Nicht mehr in Betrieb: Warum stehen viele alte Telefonzellen noch?
Telefonzellen sind längst Geschichte, doch vielerorts stehen sie noch immer ungenutzt herum. Die Gründe dafür reichen von Bürokratie bis hin zu technischen Herausforderungen beim Abbau.
Wer erinnert sich noch an die Zeiten, in denen Telefonzellen unverzichtbar waren? Ob am Bahnhof, in der Innenstadt oder an der Landstraße – öffentliche Telefone waren für viele Menschen eine wichtige Möglichkeit, von unterwegs aus zu kommunizieren. Doch mit dem Siegeszug des Handys und später des Smartphones schwand ihr Nutzen rapide. Heute sind Telefonzellen mehr ein Relikt aus einer anderen Ära, die keine Funktion mehr erfüllen. Aber warum stehen sie immer noch da?
Die Deutsche Telekom schaltete bereits vor zwei Jahren die letzten öffentlichen Telefone ab. Grund war der stark rückläufige Bedarf: Im Handy-Zeitalter braucht kaum noch jemand eine Telefonzelle. Der Betrieb war nicht mehr rentabel, die Geräte veraltet und ihre Stromkosten hoch. Trotz der Abschaltung dauert der Rückbau jedoch bis heute an. Im Januar 2023 wurden die letzten rund 12.000 Anlagen abgeschaltet. Die Telekom plant, diese im Laufe des Jahres vollständig zu entfernen, doch das ist leichter gesagt als getan.
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Veraltete Technik trifft auf Bürokratie
Der Hauptgrund, warum so viele Telefonzellen noch immer im Stadtbild präsent sind, liegt in der Bürokratie. Laut der Deutschen Telekom ist der Abbau ein komplexer Prozess, der viele Akteure einbindet. Eine Firmensprecherin erklärt: „Die Standorte werden Schritt für Schritt zurückgebaut. Hierbei sind wir auf die Zusammenarbeit mit Energieversorgern, Bauämtern, Baufirmen und Recycling-Unternehmen angewiesen.“
Die Zusammenarbeit mit den regionalen Energieversorgern ist oft besonders zeitaufwendig. Bevor eine Telefonzelle abgebaut werden kann, muss der Strom abgeschaltet werden. Das klingt simpel, doch in der Praxis kann es laut Telekom Monate dauern, bis der Energieversorger den Auftrag umsetzt. Bauämter müssen außerdem verkehrsrechtliche Anordnungen erstellen, bevor der eigentliche Abbau beginnt.
Tiefbauarbeiten und lokale Hürden
Ein weiterer Faktor, der den Rückbau verzögert, sind die notwendigen Tiefbauarbeiten. Viele Telefonzellen stehen auf Betonsockeln, die in den Boden eingelassen sind. Diese müssen ausgegraben und entsorgt werden. Dazu sind Genehmigungen erforderlich, etwa „Aufgrabe- und Absperr-Genehmigungen“. In manchen Städten kommen zusätzliche Anforderungen hinzu. So kann es notwendig sein, eine Bescheinigung zur Kampfmittelfreiheit vorzulegen, um sicherzustellen, dass sich keine Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg im Boden befinden.
Auch die Reparatur der Pflasterflächen nach dem Abbau kann den Prozess verlangsamen. In einigen Städten dürfen solche Arbeiten nur von speziell lizenzierten Unternehmen durchgeführt werden, die von der Stadt ausgewählt wurden. Die Koordination all dieser Schritte erfordert viel Zeit und Aufwand.
Kuriose Szenen an alten Telefonzellen
Während der Rückbau schleppend vorangeht, stehen die stillgelegten Telefonzellen oft noch jahrelang herum und sorgen mitunter für kuriose Alltagssituationen. Am Hauptbahnhof in Bochum hängen beispielsweise noch zwei Wandtelefone, die Passanten regelmäßig irritieren. Ein junger Mann bleibt stehen, nimmt den Hörer ab und liest die Bedienungsanleitung: „Hörer abnehmen – Zahlungsmittel zuführen – Rufnummer wählen – Gespräch führen.“ Doch das Telefon ist längst außer Betrieb, und auf dem digitalen Display erscheint die Meldung: „Entschuldigung, zur Zeit gestört.“
In anderen Städten sind die Anlagen oft in desolatem Zustand. Telefonhörer sind abgerissen, Glasscheiben zerschlagen. In Düsseldorf und Lüneburg wirken manche Telefonstelen wie Schrott, der einfach nicht weggeräumt wurde. Ein Scherzkeks beschriftete einen Telefonhörer in Rottweil mit den Worten: „Sag ihr, dass Du sie liebst“ – doch telefonieren lässt sich von dort schon lange nicht mehr.
Trotz aller Schwierigkeiten gibt es Fortschritte
Doch Scherz beiseite: An einigen Standorten wurden bereits Telefonzellen abgebaut. In Düsseldorf beispielsweise wurden die Telefone am Hauptbahnhof entfernt, die verbliebenen Metallstelen jedoch nur notdürftig mit Klebeband abgedichtet. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn das Gesamtbild noch wenig überzeugend wirkt.
Die Stadt Bochum berichtet, dass die Telekom bei den Stadtwerken die Stromabschaltung für 43 öffentliche Telefone beantragt habe. An knapp der Hälfte dieser Standorte sei dies bereits erfolgt, der Rest solle bis Ende des ersten Quartals 2025 abgeschlossen sein. Auch andere Städte unterstützen den Rückbau und hoffen, dass die veraltete Technik bald vollständig verschwindet. (mit dpa)
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