Funktechnik 16.12.2011, 12:03 Uhr

Mobilfunktechnik LTE sorgt für Verwirrung

Seitdem ehemals analoge Fernsehfrequenzen für Mobilfunk genutzt werden, herrscht großes Durcheinander an ganz anderer Stelle

Die neue Mobilfunktechnik LTE (Long Term Evolution) ist Segen und Fluch zugleich. Während sich in Deutschland Bewohner auf dem Land über schnelle Internetanbindungen freuen, stört die neue Technik analoge Funkmikrofone. Bis Ende  2015 dürfen drahtlose Mikrofone zwar noch in den Bereichen 790 MHz bis 814 MHz und 838 MHz bis 862 MHz ohne weitere Zulassungen und kostenfrei betrieben werden, doch machen sich dort mehr und mehr LTE-Basisstationen und -Geräte breit.

Das bislang harmonische Miteinander der Frequenznutzer wird massiv gestört. „In vier Jahren ist eh‘ Schluss, dann werden diese Bereiche ganz der LTE-Technik gehören“, erklärt Matthias Fehr, Vorsitzender des Verbands für professionelle drahtlose Produktionstechnologie (APWPT). Die Bundesnetzagentur (BNetzA) warnt schon jetzt vor der weiteren Nutzung dieser „Frequenzzuteilbereiche“.

Nach der „Verwaltungsvorschrift für Frequenzzuteilungen im nichtöffentlichen mobilen Landfunk“ werden Einsatzgebiete von Funkmikrofonen nun in vier Kategorien eingeteilt, nämlich semiprofessionelle und private Nutzung sowie Gastronomie, professionelle drahtlose Produktion, Rundfunk und ortsgebundene Nutzung. Bei den Frequenzzuteilungen durch die BNetzA gibt es kostenfreie, bundesweit gültige Allgemeinzuteilungen und kostenpflichtige, aber geografisch beschränkte Einzelzuteilungen.

Zwischen zwei LTE-Blöcken liegend: Frequenzen der Duplex-Mittenlücke sind kostenfrei

Kostenfrei und ohne Anmeldung können künftig alle Nutzer auf die Frequenzen der sogenannten Duplex-Mittenlücke von 823 MHz bis 832 MHz zurückgreifen. Dieser Bereich liegt zwischen zwei Blöcken, die LTE verwendet, Laufzeit bis 2021, Verlängerung ist wahrscheinlich. „Dort ist jedoch mit Hochfrequenzresten, also mit Störungen, durch LTE zu rechnen. Diese Frequenzen sind daher nur eingeschränkt für professionelle Produktionen zu nutzen“, gibt Fehr zu verstehen. „Doch das geht nur so lange gut, wie keine Mobilfunkgeräte in der Nähe sind und ausreichender Abstand zu den Basisstationen besteht.“

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Ein zweiter kostenfreier Bereich ist das ISM-Band (Industrial, Scientific and Medical Band) von 863 MHz bis 865 MHz. Hier tummeln sich Hörhilfen, drahtlose Kopfhörer und Produktionsmittel. Auch hier rechnet der APWPT mit Störungen durch die direkt darunter liegenden LTE-Mobilfunkfrequenzen. Die Laufzeit ist bis Ende 2013 festgeschrieben. „Eine Verlängerung hängt von den Ergebnissen der im nächsten Jahr stattfindenden Weltfunkkonferenz ab“, erklärt ein Sprecher der Bundesnetzagentur.

Bereich von 1785 MHz bis 1805 MHz von der Mobilfunktechnik LTE unbelastet

Noch weitgehend unbelastet ist der Bereich von 1785 MHz bis 1805 MHz. „Hierfür gibt es erst wenige Funksysteme. Daher ist kaum mit Störungen zu rechnen“, erklärt der APWPT-Präsident. Darüber hinaus gibt es noch den Bereich von 2400 MHz bis 2483,5 MHz, der für „Funkanwendungen geringer Reichweite“ zugeteilt ist. Allerdings ist hier das Spektrum stark ausgelastet. Die Laufzeit geht bis 2021.

Anmelde- und gebührenpflichtig ist der Bereich von 710 MHz bis 790 MHz, die kostenpflichtige Einzelzuteilung wird durch die BNetzA an professionelle und kulturelle Veranstalter und Dienstleister erteilt, allerdings örtlich begrenzt. Die tatsächlichen Betriebsfrequenzen können die Frequenznutzer selbst auswählen, es darf jedoch das digitale Fernsehen DVB-T nicht gestört werden. Die Bearbeitungszeit der Anträge dauert übrigens rund sechs Wochen.

Für den Rundfunk sind die Bereiche von 470 MHz bis 606 MHz und 614 MHz bis 710 MHz vorgesehen. Zudem können diese Frequenzen auch für Anwendungen in geschlossenen Räumen oder ortsgebundene Nutzungen zugewiesen werden, z. B. für öffentliche und kulturelle Einrichtungen.

Nach der Frequenzgebührenverordnung sind einmalig 130 € pro Antrag zu zahlen, unabhängig von der Zahl der angemeldeten drahtlosen Strecken. „Diese Zuteilung gilt für zehn Jahre. Hinzu kommen jährlich 9,10 € als Frequenznutzungs- und EMV-Beitrag pro Strecke“, so Fehr. „Ein Vermieter mit 20 drahtlosen Systemen muss also einmalig für die Zuteilung 130 € zahlen und jährlich 9,10 € pro Strecke, eben weitere 182 €.“

Übrigens können gemeinnützige öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Theater, Gemeindezentren und Rettungsorganisationen von den Kosten befreit werden, sofern sie sich in den Bereichen von 470 MHz bis 606 MHz und 614 MHz bis 710 MHz tummeln. Doch wer die Verlängerung vergisst, darf die Frequenzen nicht mehr nutzen, da er sonst eine Ordnungswidrigkeit begeht. Wird er nämlich vom Messtrupp der BNetzA ertappt, sind rund 1500 € Bußgeld fällig, wobei es auf den Einzelfall ankommt.

 

Ein Beitrag von:

  • Rainer Bücken

    Freier Fachjournalist in Berlin. Seit über 40 Jahren widmet sich Rainer Bücken mit profunden Fachkenntnissen allen Themen rund um Medien, gewissermaßen von der Quelle bis zur Senke. So begleitete er die Einführung von HDTV in Deutschland von den Anfängen bis zum Regelbetrieb und blickt gespannt auf die Entwicklungen bei 4K sowie 8K. Dabei spielen die Digitalisierung der TV-Landschaft und die Einführung neuer Technologien in allen Stufen der Medienverbreitung, vor allem der Glasfasertechnik, zentrale Rollen. Rainer Bücken studierte Nachrichtentechnik der Ingenieurakademie der Deutschen Bundespost Berlin und anschließend Publizistik an der FU Berlin.

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