Private Hotspot-Anbieter müssen ihre Mitnutzer namentlich kennen
Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung soll Rechtssicherheit für Anbieter öffentlicher, drahtloser Internetzugänge schaffen und damit die öffentliche Verfügbarkeit des Internets per WLAN in Deutschland voranbringen. Doch die Voraussetzungen für einen freien, kabellosen Zugang für alle schafft dieser Entwurf nicht. Obendrein werden private WLAN-Betreiber dazu verpflichtet, ihre Mitnutzer namentlich zu kennen.
Diese Rechtslage ist vermutlich einmalig in der Welt: Wer in Deutschland anderen Zugang zum Internet über sein kabelloses lokales Netzwerk (WLAN) gewährt, haftet für Rechtsverletzungen, die andere über den Anschluss begehen – also zum Beispiel Raubkopien laden oder illegale Inhalte im Netz verbreiten. Ausgenommen von dieser sogenannten „Störerhaftung“ sind bislang nur die Online-Provider wie Telekom, 1&1 oder Vodafone, die nicht für den Inhalt der Pakete verantwortlich gemacht werden sollen, die sie gewerbsmäßig transportieren.
Nun ist die Störerhaftung landläufiger Meinung nach Schuld daran, dass Deutschland bei der Versorgung der Öffentlichkeit mit freien, kabellosen Internetzugängen im Vergleich zu anderen Industrieländern weit hinterher hinkt. Wegen der unsicheren Rechtslage scheuen sich viele Gastronomen oder Geschäftsleute, ihren Kunden den Service eines WLAN-Zugangs anzubieten. Ebenso wie Privatleute, die ihren Freunden oder Mitbewohnern, ihren Vereinsmitgliedern oder auch den Flüchtlingen in der örtlichen Unterbringung bereitwillig ihren schnellen Internetzugang zur Mitbenutzung zur Verfügung stellen würden – sei es aus Hilfsbereitschaft, oder einfach, weil sie es ohne technische Probleme könnten.
Befreiung von der Störerhaftung
Das soll nun anders werden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat jetzt einen Gesetzentwurf veröffentlicht, der den Ausbau von öffentlichen WLAN-Netzen und Internetzugangspunkten in Deutschland voranbringen soll: Der „Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes“ sieht vor, dass Diensteanbieter, die einen Internetzugang „geschäftsmäßig oder als öffentliche Einrichtung“ über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen, von der Störerhaftung ausgenommen werden.
Das allerdings nur, wenn sie erstens ihr WLAN mit anerkannten Verfahren verschlüsseln, das heißt den Zugang mit einem Passwort sichern, und wenn zweitens der Nutzer erklärt hat, dass er über den Internetzugang keine Rechtsverletzung begeht – sei es auf einem Blatt Papier oder per Häkchensetzen auf einer dann einzurichtenden Login-Seite.
Verschlüsselung widerspricht freiem Internetzugang
Verschlüsselung sei ja nun das Gegenteil von frei zugänglichen, öffentlichen WLANs, kritisieren Freifunker den Entwurf. Die Freifunk-Initiative setzt sich für ein öffentlich zugängliches, unzensiertes Internet in Gemeinschaftsbesitz ein. Mit ihren privaten Routern betreiben ihre Mitstreiter selbstverwaltete lokale Computer-Netzwerke, die in einem freien Funknetz miteinander verbunden sind, und stellen ihre Internetzugänge kostenlos zur Verfügung.
„Wie sollen Nutzer_Innen einen Hotspot (beispielsweise bei der Bahn oder in einem Flüchtlingsheim) nutzen, wenn der Nutzer auf ein verschlüsseltes WLAN gar nicht zugreifen kann, um sich anzumelden“, heißt es in einer Stellungnahme der Freifunk-Initiative. Darüber hinaus sei die Verschlüsselung des Netzzugangs derzeit technisch nur mit einem Schlüssel möglich, der doch wieder allen potentiellen Nutzern bekannt gemacht werden müsste, womit sie wirkungslos sei.
Internetzugang nur für Bekannte
User wie Freifunker und andere Privatpersonen, die ihren Internetzugang anderen zur Mitbenutzung zur Verfügung stellen, hätten noch ein weiteres Problem, sollte der Entwurf so in Kraft treten. Laut Gesetzentwurf zählen sie nämlich zu den „sonstigen Diensteanbietern“, die nicht nur die genannten Auflagen für den geschäftsmäßigen Betrieb erfüllen müssen, sondern obendrein die Namen der Mitbenutzer ihrer WLAN-Hotspots kennen müssen.
Damit richtet sich der Entwurf insbesondere gegen eine bunte Szene in Deutschland, vor allem in Berlin, in der Leute ihren schnellen Internetanschluss bereitwillig jedem zur Verfügung stellen, der vorbeikommt, sei es, indem sie das Passwort an die Hauswand sprayen oder gar einen Gastzugang ohne Passwort einrichten.
eco: Der Entwurf konterkarikiert sein Ziel
„Anstatt einen einfachen und unkomplizierten Zugang zu öffentlich zugänglichen WLAN-Diensten zu ermöglichen wird dies durch Anmelde- und Registrierungsprozesse konterkariert und bürokratischer Aufwand geschaffen“, kritisiert denn auch der eco-Verband den Entwurf. Statt die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen werde ein Haftungsrisiko für die WLAN-Betreiber geschaffen.
Ein Beitrag von: