Tür befindet. Einbrecher seien in der Lage zu erkennen, ob sich in einem Haus eine Person befindet und wo sie sich gerade aufhält. Die neue Sehfähigkeit schafft also nicht nur gute Aussichten.  

Ein Beitrag von:

  • Harald Weiss

    Freier IT-Journalist, IT-Analyst und IT-Consultant in Kaiserslautern. Nach verschiedenen Positionen in Softwareentwicklung,  MarCom und PR, 17 Jahre President New York Reporters in New York. Seit 2016 freischaffend wieder in Deutschland.

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