Notebooks: Längere Nutzung besser als Neugeräte
Wie grün ist die Wertschöpfungskette der Produktion von Informations- und Kommunikationstechnik? Lohnt der Kauf neuer, effizienterer Notebooks? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die sechste Jahreskonferenz von Umweltministerium, Umweltbundesamt und Branchenverband Bitkom. Fazit: Es bleibt noch viel zu tun, bis „Green IT“ tatsächlich „grün“ wird.
Seit einigen Jahren haben sich die IT-Hersteller Energieeffizienz auf die Fahnen geschrieben. Stets sind neue Geräte erheblich effizienter als alte – zumindest bezüglich der pro Rechenschritt beanspruchten Energie. Hartnäckig kursiert daher unter IT-Spezialisten die Auffassung, es sei sinnvoll, Altgeräte möglichst schnell gegen neue auszutauschen, um von der höheren Effizienz der aktuellen Produktgeneration zu profitieren und letztlich, über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, Energie und damit Treibhausemissionen zu sparen.
Siddarth Prakash vom Öko-Institut in Freiburg wollte es genau wissen und führte eine entsprechende Analyse in Bezug auf Laptops durch. Deren ernüchternde Ergebnisse präsentierte er auf der diesjährigen Green-IT-Tagung von Umweltbundesamt, Branchenverband Bitkom und Bundesministerium für Umwelt und Reaktorsicherheit in Berlin. Danach entfällt über die Hälfte (56 %) der Lebenszyklus-Treibhausgasemissionen bei Notebooks auf die Phase der Fertigung und nur 36 % auf die aktive Nutzung. Prakash: „Der Herstellungsaufwand wurde bisher systematisch unterbewertet.“
Green IT für Laptops: Zwischen 33 und 88 Jahren für 10 % mehr Effizienz
Wie viele Jahre ein neues Notebook laufen muss, bis es sich hinsichtlich des Treibhausgaspotenzials gegenüber der Weiternutzung eines Altgeräts amortisiert hat, wurde mithilfe dreier unterschiedlicher Datengrundlagen berechnet. Sie führen zu unterschiedlichen, in der Aussage aber relativ ähnlichen Ergebnissen: Je nach Datengrundlage – Eup Lot 3, Ecoinvent 2.2 oder Forschungsplan des Umweltbundesamtes (UBA) 2009 – muss ein 10 % effizienterer Laptop zwischen 33 (EuP) und 88 Jahren (UBA-Forschungsplan) genutzt werden, um sich zu amortisieren. Nur ein 70 % effizienterer Laptop könnte, legt man bei der Amortisationsrechnung der EuP-Daten zugrunde, schon nach fünf Jahren ausgewechselt werden.
Zwar bezog sich diese Untersuchung ausschließlich auf Laptops – und Prakash räumte ein, dass seine Daten hinsichtlich des Energieinputs in die Produktionsprozesse möglicherweise nicht mehr aktuell sind –, doch insgesamt liegt der Schluss nahe: Ökologisch sinnvoll verhält sich nur, wer einmal erworbene Elektronik so lange und so intensiv wie möglich nutzt.
Folgerichtig richtete Prakash an die Hersteller die Aufforderung, sich über die gesamte Produktionskette hinweg um effizientere Herstellungsprozesse zu bemühen und für mehr Wiederverwendungs-, Upgrade- und bessere Recyclingmöglichkeiten zu sorgen, beispielsweise indem wichtige Komponenten wie der Prozessor im Verlauf der Nutzung gegen stärkere ausgetauscht werden können, oder durch längerfristigen Support.
Green IT zeigt bei Rohstoffnutzung Wirkung
Wenigstens scheint sich die Lage bei viel diskutierten Rohstoffen etwas zu entspannen. Beispielsweise werden jetzt in vielen Ländern aufgegebene Förderstätten gerade für die sogenannten Seltenen Erden wieder eröffnet oder neu errichtet. Gleichzeitig, so Klaus Hieronymi, bei HP weltweit für das Thema Nachhaltigkeit zuständig, versuche man erfolgreich, giftige Mittel nicht mehr zu verwenden und teure Metalle wie Silber durch günstigere zu ersetzen. Kupfer werde beispielsweise in vielen Anwendungen an die Stelle von Silber treten.
Doch die Qualität von Erzen, aus denen Metalle oder Seltene Erden gewonnen werden, verschlechtert sich ständig. Heute müsse 700-mal so viel Erz umgesetzt werden, um dieselbe Menge Kupfer zu produzieren, als noch vor wenigen Jahrzehnten, referierte der gelernte Geologe Hieronymi. „Das bedeutet schwere Eingriffe in Landschaft und Umwelt der Menschen, die in den Abbaugebieten leben“, sagte Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes in seinem Grußwort. Ein erster Schritt, die Probleme der Rohstoffbeschaffung ökologisch und sozial zu entschärfen, sind die vielfältigen Zertifizierungsbemühungen, die derzeit von verschiedenen Trägern lanciert werden, aber nur langsam vorankommen.
Telefonica bietet Ökocheck für Samrtphones & Co.
Wie aber bringt man den Technologiekonsumenten zu einem sinnvolleren Verhalten bei Gerätekauf und -nutzung? Einen Versuch in dieser Richtung stellte auf der Tagung Telefonica vor. Handy-produzenten, die das wünschen, können ihre über Telefonica angebotenen Geräte einem Ökocheck unterziehen. Er bewertet neben der Umweltfreundlichkeit auch die Funktionalität der Systeme. Sie bekommen eine Eco-Index-Bewertung zwischen eins und fünf, wobei fünf die Bestnote ist. Die Bewertung wird zusammen mit allen wichtigen Infos zum Handy angezeigt.
Immerhin hat über die Hälfte der von Telefonica verkauften Handys heute eine Nachhaltigkeitsbewertung. Dass Apple in gewohnter Umweltmuffeligkeit seine Geräte nicht prüfen lässt, passt ins übliche Bild. Genutzte Handys nimmt der Provider zurück. Doch dazu, seine Kunden für einen längeren Gebrauch der Systeme zu begeistern – ökologisch sicher die sinnvollste Lösung –, konnte sich freilich auch Telefonica bisher nicht durchringen.
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